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Empfindliche Wahrheit (German Edition)

Empfindliche Wahrheit (German Edition)

Titel: Empfindliche Wahrheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carré
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erbarmungslos seine Charakterfehler sezieren; damit hat sie den Großteil der letzten Nacht verbracht. Um ihn können Martinshörner und Sirenen jaulen, Rauch kann aus den umliegenden Häusern quellen, eine wutentbrannte Bevölkerung auf die Straße gehen; all das und mehr ist in Kairo geschehen. Aber Krisen, wenn es denn so weit ist, sind Tobys Element, und jetzt ist es so weit.
    Sagen Sie, Ihre Freundin hat Ihnen den Laufpass gegeben und Sie müssen sich bei mir ausweinen, irgendwas in dem Stil.
    Der Anstand verbietet es ihm, Isabels Namen unnütz zu führen. Louisa kommt ihm in den Sinn. Hatte er irgendwann eine Louisa? Ein rascher Zählappell bleibt negativ. Gut, dann hat er jetzt eine: Giles, Louisa hat mich verlassen, brauche dringend Ihren Rat. Können wir baldmöglichst reden? Bell.
    Jetzt senden?
    Ja. Er schaut empor zu den erhabenen Ministeriumsfenstern mit ihren mehrlagigen Stores. Lässt sich Oakley dort oben an seinem Schreibtisch gerade ein Sandwich schmecken? Tagt er in irgendeiner unterirdischen Festung mit dem Vereinigten Geheimdienstausschuss? Oder sitzt er mit all den anderen Mandarinen bei einem geruhsamen Lunch im Travellers Club, und sie teilen die Welt neu auf? Egal, solange du nur baldmöglichst meine Nachricht liest und dich meldest, denn mein charmanter neuer Chef schnappt endgültig über.
    ***
    Sieben nicht enden wollende Stunden sind vergangen, und von Oakley noch immer kein Mucks. Toby, der daheim in seinem Wohnzimmer am Schreibtisch sitzt, tut so, als würde er arbeiten, während Isabel unheilverkündend in der Küche herumklappert. An seinem linken Ellbogen liegt das BlackBerry, rechts das Festnetztelefon und vor ihm die Rohfassung einer Präsentation über öffentlich-private Partnerschaften am Persischen Golf, die er für Quinn schreiben muss. In der Theorie überarbeitet er sie. In Wirklichkeit folgt er Oakley im Geist durch jede nur denkbare Version seines Tages und beschwört ihn zu antworten. Er hat seine Nachricht noch zwei weitere Male abgeschickt, einmal gleich nach der Arbeit und erneut, als er am Angel aus der U-Bahn aufgetaucht ist. Warum ihm seine Wohnung als eine unsichere Sendestation für Nachrichten an Oakley erscheint, kann er nicht sagen, aber es ist so. Die gleichen Hemmungen leiten ihn auch jetzt, als er auf die Gefahr hin, aufdringlich zu wirken, bei Oakley zu Hause anzurufen beschließt.
    »Ich hol uns nur schnell noch einen Rotwein«, ruft er durch die offene Küchentür und entweicht in die Diele, bevor Isabel einwenden kann, dass sie einen durchaus trinkbaren Rotwein im Vorratsschrank haben.
    Draußen schüttet es, und er hat seinen Regenmantel nicht mit. Fünfzig Meter die Straße entlang führt ein überdachter Durchgang zu einer stillgelegten Gießerei. Er flüchtet hinein und wählt in seinem Schutz Oakleys Nummer.
    »Scheiße, wer ist da?«
    Hermiones aufgebrachte Stimme. Hat er sie geweckt? Um diese Uhrzeit?
    »Hier ist Toby Bell, Hermione. Tut mir furchtbar leid, dass ich Sie stören muss, aber hier brennt es gerade ein bisschen, und ich wollte fragen, ob ich ganz kurz mit Giles sprechen kann.«
    »Nein, können Sie nicht, weder kurz noch lang, Toby. Und tun Sie gefälligst nicht so überrascht.«
    »Es geht um die Arbeit, Hermione. Es ist ziemlich dringend.«
    »Ja, ja, spielen Sie nur Ihre kleinen Spielchen. Giles ist in Doha, und erzählen Sie mir nicht, dass Sie das nicht wussten. Die haben ihn in aller Herrgottsfrühe nach Doha verfrachtet, zu einer Konferenz, die andernfalls angeblich geplatzt wäre. Also, kommen Sie vorbei oder nicht?«
    » Die? Wer sind die ?«
    »Was interessiert Sie das? Weg ist weg.«
    »Wie lange bleibt er in Doha? Haben sie das gesagt?«
    »Lang genug, dass du auf deine Kosten kommst, das ist mal sicher. Personal hier im Haus haben wir auch keins mehr. Wie du wahrscheinlich haargenau weißt.«
    Doha: drei Stunden voraus. Brutal kappt er die Verbindung. Zum Teufel mit ihr. In Doha wird spät gegessen, die Fürsten und Delegierten sitzen sicher noch zu Tisch. In den Durchgang geduckt, ruft er im Ministerium an und bekommt den behäbigen Gregory an den Apparat, seinen glücklosen Nebenbuhler im Amt.
    »Hallo, Gregory. Ich versuche verzweifelt, Giles Oakley zu erreichen. Er musste kurzfristig zu einer Konferenz in Doha, und aus irgendeinem Grund kommen seine Nachrichten nicht bei ihm an. Es ist privat. Kannst du den Kontakt für mich herstellen?«
    »In einer Privatangelegenheit? Schwierig, schwierig.«
    Ganz ruhig

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