Emmas Geheimnis: Roman (German Edition)
mein Telefon, fand es immer noch zu heiß draußen, trank im nächsten Take-away noch schnell ein gekühltes Lassi, während ein stumm geschalteter Bollywood-Film im Fernseher über der Theke flimmerte und ein Radiosender für einen anderen Ton sorgte – BBC Asian Network , wie ich der digitalen Anzeige entnahm.
Es war noch früh am Abend, aber ich fühlte mich, als hätte ich eine halbe Weltreise hinter mir. Ich ging zurück zum Hotel, legte mich aufs Bett, um mich kurz auszuruhen, schlief dann aber tief und fest ein, bis mich das Klingeln meines Handys weckte.
»Kate? Sind Sie das?« Es war nicht die Krankenschwester, sondern eine Männerstimme.
»Dr. O’Donnell?«
»Was ist mit Emma? Geht es ihr gut?«
»Ja. Aber ich muss mit Ihnen reden, kann ich Sie irgendwo treffen? Ich verspreche Ihnen, es wird nicht lange dauern.«
»Wo sind Sie?«
»In einem Hotel ganz in der Nähe des Krankenhauses.«
Er schien zu überlegen. Ich sah auf die Uhr: halb zwei.
»Ich könnte zu Ihnen kommen. Gibt es eine Lobby oder eine Bar, wo wir uns treffen können?«
Ich wusste es nicht, sagte aber schnell zu und gab ihm die Adresse durch, damit er es sich nicht noch anders überlegte. Dann stand ich auf, machte mich kurz frisch und ging runter. Der Nachtportier – ein junger Mann, vielleicht ein Student, namens Satish, wie sein Namensschild verriet – begrüßte mich mit einem strahlenden Lächeln. »Was kann ich für Sie tun, Ma’am?«
Ich erklärte ihm, dass ich mich in einer vertraulichen Angelegenheit mit jemandem hier im Hotel treffen w ollte. Als ich bemerkte, wie sich das anhörte, kam ich ins Stottern und wurde rot. Ich verhaspelte mich, aber irgendwann hatte ich dem Jungen einigermaßen überzeugend klargemacht, dass ich den Besucher nicht auf mein Zimmer mitnehmen wollte, sondern es nur eine kurze Besprechung war, wie ich es schließlich nannte, aber dass eine Tasse Tee oder wenigstens ein Glas Wasser sehr nett wären. Satish grinste immer noch breit, verschwand schnell im Hinterzimmer und kam mit einem Tablett zurück, auf dem zwei Tassen und ein Teller mit Keksen standen. »Tee kommt gleich«, sagte er und wollte wissen, ob ich im Frühstücksraum oder in der Eingangshalle Platz nehmen wollte. Er merkte sofort, dass ich keine Ahnung hatte, wie ich mich entscheiden sollte. »Wir warten einfach auf den Herrn, und wenn Sie sich zurückziehen wollen, bringe ich Ihnen Tee und Gebäck selbstverständlich nach hinten.« Er sprach mit dem Akzent eines englischen Jungen, der eine gute Privatschule besucht hatte.
Wenige Minuten später kam er: nicht besonders groß, nicht mehr ganz schlank, deutlich über fünfzig. Er wirkte müde und abgekämpft, aber sein Gesicht war das eines attraktiven Mannes. Sein Haar war nicht nur an den Schläfen grau. Die einzige Ähnlichkeit, die er mit mir hätte haben können, waren die einst dunklen Haare, aber ich erkannte mich in seinen Zügen nicht wieder.
Zur Begrüßung erhob ich mich und streckte ihm die Hand hin. »Dr. O’Donnell?«, sagte ich.
Er nickte und schüttelte meine Hand. »Frank, bitte. Sie sind Kate, ja?«
Ich nickte, und Satish kam mit einer Kanne Tee und einem fragenden Blick in meine Richtung hinter seinem Tresen hervor.
»Wollen wir hierbleiben? Ist das in Ordnung? Es gibt hier keine Bar, nur den Frühstücksraum, wir könnten …«
»Nein, wunderbar«, sagte Frank zerstreut und setzte sich. »Was ist mit Emma?«
Er schien sich große Sorgen um sie zu machen, und ich fragte mich, warum sie den Kontakt zu ihm abgebrochen hatte. Daran, dass er nichts mehr für sie übrighatte, konnte es nicht gelegen haben.
»Es geht weniger um Emma. Kaelynn ist krank.«
Frank zog irritiert die Augenbrauen zusammen. »Wer?«
»Emmas Tochter.«
» Emma hat ein Kind?«
Jetzt war ich irritiert. »Ja, ich dachte … Sie sind doch …«
»Entschuldigen Sie, aber wer sind Sie überhaupt?« Sein ganzer Körper signalisierte Abwehr, und ich wusste, ich musste mich beeilen mit dem, was ich ihm zu sagen hatte. Er verlor nicht nur die Geduld, er hielt mich offenbar für eine Verrückte.
»Ich bin vor ewigen Zeiten mit Emma zur Schule gegangen. Wir waren damals die besten Freundinnen. Dann haben wir uns aus den Augen verloren, und jetzt ist sie wieder aufgetaucht. Sie lebt in Cork und hat eine kleine Tochter. Sie wurde zu früh geboren, in der siebenundzwanzigsten Woche, aber sie schaffte es, es ging ihr gut. Aber jetzt wurde Leukämie diagnostiziert. Sie braucht einen Spender. Und
Weitere Kostenlose Bücher