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Ellin

Ellin

Titel: Ellin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Millman
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den Korridor in ihre Kammer. Dort raffte sie ihre Kleider zusammen und verschnürte sie gemeinsam mit allem, was ihr sonst noch nützlich erschien, in ihrem Bündel. Ein Klopfen an der Tür ließ sie zusammenfahren. Hastig stopfte sie das Bündel unter die Bettstatt. »Ja?«
    Der Kämmerer trat ein. »Es sind unerwartet Gäste angekommen. Ihr sollt fünf einfache Doppelkammern auf der dritten und die große Kammer auf der zweiten Ebene vorbereiten.«
    »Um wen handelt es sich?«, fragte Ellin mühsam beherrscht.
    Der Kämmerer machte eine verächtliche Geste. »Der Herr von Veckta mit Gefolge. Die Götter allein wissen, was er hier zu suchen hat.«
    Ellin neigte ihr Haupt. »Gut, ich werde mich umgehend auf den Weg machen.«
    Der Kämmerer verneigte sich ebenfalls und entfernte sich.
    Ellin schloss die Tür, legte die Stirn an das kühle Holz und versuchte, ihren aufgeregten Herzschlag und das Zittern in ihren Beinen zu beruhigen. Die Zeit eilte. Hastig legte sie ihre Dienstkleidung an, nahm das Bündel unter den Arm und verließ die Kammer. Angespannt lauschte sie und huschte dann so leise wie möglich zur Treppe. Dort kam ihr ein Sklave entgegen, der sie zwar verstohlen musterte, jedoch nicht wagte, Fragen zu stellen. Die Begegnung erinnerte sie unangenehm an ihre Flucht von der Felsenfestung. Gesenkten Hauptes verließ sie den Palast und eilte den Weg entlang zum kleinen Tor. Mit jedem Schritt wuchs ihre Zuversicht, aber auch ihre Angst, entdeckt zu werden.
    »Ellin.«
    Der Schreck fuhr ihr in die Glieder. Sie stockte, wandte sich dann langsam um. Tario wieselte auf sie zu. »Ellin, wo gehst du hin? Die Kammern müssen hergerichtet werden. Hat dir Sil nicht Bescheid gegeben?« Ellin krallte ihre schweißfeuchten Hände in ihr Bündel. »Ich wurde beauftragt, Yasu zu rufen«, sagte sie. Ihre Stimme klang furchtsam und dünn. Als würde sie etwas verbergen.
    Tario hielt inne und schöpfte Atem. »Von wem?«
    »Von Sil. Er hat die Anweisung direkt von der Herrscherin.«
    Die Palastvorsteherin runzelte die Stirn. »Wie kann das sein? Die Herrscherin hat mir aufgetragen, die Gästekammern herzurichten.«
    Ellin zuckte mit den Schultern. »Sil teilte mir mit, dass Ihr oder eine der Sklavinnen diese Aufgabe übernehmen sollt.«
    Nun wirkte Tario ungehalten. Sie konnte es nicht leiden, wenn man ihre Befehle umging. »Das kann nicht sein. Die Gästekammern sind deine Aufgabe. Folge mir, ich werde mit Sil sprechen.«
    »Das geht nicht«, widersprach Ellin hastig. »Ich soll Yasu so schnell wie möglich Nachricht geben. Die Herrscherin wird zornig, wenn ich ihre Befehle missachte.«
    Tario musterte sie abschätzend. Ihr Blick blieb an dem Bündel hängen. »Was trägst du da mit dir herum?«
    »Kleider, die die Gesellschafterinnen anziehen sollen.«
    »Kleider? Was für Kleider?«
    Fest drückte Ellin das Bündel an sich. »Ich weiß es nicht. Das Bündel wurde mir so übergeben.«
    Die Palastvorsteherin trat einen Schritt auf sie zu. »Du führst doch etwas im Schilde. Ist es ein Streich? Willst du mich bei der Herrscherin herabwürdigen, indem du meine Befehle missachtest?«
    Ellin wich zurück. »Aber nein, natürlich nicht. Bitte verzeiht, ehrenwerte Tario, aber ich muss gehen.« Abrupt wandte sie sich um und rannte davon. Tario rief sie zurück, doch sie ignorierte die Rufe. Das Tor war nicht mehr fern. Bis die Palastvorsteherin ihrer Verwirrung Herr werden und herausfinden würde, was vor sich ging, war sie längst in den Straßen der Stadt untergetaucht. Die Wächter lächelten ihr freundlich entgegen. Sie kannten Ellin und machten ihr jedes Mal schöne Augen, wenn sie den Palast verließ. »Wohin des Weges, junge Dienerin?«
    »Ich muss zu den Gesellschafterinnen«, sagte sie.
    Die Torwächter nickten wissend. »Was tragt Ihr da bei Euch?«
    »Kleidung. Der Gast hat anscheinend besondere Vorlieben.«
    Die Männer lachten und machten eine anzügliche Geste. Ellin kicherte geziert, schaffte es sogar, ein wenig zu erröten. »Bitte meine Herren. Ich bin eine unschuldige Jungfer.«
    Eine Schweißperle rann ihren Nacken hinab, verfing sich im Ausschnitt ihres Gewandes. Lachend winkten die Torwächter sie durch. So schnell sie es wagte, eilte sie den Hügel hinab, wohl wissend, dass die Blicke der Männer ihr folgten. Kaum war sie weit genug entfernt, warf sie sich das Bündel auf den Rücken und rannte los. Sie rannte, bis ihre Lungen brannten und sie kaum noch Luft bekam. Der Wald war nah. So schnell es ihre müden Beine

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