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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der schwarze Obelisk
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dar­über klar, daß Sie
auf un­se­rem Fried­hof kei­nen Grab­stein mehr auf­stel­len wer­den», sagt er.
    Ge­org
schüt­telt den Kopf. «Da ir­ren Sie sich. Wir wer­den so­gar bald einen auf­stel­len.
Für den Tisch­ler Bes­te. Gra­tis. Und das hat nichts mit Po­li­tik zu tun. Soll­ten
Sie be­schlie­ßen, den Na­men Bes­tes mit auf das Krie­ger­denk­mal zu set­zen, so sind
wir eben­falls be­reit, das um­sonst aus­zu­füh­ren.»
    «Da­zu
wird es wohl nicht kom­men.»
    «Das
dach­te ich mir.»
    Wir
ge­hen zum Bahn­hof. «Der Kerl hat­te al­so das Geld da», sa­ge ich.
    «Na­tür­lich.
Ich wuß­te, daß er es hat­te. Er hat es schon seit acht Wo­chen und hat da­mit
spe­ku­liert. Hat glän­zend dar­an ver­dient. Woll­te noch ei­ni­ge Hun­dert­tau­sen­de
mehr da­mit ma­chen. Wir hät­ten es auch nächs­te Wo­che nicht ge­kriegt.»
    Am
Bahn­hof er­war­ten uns Hein­rich Kroll und Kurt Bach.
    «Habt
ihr das Geld?» fragt Hein­rich.
    «Ja.»
    «Dach­te
ich mir. Sind hoch­an­stän­di­ge Leu­te hier. Zu­ver­läs­sig.»
    «Ja.
Zu­ver­läs­sig.»
    «Der
Ball ist ab­ge­sagt», er­klärt Kurt Bach, der Sohn der Na­tur.
    Hein­rich
zieht sei­ne Kra­wat­te zu­recht. «Der Tisch­ler hat­te sich das selbst
zu­zu­schrei­ben. Es war ei­ne un­er­hör­te Her­aus­for­de­rung.»
    «Was?
Daß er die of­fi­zi­el­le Lan­des­flag­ge her­aus­häng­te?»
    «Es
war ei­ne Her­aus­for­de­rung. Er wuß­te, wie die an­dern den­ken. Er muß­te da­mit
rech­nen, daß er Krach krieg­te. Das ist doch lo­gisch.»
    «Ja,
Hein­rich, es ist lo­gisch», sagt Ge­org. «Und nun tu mir den Ge­fal­len und hal­te
dei­ne lo­gi­sche Schnau­ze.»
    Hein­rich
Kroll steht be­lei­digt auf. Er will et­was sa­gen, läßt es aber, als er Ge­orgs
Ge­sicht sieht. Um­ständ­lich bürs­tet er sich mit den Hän­den den Staub von sei­nem
Ma­ren­go­jackett ab. Dann er­späht er Wol­ken­stein, der auch auf den Zug war­tet.
Der Ma­jor a. D. sitzt auf ei­ner ab­ge­le­ge­nen Bank und möch­te am liebs­ten schon
in Wer­den­brück sein. Er ist nicht er­freut, als Hein­rich auf ihn zu­tritt. Aber
Hein­rich läßt sich ne­ben ihm nie­der.
    «Was
wird aus der Sa­che wer­den?» fra­ge ich Ge­org.
    «Nichts.
Kei­ner der Tä­ter wird ge­fun­den wer­den.»
    «Und
Wol­ken­stein?»
    «Dem
pas­siert auch nichts. Nur der Tisch­ler wür­de be­straft wer­den, wenn er noch
leb­te. Nicht die an­de­ren. Po­li­ti­scher Mord, wenn er von rechts be­gan­gen wird,
ist eh­ren­wert und hat al­le mil­dern­den Um­stän­de. Wir ha­ben ei­ne Re­pu­blik; aber
wir ha­ben die Rich­ter, die Be­am­ten und die Of­fi­zie­re der al­ten Zeit in­takt
über­nom­men. Was ist da zu er­war­ten?»
    Wir
star­ren in das Abend­rot. Der Zug pufft schwarz und ver­lo­ren her­an wie ei­ne
Be­gräb­nis­kut­sche. Son­der­bar, den­ke ich, wir al­le ha­ben doch so vie­le To­te im
Krie­ge ge­se­hen, und wir wis­sen, daß über zwei Mil­lio­nen von uns nutz­los
ge­fal­len sind – warum sind wir da so er­regt we­gen ei­nes ein­zel­nen, und die zwei
Mil­lio­nen ha­ben wir schon fast ver­ges­sen? Aber das ist wohl so, weil ein
ein­zel­ner im­mer der Tod ist – und zwei Mil­lio­nen im­mer nur ei­ne Sta­tis­tik.

IX
    Ein
Mau­so­le­um!»
sagt Frau Nie­buhr. «Ein Mau­so­le­um und nichts an­de­res!»
    «Gut»,
er­wi­de­re ich. «Al­so ein Mau­so­le­um.»
    Die
klei­ne, ver­schüch­ter­te Frau hat sich in der kur­z­en Zeit, seit Nie­buhr tot ist,
stark ver­än­dert. Sie ist scharf, red­se­lig und zän­kisch ge­wor­den und ei­gent­lich
be­reits ei­ne ziem­li­che Pest.
    Ich
ver­hand­le seit zwei Wo­chen mit ihr über ein Denk­mal für den Bä­cker und den­ke
je­den Tag mil­der über den Ver­stor­be­nen. Man­che Men­schen sind gut und brav,
so­lan­ge es ih­nen schlecht geht, und sie wer­den un­aus­steh­lich, wenn sie es
bes­ser ha­ben, be­son­ders in un­serm ge­lieb­ten Va­ter­lan­de; die un­ter­wür­figs­ten und
schüch­t­erns­ten Re­kru­ten wur­den da spä­ter oft die wüs­tes­ten Un­ter­of­fi­zie­re.
    «Sie
ha­ben ja kei­ne zur An­sicht», sagt Frau Nie­buhr spitz.
    «Mau­so­leen»,
er­klä­re ich, «gibt es nicht zur An­sicht. Die wer­den nach Maß an­ge­fer­tigt wie
die Ball­klei­der von

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