Endstation für neun
dann hat er über Weiber geredet. Vor allem über eine, mit der er 'ne Zeitlang zusammen war und die wohl ein paar Monate vorher den Löffel abgegeben hatte. Sie war wie eine Mutter, nur besser, hat er gesagt.« Pause.
»Wissen Sie, man kann ja schlecht seine Mutter vögeln«, sagte Björk ernst. »Ansonsten schien er nicht besonders scharf darauf zu sein, von sich zu erzählen.«
»Wann ist er ausgezogen?«
»Am 8. Oktober. Daran erinnere ich mich noch, denn es war ein Sonntag und außerdem sein Namenstag. Er hat sich seine Sachen geschnappt, alles außer dem Zeug da. Es war nicht sehr viel, nicht mehr, als in eine normale Tasche geht. Er meinte, er hätte sich eine andere Bude besorgt, würde aber in ein paar Tagen nochmal vorbeikommen.«
Er machte eine Pause und drückte seine Zigarette in einer Kaffeetasse aus, die auf dem Fußboden stand. »Danach habe ich ihn nicht mehr gesehen. Und jetzt ist er tot, hat Sivan gesagt. War er wirklich einer von denen im Bus?« Rönn nickte.
»Wissen Sie, wohin er dann gegangen ist?«
»Keine Ahnung. Er hat nie mehr von sich hören lassen, und ich wusste nicht, wo er war. Er hat hier einige meiner Kumpel kennengelernt, aber ich bin nie einem von seinen begegnet. Im Grunde weiß ich also verdammt wenig über ihn.«
Björk stand auf, ging zu einem Spiegel, der an der Wand hing, und kämmte sich.
»Wissen Sie, wer es war?«, fragte er. »Also das in dem Bus.«
»Nein«, antwortete Rönn.
»Noch nicht.« Björk zog seinen Pullover aus.
»Muss mich jetzt in Schale werfen«, meinte er. »Die Braut wartet.«
Rönn stand auf, nahm die Einkaufstüte und ging zur Tür. »Sie haben also gar keine Ahnung, wo er sich nach dem 8. Oktober aufgehalten hat?«, fragte er. »Nein, das habe ich doch schon gesagt.«
Björk holte ein frisches Hemd aus einer Kommodenschublade und riss den Papierstreifen der Reinigung ab. »Ich weiß nur eins«, sagte er. »Was denn?«
»In den Wochen bevor er abgehauen ist, war er verdammt nervös. Er wirkte irgendwie gehetzt.«
»Aber Sie wissen nicht, warum?«
»Nein, ich habe keinen Schimmer.«
Als Rönn in seine leere Wohnung zurückkehrte, ging er in die Küche und kippte den Inhalt der Tüte auf dem Küchentisch aus. Anschließend hob er die Sachen vorsichtig hoch und musterte sie, ehe er sie nacheinander wieder in die Tüte fallen ließ. Eine gesprenkelte, betagte Schirmmütze, eine Unterhose, die einmal weiß gewesen war, eine zerknitterte, rotgrün gestreifte Krawatte, ein Kunststoffgürtel mit gelber Messingschnalle, eine Pfeife mit zerkautem Schaft, ein wollgefütterter Schweinslederhandschuh, ein Paar gelbe Socken aus Nylonkrepp, zwei schmutzige Taschentücher und ein zerknittertes hellblaues Popelinehemd.
Rönn hielt das Hemd hoch und wollte es schon zuoberst in die Tüte packen, als er einen Zettel entdeckte, der aus der Brusttasche hervorlugte. Er legte das Hemd beiseite und faltete den Zettel auseinander. Es war eine Rechnung über 78,25 Kronen aus dem Restaurant Pilen. Sie trug das Datum vom 7. Oktober, und auf dem Kassenbon waren ein Essen, sechs alkoholische Getränke und drei Wasser registriert.
Rönn drehte die Rechnung um. Auf der Rückseite hatte jemand mit Kugelschreiber etwas auf den Rand geschrieben:
8.io. bf 3000 Stoff 500 Schulden ga 100 Schulden mb 50 Dr. P_650 1300 Rest 1700 Rönn glaubte Göranssons Handschrift wiederzuerkennen, von der er einige Proben bei der blonden Malin gesehen hatte. Er deutete das Geschriebene so, dass Göransson am 8. Oktober, also an dem Tag, an dem er bei Sune Björk ausgezogen war, von irgendwoher 3000 Kronen bekommen sollte, möglicherweise von einer Person mit den Initialen B. F. Von diesem Geld wollte er für 500 Rauschgift kaufen, 150 zur Begleichung von Schulden ausgeben und einem Doktor P. 650 zahlen, für Drogen oder anderes. Übrig behalten würde er noch 1700 Kronen. Als er mehr als einen Monat später tot im Bus gefunden wurde, hatte er über 1800 Kronen in der Tasche. Folglich musste er nach dem 8. Oktober noch mehr Geld bekommen haben. Rönn fragte sich, ob es aus derselben Quelle gekommen war, bf oder B.F. Es musste sich nicht unbedingt um eine Person handeln, es konnte ebenso gut eine Abkürzung sein, die für etwas anderes stand. Ein Bankfach?
Göransson schien ihm nicht der Typ zu sein, der ein Bankfach hatte. Vielleicht war es doch am plausibelsten, dass bf ein Mensch war. Rönn schaute in sein Notizbuch, aber keine der Personen, mit denen er gesprochen oder von denen er in
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