Elsas Küche: Roman (German Edition)
Aufzugtür öffnete sich, und der Küchenchef lachte.
»Wie albern«, sagte er. »Der Schmutz und die alten Kacheln bleiben, und die Aufzüge werden zu Raumschiffen aufgerüstet? Genau deshalb kaufe ich eine Neubauwohnung. Die alten Häuser taugen nichts. Man sollte sie alle abreißen.«
Elsa ging nicht darauf ein und betrat den Aufzug. Er sah tatsächlich aus wie ein Raumschiff, dachte sie. Sie drückte auf den Knopf für ihre Etage, und sie fuhren schweigend nach oben. Er folgte ihr in ihre Wohnung, legte aber nicht ab, sondern setzte sich in Jacke und Schuhen an ihren Küchentisch und nahm ein Päckchen Zigaretten ausder Brusttasche. Er zündete sich eine Zigarette an, ohne ihr eine anzubieten. Sie holte die Tasche mit seinen Sachen und schenkte die Drinks aus. Sie schwiegen und verhielten sich beide, als wäre er ein fremder Gast.
»Schläfst du mit Dora?«, fragte sie plötzlich. Ihr war klar, dass er von selbst nichts sagen würde, und sie hatte es satt, ihm dabei zuzusehen, wie er blaue Rauchschwaden in ihre Küche blies.
Sie hätte sich ohrfeigen können, weil sie damit herausgeplatzt war. Der Küchenchef gab erst einmal keine Antwort. Er lächelte süffisant, stieß eine Rauchwolke aus und trank einen Schluck. Dann sah er sie an und sagte lachend: »Darum geht’s dir also!« Elsa merkte, dass er ihr nicht antworten wollte.
»Ich möchte, dass du mich nicht mehr quälst«, sagte sie. »Es gibt nichts, womit ich dieses Verhalten verdient habe.«
Der Küchenchef lachte spöttisch und riss die Augen auf: »Ist das dein Ernst?«
»Was habe ich denn getan?«, fragte Elsa. »Ich war nett und aufrichtig zu dir.«
»Heiratest du mich?«
»Nein«, sagte sie. »Geht es dir nur darum? Wie oft willst du es denn noch hören? Sei nicht albern. Ich will dich nicht heiraten. Und ich will, dass du fortan das Techtelmechtel mit meiner Chefkonditorin unterlässt.«
Der Küchenchef inhalierte tief und stieß den Qualm in die Küche. Er trank sein Glas aus und stand kopfschüttelnd auf.
»Du bist ein echtes Miststück«, sagte er. »Ein verrücktes Miststück.«
»Halt dich von ihr fern«, warnte Elsa ihn. Fast hätte ihr die Stimme versagt.
»Das ist lächerlich!«, rief er. »Dazu ist die Küche nicht groß genug. Und wie soll dein Küchenchef deine Chefkonditorin ignorieren? Wie stellst du dir das vor?«
»Du riskierst deinen Job!«, sagte sie drohend.
Er schnaubte vor Wut. Sie hatte gehofft, ihn einschüchtern zu können, aber er sah nicht aus, als fürchtete er sich.
»Du kannst uns nicht feuern«, sagte er. »Du brauchst uns, sonst bricht die Küche zusammen. In dieser Stadt jemand Neuen zu finden, dauert zu lange. Und dich selbst in die Küche stellen kannst du auch schlecht. Du wirst uns nicht feuern.«
»Willst du es drauf ankommen lassen?« Elsa sprang auf und ging auf ihn los. Er wich zurück. Sie starrte ihn an, bis er wegsah. »Ich hab mir die Finger öfter verbrannt, als du denkst. In jeden Finger habe ich mich ein Dutzend Mal geschnitten. Du kleiner Scheißkerl. Ich habe mir jedes Gericht auf der Speisekarte selbst ausgedacht und es selbst gekocht. Ich hab dich alles gelehrt! Sieh einfach zu, dass sie in der Küche an ihrem Platz bleibt. Ich habe genug um die Ohren und will mir nicht auch noch Gedanken darüber machen müssen, ob du sie schwängerst. Ihre Kuchen gehen weg wie warme Semmeln, und wir machen Profit – das ist für mich die Hauptsache. Ich muss Darlehen zurückbezahlen und habe Verpflichtungen, von denen du nichts verstehst.«
Dem Küchenchef klappte die Kinnlade runter. Elsa schüttelte den Kopf.
»Ich will einfach nicht, dass du – «
Er fluchte, wandte sich ab und schnipste die Zigarette aus dem Küchenfenster. Elsa griff nach seiner Hand, doch er zog sie weg.
»Halt dich von ihr fern«, sagte sie kraftlos. »Das Restaurant gehört immer noch mir!«
Er lachte und ging. »Das mag ja sein, aber es ist unsere Küche.«
Nach diesem Intermezzo verschlechterte sich die Atmosphäre zwischen Elsa und dem Küchenchef im Restaurant zunehmend – sie war erst unangenehm angespannt, dann voller Groll und am Ende unerträglich. Die Feindseligkeiten breiteten sich in der Küche aus, und bald brodelte es überall. Die Küche war offenbar am Ende: Die Köche waren angespannt. Der Tellerwäscher war angespannt. Die Kellner waren angespannt. Das Blumenmädchen bemerkte es als Erste: Ein Kellner schnauzte sie an, weil sie im Weg stand. Dann merkten es die Kinder vor dem Restaurant, weil Elsa
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