Elurius (Vater der Engel) (German Edition)
als Robin seine Arbeit erledigt hatte, richtete er sich wieder auf. Er schwitzte am ganzen Körper und fühlte sich ein wenig elend, während er den Blick zu seinem Meister hob. Dieser beendete den harten Wortschwall der Alten Sprache und schaute seinerseits zu Robin. Robin spürte eine ähnliche Erleichterung, als wenn stundenlanger, großer Lärm plötzlich verebbte und eine grenzenlose Stille eintrat. Das Gesicht seines Herrn entspannte sich und es stahl sich sogar wieder ein Lächeln auf die Lippen. "Ich danke dir, mein Junge", sagte er mit großer Wärme. "Du siehst, dass Furcht ein leicht besiegbarer Gegner ist. Ein Gegner, den du nicht zu scheuen brauchst."
Robin senkte den Kopf. "Mein Herr, ich bin dir verbunden", murmelte er ein wenig beschämt.
"Ich habe für dich noch sehr viel mehr zu lernen vorgesehen", meinte der Meister. "Dies hier gehörte nicht zu den wirklich großen Dingen."
Robin erhob seinen Kopf wieder. "Mein Herr", sagte er, "Er hat dich verletzt."
"Ich weiß", war die ruhige Antwort. "Sorge dich nicht darum. Ich möchte, dass du die Pferde einfängst. Und wenn du in diesem Schuppen irgendwo einen Strick findest, dann werden wir auch das Kaltblut mitnehmen und es zurück zu seiner Besitzerin bringen."
------- SPENCER HEWITT -------
Das Schiff fuhr durch ruhiges Gewässer, der Himmel war bewölkt doch es ging nur ein sehr mäßiger Wind. Spencer hatte die Brücke wie unter Zwang verlassen, als habe ihn eine innere Stimme mit großem Nachdruck herausgerufen. Jetzt suchte er in der halbdunklen Kajüte herum, hielt Ausschau nach etwas, dessen er sich nicht entsinnen konnte. Die Welt um ihn herum erschien ihm zu diesem Zeitpunkt, nicht mehr wirklich greifbar, nicht real. Vielleicht war er nur gefangen in einem Traum und würde bald erwachen.
Er fand, wonach er suchte. Zumindest nahm er an, dass er es gefunden hatte, denn im selben Moment, als er den Gegenstand auf die Tischplatte legte, hatte er bereits wieder vergessen, was genau dort lag. Und die nun folgenden Handgriffe liefen ab, wie ein Automatismus, den er sich nicht vorher überlegt hatte und den er auch nicht bewusst steuern konnte. Ein Krug mit Wasser gefüllt, einen Trinkbecher dazu. Dann bekam er wieder kurz dieses Ding in die Hand, das er für einen Moment als ein kleines Glasfläschchen erkannte. Nur wenige Augenblicke später flog genau dieses Fläschchen - oder war es nur irgendein Stein, den er an Deck aufgesammelt hatte? - im hohen Bogen über die Reling ins Meer. Dann eilte er zurück in die Kajüte, griff sich das Tablett und stellte Krug und Becher darauf. Ja, die junge Passagierin brauchte etwas zu trinken. Das arme Mädchen schien krank zu sein, vielleicht hatte es Fieber. Viel Flüssigkeit war unter den Umständen vonnöten, schließlich wollte er seine Fracht möglichst unversehrt abliefern.
Unterwegs zu ihrer Kabine wurde sein Kopf allmählich etwas freier. Als er an ihre Tür klopfte, hatte er das Gefühl, alles sei völlig normal. Er hatte auf der Brücke gestanden, als ihm plötzlich eingefallen war, dass es einige Zeit her war, dass er der Passagierin Trinkwasser gebracht hatte. Vielleicht hatte sie bereits alles aufgebraucht. Er wollte nicht riskieren, dass sie sich womöglich über seine Versorgung beschwerte. Also brachte er ihr besser rechtzeitig, was sie brauchte.
Auf sein Klopfen hin dauerte es noch eine Weile, bis sie ihm öffnete. Er hatte auch schon zuvor bemerkt, dass es ihr nicht sehr gut ging, doch ihr Anblick erschreckte ihn nun. Ihr Gesicht war totenbleich, das Haar wirr und die Augen trüb. Sie trug noch immer dieselbe Kleidung: Hemd und Hose, wie ein Mann, und beides um einiges zu groß. Er verstand ihre Sprache kaum, aber das mit belegter Stimme gesprochene "Danke" erkannte er. Als sie ihm das Tablett abnahm, berührte er kurz ihre Hand. Die Haut glühte vor Fieber.
Er hatte ihre Krankheit bisher für ein nicht sehr schlimmes Unwohlsein gehalten, vielleicht trotz des seichten Wellengangs eine Seekrankheit. Diese junge Frau hielt sich wahrscheinlich zum ersten Mal im Leben auf einem Schiff auf und vielleicht hatte die Aufregung über diese Reise ihr Übriges dazugetan. Aber jetzt sah er deutlich, dass die Passagierin ernstlich erkrankt war. Das Erste, was nach dieser Erkenntnis in ihm hochkam, war Ärger: Wieso musste das gerade auf dieser verhältnismäßig kurzen Überfahrt geschehen? Warum konnte dieses Mädchen nicht zu einem anderen Zeitpunkt krank werden?
Es gab
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