Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Engel im Schacht

Engel im Schacht

Titel: Engel im Schacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
Vom Netzwerk:
Veränderung gewehrt? »Etwa ein Jahr lang ist sie nur zu den Beiratssitzungen gekommen, weil die Arbeit völlig umstrukturiert wurde. Aber vor sechs Monaten mußten wir unsere Sekretärin kündigen, und da ist Deirdre eingesprungen, wann immer sie konnte.« Als ich Tish um genauere Auskünfte bat, sagte sie mir lediglich, Deirdre habe geholfen, die Computereintragungen auf dem neuesten Stand zu halten. Die Arbeitsstunden, die auf den Baustellen geleistet wurden, mußten eingetragen, Rechnungen erstellt und wichtige Geldgeber bei Laune gehalten werden.
    »Fanden Sie es nicht merkwürdig, daß eine Frau in ihrer Position Büroarbeiten für Sie verrichtete?«
    »Nein, warum? Jasper hat gesagt, sie wußte nicht so recht, was sie machen sollte, und wir sollten ihr ein bißchen um den Bart gehen, weil die Freunde ihres Mannes uns eine Menge Geld bringen konnten. Wir hatten ein paar Geldgeber verloren. Leute, die nicht damit einverstanden waren, daß wir die eigentliche Vermittlung aufgegeben haben. Jasper meinte, Deirdre könnte sie zurückholen.«
    »War es schwer, mit ihr auszukommen?« Ich stellte mir vor, wie Deirdre und Tish um die Wette mürrisch dreinschauten.
    »Sie hat hier gearbeitet, genau wie ich.«
    »Hatte sie ein Auge auf Jasper?«
    Tish wurde rot. »Sie war verheiratet. Wahrscheinlich hat sie es ganz gern gesehen, wenn er mit ihr geflirtet hat. Manchmal konnte sie ziemlich kindisch sein... « Ihre Stimme schweifte ab.
    »Ich habe heute mit einem Reporter zu Mittag gegessen, und der meinte, es gäbe Gerüchte, daß sie und Jasper eine Affäre hatten.«
    Tish wurde noch tiefer rot. Sie zupfte an ihrem Pullover herum und schüttelte den Kopf, brachte aber kein Wort heraus. Ich bohrte nicht weiter und bat sie statt dessen, mir zu sagen, was Deirdre bei Home Free gemacht hatte. »Zeigen Sie mir einfach die Sachen, die sie an ihrem letzten Tag hier erledigt hat.«
    »Nein, das werde ich nicht. Unsere Akten sind vertraulich. Jasper hat gesagt, ich soll mich mit Ihnen über Deirdre unterhalten. Er hat nichts davon erwähnt, daß ich Ihnen unsere Bücher zeigen soll.«
    Ich hob die Augenbrauen. »Warum - würden sie der Prüfung nicht standhalten?« Sie errötete noch mehr, konnte sich jedoch um eine Antwort herumdrücken, weil das Telefon klingelte. »Home Free, Tish am Apparat ... Ach, hallo, Gary ... Nein, er ist nicht da ... Er hat dir doch gesagt, du sollst dir keine Gedanken deswegen machen, er kümmert sich schon drum ... «
    Gary, der kräftig gebaute Typ in der Schaffelljacke, dem ich letzte Woche hier begegnet war. Offenbar machte er sich immer noch Gedanken - ich hörte, wie er Tish übers Telefon zusammenstauchte, konnte aber nicht verstehen, was er sagte.
    »Ich kann dir jetzt nicht mehr sagen, es ist grade jemand bei mir im Büro.« Plötzlich lachte sie, ihr Gesicht klarte sich auf und wurde einen Augenblick lang fast hübsch.
    »Nein, kein Freund... Ich sage ihm, daß du angerufen hast.«
    »Warum bin ich denn kein Freund?« fragte ich sie, nachdem sie aufgelegt hatte. »Wieso können Sie mich eigentlich nicht leiden?«
    »Weil Sie Ihre Nase in Dinge stecken, die Sie nichts angehen. Gerade wieder: Das war ein privater Anruf. Ich muß jetzt wieder arbeiten.«
    »Damit Sie fertig sind, wenn Jasper Sie zum Abendessen abholt. Ich bin übrigens keine Rivalin. Vielleicht war Deirdre eine, aber ich hab' kein Interesse, mit ihm zu schlafen.« »Da haben Sie aber Glück, denn er würde Sie nicht mal mit der Beißzange anfassen.« Wut und Eifersucht ließen ihre Stimme beben.
    Ich merkte, wie ich mit den Fingern auf der Stelle an meinem Kopf herumtippte, an der die ersten grauen Haare wuchsen, und meinte: »Beruht ganz auf Gegenseitigkeit, Tish. Mir ist er ohnehin zu glatt. Und jetzt stellen Sie mir bitte ein paar Baustellen zusammen, die ich mir anschauen kann.«
    »Baustellen? Keine Chance. Sie können sich ein paar von unseren fertigen Projekten ansehen, aber auf die Baustellen kommt niemand, der nicht geschäftlich dort zu tun hat.«
    »Also haben Sie doch Projekte im Bau? Jasper hat mir letzte Woche gesagt, in der Richtung machen Sie nicht viel.«
    Die Kinnlade fiel ihr herunter, und plötzlich wurde sie ganz fahl, aber sie erholte sich rasch wieder und sagte, Jasper kenne sich in dem Bereich besser aus als sie - sie habe lediglich eine generelle Aussage gemacht.
    Wir stritten ein bißchen, aber sie genoß es, einmal die Oberhand zu behalten. Danach brachte ich nichts mehr aus ihr heraus. Schließlich

Weitere Kostenlose Bücher