Elidar (German Edition)
Knochen zu quälen. Ihr wisst das. Macht Euch nicht lustig über meine Trauer.«
Elidar schüttelte den Kopf. »Luca, alter Freund«, sagte sie sanft. »Ohne dich wäre ich niemals nach Ledon gekommen. Ich bin dir so dankbar, wie eine Waise ihrem Wohltäter nur sein kann. Verzeih mir, dass ich dich bis heute wie einen Bediensteten behandelt habe. Aber ich wusste nicht, was die Zeit aus dir gemacht hat. Was ich von Rui gehört hatte, hat mich beunruhigt.«
Tajo atmete kaum noch und wartete gespannt auf die Reaktion.
Luca verschränkte mit grimmiger Miene seine Arme vor der Brust. »Auch wenn ich Euch Glauben schenken sollte - was wollt Ihr von mir?«
Elidar legte die Hände zusammen. »Ist die Frage nicht vielmehr: Was kann ich für dich tun? Ich habe eine Schuld zu begleichen. Du hast meinetwegen deinen guten Posten verloren und musst dich nun als Söldner verdingen. Hat denn der Alte Drache dich so schlecht entlohnt?«
Luca verzog das Gesicht zu einem humorlosen Grinsen. »Im Gegenteil. Fürstlich träfe es eher.«
Elidar runzelte die Stirn. »Was ist geschehen?«
»Meine Geschichte taugt nicht für jeden hergelaufenen Lumpenbengel«, erwiderte er hart. »Schick den Burschen fort, dann können wir meinetwegen reden. Nicht, dass ich dir auch nur eine Silbe glaube«, setzte er hinzu. Elidar bemerkte die vertrauliche Anrede und lächelte schmal.
»Geh nun, mein Junge«, sagte sie zu Tajo. »Morgen will ich dich wiedersehen, hast du verstanden?«
»Ich habe meine Arbeit«, wandte Tajo ein. Es gelüstete sie nicht sehr nach einem Wiedersehen mit diesem seltsamen Gespann.
»Dann sagst du deinem Herrn, dass Magister Zorn dich benötigt. Du kannst etwas zu essen bekommen und einen Schlafplatz für die Nacht, wenn dir das den Weg hierher versüßen würde.«
Tajo nickte wenig überzeugt. Sie wollte nichts weiter als hinaus aus diesem Zimmer, diesem Haus. Sie sprang auf die Füße und eilte zur Tür.
»Wenn du nicht kommst, werde ich dich finden«, hielt die sanfte Stimme sie noch einmal an. Tajo nickte wieder und wischte zur Tür hinaus.
»Nun sind wir unter uns«, sagte Elidar.
Der Söldner rieb sich mit einer resignierten Geste übers Gesicht. »So ist es«, bestätigte er, und seine Stimme und seine Haltung waren müde. Er schien mit einem Mal jede Härte und Angriffslust verloren zu haben. Er legte die Hände auf die Knie und sah Elidar an. Das Misstrauen in seinen Augen erschien ihr wie eine Granitwand ohne Fugen und ohne Halt.
»Was willst du von mir?«, fragte er.
Elidar stand auf und schenkte Wein ein. »Du glaubst mir nicht«, sagte sie nüchtern.
Er nahm den Becher an. Langsam schüttelte er den Kopf. »Ich sehe dich«, sagte er. »Ich erinnere mich an das Mädchen, das nach Ledon ging. Es passt und es passt auch wieder nicht. Du bist anders als sie.« Er rang um Worte.
Elidar erkannte, dass er schon lange nicht mehr mit jemandem geredet hatte. Nicht gekämpft, nicht gestritten, nicht um Handgeld gefeilscht - einfach nur geredet. Trauer verengte ihr die Kehle, und sie trank einen kleinen Schluck Wein. »Anders«, wiederholte sie dann. »Aber natürlich. Du hast ein Kind abreisen sehen. Auch du hast dich verändert, alter Freund. Du warst ein junger Gardist, der die Welt mit freundlichen Augen gesehen hat …«
»Naiv, willst du sagen«, unterbrach sie Luca.
»Wenn du es so nennen willst. Nein, ich finde nicht, dass mein Retter naiv war. Ein bisschen unerfahren, das mag stimmen.«
Er senkte den Kopf. Sein Wein war immer noch unberührt. »Sag schon, was willst du?« Seine Stimme war rau.
Elidar seufzte. Sie stellte ebenfalls ihren Becher beiseite und beugte sich vor, um Lucas Handgelenke zu packen. Er wollte ihr ausweichen, aber sie war schneller, und als sie ihn festhielt, wehrte er sich nicht. Sie zwang ihn, ihr in die Augen zu blicken. »Luca«, sagte sie eindringlich, »ich will nichts. Nein, alter Freund: Was willst du?«
Er schnappte nach Luft, und seine Hände zuckten unter ihrem Griff. Elidar entließ ihn nicht. Sie spürte, wie die Drachenpräsenz sich in ihr rührte. Gutes Material , sagte die Königin anerkennend. Kräftig. Narbig. Erfahren. Sieht aus, als wäre es ein passendes Männchen.
Halt den Mund, erwiderte Elidar lautlos. Dieser hier ist definitiv kein passendes Männchen!
Die Königin schwieg. Lucas Augen hatten sich verengt. »Was war das?«
Elidar war verblüfft. Sie trug nun schon lange genug die Königin in sich und wusste mit ihren Einmischungen umzugehen. Nie
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