Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schatten im Paradies
Vom Netzwerk:
Wein auf den Bo­den, be­vor sie
tran­ken, als Op­fer für die Göt­ter. Aus dem­sel­ben Grun­de ge­he ich in ein gu­tes
Re­stau­rant. Um beim Wein zu blei­ben, wir wer­den ei­ne Fla­sche Che­val Blanc
trin­ken. Den gibt es noch im Voi­sin. Ein­ver­stan­den?«
    »Ein­ver­stan­den. Wir kön­nen den letz­ten
klei­nen Rest dann auf die Tel­ler trop­fen las­sen, um die Göt­ter bei gu­ter Lau­ne
zu hal­ten.«
    Das Voi­sin war voll. In Kriegs­zei­ten sind
die Re­stau­rants sehr häu­fig voll. Je­der will noch was vom Le­ben ha­ben, selbst
wenn er nicht in Ge­fahr ist. Das Geld ist lo­cke­rer, als wenn im Frie­den die
Zu­kunft si­che­rer er­scheint.
    Kahn schüt­tel­te den Kopf. »Ich bin heu­te
nicht zu ge­brau­chen, Ross. Car­men hat mir ge­schrie­ben. End­lich! Sie fin­det, es
sei bes­ser, wenn wir uns trenn­ten. In Freund­schaft. Wir ver­stän­den uns nicht.
Ich soll ihr nicht mehr schrei­ben. Hat sie je­mand an­ders?«
    Ich mus­ter­te ihn be­trof­fen. Es schi­en ihn
schwer zu tref­fen. »Da­von ha­be ich nichts ge­merkt«, sag­te ich. »Sie lebt
ziem­lich ein­fach in West­wood bei ei­ner Wir­tin zwi­schen Hüh­nern und Hun­den. Ich
ha­be sie ei­ni­ge Ma­le ge­se­hen. Sie war zu­frie­den, nichts zu tun. Ich glau­be
nicht, daß sie einen Freund hat.«
    »Was wür­den Sie tun? Hin­fah­ren? Sie
zu­rück­ho­len? Wür­de sie kom­men?«
    »Ich glau­be nicht.«
    »Ich auch nicht. Was soll ich tun?«
    »War­ten. Und nicht mehr schrei­ben.
Viel­leicht kommt sie von selbst zu­rück.«
    »Glau­ben Sie das?«
    »Nein«, sag­te ich. »Liegt Ih­nen so viel
dar­an?«
    Er schwieg ei­ne Wei­le. »Mir soll­te gar
nichts dar­an lie­gen. Mir lag auch nicht viel dar­an, es war ei­ne Ma­rot­te. Mit
ei­nem Ma­le ist es kei­ne mehr. Wis­sen Sie, warum?«
    »Weil sie weg will. Warum sonst?«
    Er lä­chel­te me­lan­cho­lisch. »Ein­fach, wie?
Und wie man es trotz­dem nicht be­greift, wenn es pas­siert!«
    Ich dach­te an Na­ta­scha. War es mir mit ihr
nicht auch bei­na­he pas­siert? Und pas­sier­te es mir nicht im­mer noch? Ich schüt­tel­te
den Ge­dan­ken ab und dach­te dar­über nach, was ich Kahn sa­gen soll­te. All das
paß­te über­haupt nicht zu ihm. We­der Car­men, noch sei­ne Si­tua­ti­on, noch sei­ne
Me­lan­cho­lie. Es war lä­cher­lich, ging nicht zu­sam­men und war des­halb ge­fähr­lich.
Wä­re es ei­nem Poe­ten mit Phan­ta­sie pas­siert, so wä­re es lä­cher­lich und
ver­ständ­lich ge­we­sen. Bei Kahn war es un­ver­ständ­lich. Er schi­en sich da in
et­was ge­flüch­tet zu ha­ben, das in sei­nem Kon­trast von tra­gi­scher Schön­heit und
phleg­ma­ti­scher See­le als in­tel­lek­tu­el­le Spie­le­rei amüsant war. Daß er es auf
ein­mal ernst nahm, war ein un­heil­vol­les Zei­chen des ei­ge­nen Ver­falls.
    Er hob sein Glas. »Wie we­nig man über
Frau­en zu sa­gen hat, wenn man glück­lich ist, wie? Und wie­viel, wenn es nicht so
ist.«
    »Das ist wahr. Glau­ben Sie, daß Sie mit
Car­men glück­lich ge­wor­den wä­ren?«
    »Sie mei­nen, wir paß­ten nicht zu­sam­men? Das
stimmt. Aber von Men­schen, die zu­sam­men­pas­sen, kann man sich leicht tren­nen.
Das ist wie ein Topf und ein De­ckel, die pas­sen. Sie lö­sen sich oh­ne
Schwie­rig­kei­ten. Aber wenn sie nicht pas­sen und man einen Ham­mer neh­men muß, um
den De­ckel auf den Topf zu schla­gen, da bricht leicht et­was, wenn man sie
wie­der tren­nen will.«
    »Wor­te«, sag­te ich. »Nichts da­von ist wahr.
Al­le Sprich­wör­ter las­sen sich ins Ge­gen­teil um­keh­ren.«
    Er raff­te sich zu­sam­men. »Al­le Si­tua­tio­nen
auch. Ver­ges­sen wir Car­men. Ich bin wahr­schein­lich et­was an­ge­schla­gen. Der
Krieg geht zu En­de, Ro­bert.«
    »Sind Sie des­halb an­ge­schla­gen?«
    »Nein. Aber was dann? Wis­sen Sie, was Sie
dann tun wol­len?«
    »Wer weiß das ge­nau! Es ist un­vor­stell­bar,
daß der Krieg zu En­de ge­hen kann. Eben­so un­vor­stell­bar ist es, was man dann tun
wird.«
    »Wol­len Sie hier blei­ben?«
    »Ich möch­te heu­te nicht dar­über re­den.«
    »Se­hen Sie? Ich den­ke im­mer dar­über nach.
Für die Emi­gran­ten wird dann die große Er­nüch­te­rung kom­men. Das letz­te Halt war
das Un­recht, das ih­nen zu­ge­fügt wor­den ist. Plötz­lich ist es

Weitere Kostenlose Bücher