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Ellin

Ellin

Titel: Ellin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Millman
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Verzweiflungstat hindeuten könnten, nach Hass oder einem verbitterten Blick, doch sie sah nur Resignation und ein Lächeln, wenn er sie erblickte. Nuelia hatte ihr seinen Wunsch übermittelt, sie möge in Kismahelia bleiben, während er mit Fortas nach Huanaco zog. Doch Ellin ertrug die Vorstellung nicht zurückzubleiben, jeden Tag auf seine Rückkehr hoffend, und so packte sie ihr Bündel und begab sich zum Lagerplatz für das Gefolge und bat um eine Anstellung im Gesindetross.
    Die ersten Tage wurde sie dem Küchengesinde zugeteilt, doch als sie die Brandwunden eines Kochs, die er sich beim Brotbacken zugezogen hatte, gekonnt versorgte, nahm sie der Heiler Ecarius unter seine Fittiche. Er war noch recht jung, zählte höchstens fünfundzwanzig Sternenläufe, doch er versorgte die Verletzten flink und fachkundig. Aus praktischen Gründen, wie er sagte, trug er sein Haar kurz, und da er nicht besonders gut sehen konnte, blinzelte er, wenn er sich konzentrierte. Ellin mochte den Heiler und freute sich auf die Arbeit mit ihm. Auf diese Weise würde sie es sofort erfahren, sollte Kylian etwas zustoßen.
    Mittlerweile war es ihr egal, dass sie noch keine Gelegenheit bekommen hatten, über die Nacht in der Scheune zu sprechen. Sie spürte einfach, dass sie zusammengehörten. Es war, als hätte die Gewitternacht eine grundlegende Veränderung gebracht, die sich über jeden Zweifel und jede Meinungsverschiedenheit erhob. Wie und wie lange sie leben würden, was vorher gewesen war und wie ihre gemeinsame Zukunft aussehen würde, war unwichtig geworden angesichts ihrer tiefen Verbundenheit.
    Das Heer marschierte durch Kismahelia. Vier Tage nach Aufbruch erhielten sie Verstärkung von einem Trupp Thalanischer Buschstreiter, die an den Ufern des großen Wassers zu ihnen stießen. Ellin bestaunte die halbnackten Krieger, deren gebräunte Leiber mit weißen Symbolen verziert waren und die aus Federn und Knochen gefertigte Kränze auf den Häuptern trugen. Um die Hüfte hatten sie ein breites Lederband geschlungen, an dem nicht nur ihre Waffen befestigt waren, sondern auch Schmuck, Edelsteine, winzige Knochen und sogar Haare. Je älter ein Krieger war, umso reicher verziert war der Gürtel.
    »Für jeden Feind, den er besiegt, darf sich ein Buschstreiter etwas von ihm an seinem Gurt befestigen. Trägt der Besiegte keinen Schmuck, so muss ein Teil seines Leibes herhalten«, erklärte Ecarius.
    Ellin verzog das Gesicht. »Mir scheint das eine recht fragwürdige Sitte zu sein.«
    Ecarius neigte den Kopf. »Lasst Euch nicht von ihrem Äußeren täuschen, die Thalaner sind gebildet und ehrenhaft. Alle Buschstreiter können lesen und sich in manierlicher Weise unterhalten. Nur im Krieg und während des Grummetfestes ist es ihnen erlaubt, sich ungesittet zu benehmen.«
    Ellin hob die Augenbrauen. »Was ist das Grummetfest?«
    »Es entspricht in etwa dem vecktanischen Erntefest. Freudenfeuer werden entzündet und es gibt reichlich Essen, Trinken und Musik. Die Thalaner danken den Göttern für fruchtbare Felder, aber auch für fruchtbare Tiere und Menschen.«
    »Haben sie dafür besondere Rituale?«
    Ecarius schmunzelte. »Oh ja. In der Nacht des Grummetfestes ist es ihnen erlaubt, sich ungeniert miteinander zu paaren. Egal wo, egal mit wem. Auf den Feldern, den Viehweiden, hinter der Hütte, vor der Höhle, wo auch immer es ihnen beliebt. Kinder, die in dieser Nacht gezeugt werden, bekommen eine Milchgeiß geschenkt und dürfen mit Vollendung des dreizehnten Sternenlaufs in die Dienste des Herrscherpaares treten.«
    Ellin beobachtete die Thalaner mit einer Mischung aus Abscheu und Faszination. Sie verneigten sich vor Fortas, jedoch nicht so tief, wie es die Untergebenen normalerweise taten. Der Anführer, ein großer Mann mit wachem Blick und scharfgeschnittenem Gesicht, trat unaufgefordert vor und sprach mit Fortas. Der Herrscher nickte und deutete auf eine Stelle neben dem Gesindetross, woraufhin sich die Buschstreiter erhoben und direkt auf sie zukamen. Ellin erschrak. Würden sie ihr Lager etwa neben dem Gesindetross aufschlagen?
    Ein aufgeregter Bote riss sie aus ihren Gedanken. Eine Soldatin war unter die Hufe eines Schlachtrosses geraten. Sie hatte einen gebrochenen Arm, Prellungen und eine große Beule am Kopf. Ellin half dem Heiler beim Schienen des Armes und umwickelte ihn dann mit Leintüchern. Der Koch rief sie anschließend in die Küche, bat sie um Hilfe bei den Vorbereitungen für das Nachtmahl und belohnte sie dafür mit

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