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Engelsfuerst

Engelsfuerst

Titel: Engelsfuerst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Kastner
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uns Zeit, an einer Presseerklärung zu arbeiten. Möglicherweise wissen wir bis dahin auch schon Genaueres.«
»Das kann ich nicht garantieren«, sagte Donati. »Im
Kloster von San Gervasio sieht es aus wie auf einem
Schlachtfeld, aber die Mönche, Papst Lucius und sein
Sohn sind verschwunden. In Kürze werden mehrere
Hundertschaften die Gegend absuchen.«
»Aber wenn Papst Lucius und sein Sohn entführt
worden sind, können sie längst sonstwo sein, vielleicht sogar außer Landes«, wandte Spadone ein.
Donati winkte ab. »Schon möglich, aber ohne nähere Hinweise auf dieses Sonstwo kommen wir damit
nicht weiter. Also halte ich es für das Vernünftigste,
dort zu suchen, wo es konkrete Spuren gibt, und das
ist nun einmal San Gervasio.« Der Kommandant der
Schweizergarde, der in Zivil erschienen war, fragte:
»Stimmt es, daß man nur die Leichen von zwei Gardisten gefunden hat?«
»Ja«, antwortete Donati und berichtete von den
beiden Toten mit den Würgemalen. »Vom dritten Ihrer Männer fehlt jede Spur, Oberst Schmidhauser.«
»Ich kenne den Vermißten, Gardeadjutant Roland
Kübler, recht gut«, sagte Alexander. »Ein äußerst zuverlässiger Soldat.«
»Was hilft uns das, wenn er tot ist?« ächzte Spadone.
»Zur Zeit gilt er als vermißt, nicht als tot«, stellte
Alexander fest.
»Sie meinen, da ist noch Hoffnung?« fragte
Schmidhauser.
»Man sollte hoffen, solange es möglich ist.«
Spadone schlug mit der flachen Hand auf den Tisch.
»Das sind doch Platitüden! Selbst wenn dieser Kübler,
was nicht erwiesen ist, noch leben sollte, kann er als
einzelner kaum etwas gegen eine Macht ausrichten,
die in der Lage ist, einen Papst verschwinden zu lassen.«
Papst Custos bedachte Spadone mit einem milde
tadelnden Blick.
»Sie sollten in Ihrem Urteil nicht so harsch sein,
Generalinspektor. Signor Rosin hat nur das angemahnt, was letztlich die Grundlage unseres Glaubens
und unserer Kirche ist, nämlich selbst in aussichtslos
erscheinender Lage noch Hoffnung zu haben und
Vertrauen in Gott. Und weil ich dieses Vertrauen habe, werde ich die Messe nachher für meinen Amtsbruder Lucius lesen und nicht für die Fernsehkameras.« Dann wandte er sich an Alexander und Donati.
»Hat Ihr Flug nach San Gervasio gar keine neuen Erkenntnisse erbracht?«
»Doch«, antwortete Donati und erzählte von dem
Kerker und der seltsamen Kapelle im Glockenturm.
»Für mich deutet alles darauf hin, daß Totus Tuus
wieder aktiv ist.«
Die erste Reaktion auf diese Mitteilung bestand aus
allseits ungläubigbetretenen Gesichtern.
Schmidhauser sagte kopfschüttelnd: »Ich dachte
wirklich, wir hätten diese Brut, die selbst die Schweizergarde zersetzt hat wie ein bösartiges Geschwür,
endgültig ausgerottet.«
»Wenn das stimmt, wirft es mehr Fragen als Antworten auf«, meinte Spadone. »Der Sohn von Papst
Lucius hat doch einige Zeit in San Gervasio zugebracht. Was hat er in einem Kloster gesucht, das von
Totus Tuus geführt wird?«
Alle Blicke richteten sich auf Monsignore Francesco Buffoni. Der Privatsekretär von Papst Lucius hatte
eine wuchtige Ringerstatur, die den schwarzen Anzug
des Klerikers bei jedem Atemzug sprengen zu wollen
schien. Er schwitzte und fingerte an dem weißen Römerkragen herum, in dem vergeblichen Bemühen, ihn
irgendwie zu lockern.
»Darüber zerbreche ich mir schon seit Stunden den
Kopf, ohne eine Antwort zu finden«, sagte er. »Lucius
hatte in letzter Zeit kaum Kontakt zu seinem Sohn.
Signor Schreiber hatte einige Probleme, aber die wollte er wohl lieber mit sich selbst ausmachen, wenn ich
eine Bemerkung, die Seine Heiligkeit vor einigen Wochen fallenließ, richtig gedeutet habe. Er sagte nur,
sein Sohn habe sich in ein abgelegenes Kloster zurückgezogen. Mehr weiß ich auch heute nicht darüber.«
»Was für Probleme hatte er denn, daß er die Abgeschiedenheit eines Klosters suchte?« faßte Spadone
nach.
»Es ist nicht einfach, der Sohn eines Papstes zu sein
und noch dazu ein Nachfahre der Engel«, antwortete
Buffoni. »Außerdem hat Signor Schreiber bei den Ereignissen am Monte Cervialto die Frau verloren, die er
liebte. Das kann einen Menschen schon aus der Bahn
werfen.«
»Enrico war auf der Suche«, ergänzte Custos.
»Nach sich selbst und seinem ganz eigenen Weg in die
Zukunft. Darüber haben mein Amtsbruder und ich
einmal sehr intensiv gesprochen. Lucius sagte, sein
Sohn wisse, daß er jederzeit zu ihm kommen könne,
aber er, Lucius, wolle sich nicht aufdrängen. Er hatte
den

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