Elsas Küche: Roman (German Edition)
eine Menge gelernt, und sie hat dir viel gegeben. Sieh es als Erfahrung.«
»Pah!«, sagte er. »Davon habe ich genug. Jetzt seh ich erst mal, wie es mit Dora läuft, dann kauf ich mir die Wohnung und mache ein Restaurant auf«, sagte er. »Den Tellerwäscher nehme ich mit.«
»Das klingt gut, mein Liebling«, sagte seine Mutter. »Du hast das Zeug dazu.«
»Ich bin jetzt dreißig«, sagte er. »Zeit, dass mein Leben in Gang kommt.«
Wenn Elsa außer Hörweite war, duldete der Küchenchef die Neckereien der Köche und hielt seinen Zorn zurück. Im Geiste war er bereits weit fort.
Die beiden Köche attackierten ihn jedoch auf ihre kleingeistige, erbarmungslose Art.
»Du massierst der Dame des Hauses also nicht mehr den Hintern?«, fragte der Soßenkoch.
Der Küchenchef erwiderte nichts.
»Bumst du jetzt die Kleine?«
Die Männer lachten. Der Küchenchef blickte sie drohend an. Es waren ungehobelte Kerle, keine ausgebildeten Köche, sondern verirrte Bauern, die zufällig eine Arbeit in der Stadt gefunden hatten. Ihr Gesichtsausdruck war jedoch der von Marodeuren auf Eroberungszug. Sie benahmen sich, als hätten sie die gesamte Gesellschaft ausgetrickst, indem sie ihre miesen kleinen Küchenjobs weiter verrichten durften.
»Er hat gefragt, ob du die Kleine bumst!« Der zweite Koch wiederholte die Frage und sah zu Dora hinüber, die mit dem Rücken zu ihnen stand. »Prächtiges Weibsstück,was? Ihre schwarz geschminkten Augen gefallen mir. Sieht wirklich gut aus. Ich kenn keine Frau, die sich so schminkt. An meiner Alten würde solche Schminke grässlich aussehen.«
Der Küchenchef schlug mit einem Hackbeil auf das Schneidebrett. Er sah den Koch scharf an. »Halt deine dreckige kleine Klappe«, sagte er drohend. »Und zwar auf der Stelle, sonst fliegst du raus.«
Dieser Koch war ein zwielichtiger Geselle, den Elsa gegen den Willen des Küchenchefs eingestellt hatte. Er hatte von Anfang an eine heftige Abneigung gegen ihn gehabt – er war nicht nur ungehobelt, sondern auch ein Ärgernis. Er wirkte zu ungezwungen, zu sehr wie ein Verbrecher. Doch Elsa hatte nur die Achseln gezuckt und abgewinkt – wie so oft. Ihr gefiel, dass er vom Land kam und ausgezeichnet schlachten konnte. Mit chirurgischer Präzision löste er das Fett heraus und durchtrennte vorsichtig die Muskelhaut, sodass nur pures, mageres Fleisch übrig blieb. Wenn es sein musste, konnte er sogar ein Kaninchen ausnehmen.
»Feuer mich doch!«, sagte der Koch grinsend. »Ganz schön happig. Ich glaub kaum, dass deine liebe Mama das zulässt.«
Die beiden Männer starrten sich wütend an. Der Küchenchef wusste, dass der Koch recht hatte. Er fühlte das Hackmesser in seiner Hand und hob es drohend in die Höhe.
»Nimm das runter«, sagte er warnend. »Wenn sie dich hört, sind wir beide erledigt.«
Der Koch grinste. »Du bist ein Sauhund. Das hab ich immer gewusst, und jetzt sag ich’s laut. Ein blöder Gigolosauhund. Du fliegst hier vor mir raus, das versprech ich dir. Du und dein Hauswaschbär.«
Der Tellerwäscher und der Soßenkoch hielten inne und sahen sich das Ganze kopfschüttelnd an. Zwar hatten sie jahrelang zusammen gearbeitet, kannten die Speisekarte genau – Elsa hatte ihnen die Zubereitung jedes einzelnen Gerichts von der Pike auf beigebracht – und verfügten über jahrelange Routine, doch es war alles umsonst. Jeden Abend drohten die Männer in Elsas Küche damit, sich gegenseitig zu kastrieren – der Küchenchef und sein Koch, der Soßenkoch und der Tellerwäscher, lauter zornige Männer, die bei jeder Bewegung auf jemanden trafen, der noch zorniger war und ihm mit einem Messer vor dem Gemächt herumfuchtelte. Und alle wussten, dass sie die Affären des Küchenchefs mit Elsa und Dora besser nicht erwähnten, wenn sie keinen Ärger wollten.
V
G eschafft! Er kommt nächste Woche!«
Die Nachricht kam per Telefon und schlug ein wie ein Blitz. Elsa saß plötzlich kerzengerade und umklammerte die Armlehne. Ein Blick in den Spiegel zeigte sie mit weit aufgerissenen Augen – der Schock stand ihr ins Gesicht geschrieben. Sie sah auch, dass sie ihr Äußeres seit einer Weile vernachlässigt hatte: Ihr Haar war fettig, und ihr Gesicht brauchte kosmetische Behandlung. Sie fragte sich, wie lange der Stress sich schon in ihre Züge gefressen hatte. Zwar hatte sie noch keine ausgeprägten Halbmonde unter den Augen, doch auf ihrem Gesicht lag ein Schatten, den sie zuvor nie bemerkt hatte. Diese Nachricht aus heiterem Himmel
Weitere Kostenlose Bücher