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Elidar (German Edition)

Elidar (German Edition)

Titel: Elidar (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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freundlich wie damals, als sie Novize im ersten Abschnitt gewesen war.
    Eusebian hatte sie mit dem Duft der kräftigen Brühe geweckt. Sie befand sich in einem fremden Zimmer und auf einem Lager, das nicht das ihre war, und erst, als sie den zweiten Napf zur Hälfte geleert hatte, erkannte sie, dass das Zimmer und das harte Bett, auf dem sie hockte, Magnifizenz Sturm gehörten.
    »Wo ist seine Magnifizenz?«, fragte sie.
    Eusebians Gesicht strahlte auf, als würde es von der Sonne beschienen. »Ich weiß nicht, was du gemacht hast«, sagte er. »Er kam hinunter zu mir und sagte: ›Eusebian, kümmere dich um den Jungen‹, und ich hab nur nach Luft geschnappt wie ein Karpfen, der eine Landpartie macht. Er stand da vor mir, munter wie ein frischgeschlüpftes Küken, als hätte er niemals auf den Tod gelegen! Du warst das, mein Junge, nicht wahr?« Er unterbrach sich, weil sein Blick auf die verkohlte Täfelung fiel. Sein Lächeln verblasste und machte einem sorgenvollen Stirnrunzeln Platz. »Nicodemus. Er ist übel zugerichtet. Weißt du, wer ihn angegriffen hat?«
    Elidar fühlte einen bitteren Geschmack auf der Zunge. »Ich«, sagte sie. Und dachte: Ich? Oder sie? Sie lauschte nach innen, aber die Drachenkönigin blieb stumm.
    »Du?« Eusebian riss die Augen auf. »Aber wieso?«
    Elidar rieb sich fröstelnd die Arme. Trotz des Feuers im Kamin, des Würzweins und der warmen Brühe war ihr kalt. Es war, als hätte die Drachenkönigin all ihr Feuer mit sich genommen und Elidar mit Eis und Schnee in den Adern zurückgelassen.
    »Er hat seine Magnifizenz vergiftet«, sagte sie kurz angebunden. »Ich musste mich gegen ihn verteidigen.« Das war nur teilweise richtig, aber es stimmte im Kern.
    »Oh«, machte Eusebian und tastete hinter sich nach dem Stuhl. Er sank schwer darauf nieder. »Oh«, sagte er wieder. »Oh, das ist … Ich kann das nicht glauben!« Er sah Elidars Gesicht und setzte hastig hinzu: »Ich zeihe dich nicht der Lüge, mein Junge, wirklich nicht! Aber es ist schwer für mich zu glauben, dass unser Nicodemus Bär …« Er schüttelte kummervoll den Kopf.
    »Aber er hat es getan«, sagte Elidar hart. Der alte Cubicular tat ihr leid, sie wusste, dass er mit Bär befreundet war - wie so viele hier, fügte sie in Gedanken bitter hinzu.
    »Wo ist er jetzt?«, fragte sie.
    Eusebian schreckte aus seinen trüben Gedanken auf. »Wer? Ach, Bär. Casarius hat ihn mit einem Rigor belegt. Ich dachte, dass er das wegen seiner Brandwunden getan hat. Aber wenn das, was du sagst, stimmt …« Er schüttelte wieder den Kopf.
    »Ein Rigor. Gut.« Wenn Bär in diesem Bann steckte, konnte er nichts anrichten. Und er hatte keine Schmerzen. Sie verzog das Gesicht. Brandwunden. Wenn sie die Schmauchspuren an der Tür betrachtete, konnte sie sich vorstellen, dass Bär nicht viel besser aussah. Die Drachenkönigin hätte ihn zu Asche verbrannt, wenn Sturm sie nicht aufgehalten hätte. Wenn Sturm Elidar nicht aufgehalten hätte … Sie schauderte.
    Eusebian fasste sich. Er stand auf und zog seine Kukulle glatt. »Wenn du dich wieder kräftig genug fühlst, möchte seine Magnifizenz mit dir sprechen«, sagte er. Seine Augen mieden ihren Blick, aber Elidar glaubte, Tränen darin zu erkennen.
    »Wo ist er?«
    »Im kleinen Saal. Er berät sich mit Spectabilis Dorn und dem Novizenmeister.«
    Dorn und Grimm, die beiden ranghöchsten Magister nach Honorabilis Bär. Elidar nickte. Beide Magier zählten nicht gerade zu Bärs engsten Freunden. Was Sturm zu berichten hatte, würde sie nicht allzu traurig stimmen.
    »Ich gehe zu ihm«, sagte sie. »Danke, Eusebian.«
    Der Cubicular nickte stumm und begann, das benutzte Geschirr und den Suppentopf auf ein Tablett zu räumen.
    Kleiner Saal war die etwas hochtrabende Bezeichnung für einen fensterlosen Raum in der Nähe der Schulungszimmer. Elidar klopfte und wartete. Sie meinte, Murmeln von drinnen zu hören, und als sich nach einer Weile die Tür öffnete, traten Dorn und Grimm heraus, die beide eine ähnlich sorgenvolle Miene zur Schau trugen wie zuvor der Cubicular.
    »Der junge Magister Zorn«, sagte der Novizenmeister. »Sieh an. Gute Arbeit, junger Mann. Meinen Respekt!«
    Spectabilis Dorn nickte ihr nur anerkennend zu. »Seine Magnifizenz erwartet dich«, sagte er und wies auf die Tür.
    Casarius Sturm stand mit gesenktem Kopf neben dem langen Tisch, der die Mitte des Raumes einnahm, und stützte sich mit einer Hand auf der Lehne eines Stuhles ab. Als er ihre Schritte hörte, blickte

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