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Engel des Todes

Engel des Todes

Titel: Engel des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marshall
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ganze Verschwörungstheorie auf, und die Leute werden denken: ›War also alles gelogen. Und was sonst noch?‹ Es genügt, dass ein Kennedy petzt, und die Sache fliegt auf. Sie sind Geschichte. Diskreditiert oder tot oder beides. Es gibt Gerüchte, wonach Lady Diana Wind davon bekommen hat. Muss ich noch mehr sagen?«
    »Das glauben Sie doch selbst nicht.«
    Der Mann lächelte. »Nein. So ist es JFK selbstverständlich nicht ergangen. Aber das ist das Erste, was man in meinem Beruf lernt. Die Wahrheit ist nicht zu greifen. Was zählt, ist allein, was die Leute glauben.«
    Neben Tom machte es leise kling!, und ein weiteres Bier stand da. Ihm war die Bestellung ganz entgangen. Auch das gehörte wohl zu Henricksons Fähigkeiten, die er in seinem Beruf gut gebrauchen konnte.
    »Jim, Sie brauchen mich nicht mit Bier abzufüllen«, wehrte er sich.
    »Aber Tom«, beschwichtigte ihn Henrickson. »Unfug! Und Sie denken, ich sei paranoid. Glauben Sie mir. Ich habe Lust auf ein paar Helle, und Sie leisten mir dabei Gesellschaft. Sie sind jetzt im Geschäft, vermasseln Sie das nicht. Wir haben hier eine echte Story, und das bedeutet, Sie können viel Geld dabei verdienen. Allerdings müssen Sie mir hier und jetzt versprechen, sich nur mir anzuvertrauen und sonst niemandem.«
    »Versprochen«, sagte Tom, wohl wissend, dass ihm sonst keiner zuhören würde.
    »Ausgezeichnet. Bleibt uns nur noch eines zu tun.«
    »Einen Beweis zu liefern.«
    »Selbstverständlich keinen Beweis, der vor Gericht Bestand hätte. Wenn wir das hätten, dann würde ich sagen: Vergessen wir
Front Page,
reden wir mit der BBC oder CNN oder der
New York Times.
Aber irgendetwas brauchen wir. Sie haben eine Beschreibung gegeben, die ähnlich klingt wie die der drei Jäger. Das könnten Sie freilich auch irgendwo gehört haben.«
    »Aber ich habe das nirgendwo gehört«, beteuerte Tom.
    »Ich glaube Ihnen, andere werden das nicht tun. Sie haben auch einen Fußabdruck gesehen, aber der wird längst verwischt sein. Außerdem ist da noch die Aussage dieser lästigen Mrs. Anders mit ihren blöden Schneestiefeln.«
    »Alles ist so, wie ich es gesagt habe.«
    »Für Sie, ja.« Henrickson wiegte den Kopf. »Nach dem, was Sie gesagt haben, könnte es auch ganz anders gelaufen sein. Nun, morgen fahren wir los und schauen uns das Ganze mal an.«
    Tom blickte verstört. »Vertrauen Sie mir«, sagte der Mann nochmals und blinzelte.
     
    Connelly verließ die Polizeiwache endgültig. Ein kurzes Gespräch mit Patrice Anders hatte die Erklärung für Melissas Fund gebracht: Patrice hatte die Heilkräuter in den Rucksack gelegt. Nun war alles in trockenen Tüchern. Er erwog kurz, ob er hinüber in Franks Bar gehen und sich einen Whisky Soda gönnen sollte, entschied dann aber, dass nach einem solch langen Tag ein Bier in seinem Sessel vor dem Fernseher genauso guttäte. Sein großes Haus war leer, aber dafür ruhig, und das Telefon würde auch nicht klingeln.
    Das klang gut.

13
    Z ehn Minuten nach ihrem Telefongespräch mit Sheriff Connelly stand Patrice immer noch in der kleinen Küche ihrer Blockhütte. Eigentlich war es nur eine zwei mal zwei Meter große Ecke des Hauptwohnraums, besaß aber ein Fenster mit Blick auf die Bäume. Durch dieses Fenster schaute sie jetzt, obwohl sie eigentlich gar nichts sah.
    Jedenfalls nichts, was irgendjemand außer ihr sehen konnte.
     
    Fast ihr ganzes Leben hatten Bill und Patrice Anders in Portland verbracht. Als die Kinder Mitte der achtziger Jahre das Elternhaus verließen, erinnerten sich die Erwachsenen langsam wieder daran, wie sie ihre freie Zeit verbringen konnten, wie Wärter eines aufgelösten Zoos, dessen Tiere man ausgewildert hatte. Sie verbrachten die Wochenenden außerhalb der Stadt und ließen es sich einfach gut gehen. Doch erst als sie Verona entdeckten, bekam ihr Leben wieder eine Perspektive.
    Verona war nur ein kleines Nest am Highway 101 , der der Pazifikküste Richtung Süden folgte. Ein paar Seitenstraßen mit Holzhäusern und einem Krämerladen, das war schon fast alles. Vieles sprach dafür, einfach durchzufahren. Doch wer im Bummeltempo südwärts fuhr und die Augen offen hielt, dem fiel am Ortsausgang gleich hinter der Brücke über den Meeresarm ein Schild auf, das auf die »Redwood Lodgettes« hinwies. Der Schriftzug war in einen alten Holzstamm gebrannt und zeigte in den Wald hinein. Patrice sah das Schild, und gleich darauf bogen sie ab, um sich das Ganze anzuschauen. Dieser Einfall veränderte ihr

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