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Engelsmorgen

Engelsmorgen

Titel: Engelsmorgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Kate
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kroch ihr ein leicht schimmeliger Geruch in die Nase, fast wie von schwarzen Oliven. Als ihre Wange von etwas Kühlem gestreift wurde, schlug sie die Augen auf. Die Temperatur im Raum war um ein paar Grad gesunken. Steven rieb sich in seinem auf einmal feuchten, zugigen Büro die Hände.
    »Ja, weiter so«, murmelte er.
    Der Verkünder schwebte im Büro umher, dünn und durchscheinend, wie ein dunkler Seidenschal. Dann glitt er direkt auf Luce zu. Er wickelte eine seiner sich schlängelnden, durchsichtigen Ranken um den gläsernen Briefbeschwerer auf dem Schreibtisch. Luce schrie auf. Steven lächelte, stellte sich neben sie und dirigierte den Schatten, bis er ihn in die richtige Position gebracht hatte.
    Dann hatte Luce ihn in ihren Händen und begann, an ihm zu ziehen. Sie machte das so sorgsam, als würde sie einen Strudelteig auseinanderziehen wollen, ohne dass er zerreißt. Luce hatte das bei ihrer Mutter schon Hunderte von Malen beobachtet. Der schwarze Schleier verwandelte sich, Grauabstufungen kamen zum Vorschein. Schließlich war ein schwaches Schwarzweißbild zu sehen.
    Ein dunkles Schlafzimmer mit einem Bett. Luce – natürlich eine frühere Luce – liegt dort auf der Seite und blickt zum offenen Fenster hinaus. Sie muss ungefähr sechzehn sein. Die Tür öffnet sich und ein Gesicht erscheint im Türspalt. Luces Mutter.
    Luces Mutter, die sie mit Shelby in Mount Shasta besuchen wollte! Aber jünger, viel jünger. Höchstens fünfzig. Sie lächelt, als sie ihre Tochter schlafen sieht. Dann zieht sie leise die Tür zu.
    Einen Augenblick später umklammern von außen Finger das Fensterbrett. Luce riss die Augen auf, als die frühere Luce sich im Bett aufsetzte. Zwei Hände schieben sich herein, danach zwei starke Arme, alles im Mondlicht leicht bläulich schimmernd. Daniels Gesicht strahlt, als er durchs Fenster ins Zimmer steigt.
    Luces Herz pochte. Sie wäre am liebsten in den Verkünder eingetaucht, wie sie das auch am Vortag mit Shelby gern getan hätte. Aber Steven schnippte mit den Fingern, und das Bild rollte sich blitzschnell auf, wie ein Schnapprollo. Dann brach es in kleine Stücke auseinander, die herabschwebten.
    Die Fragmente des Schattens lagen vor Luce auf dem Schreibtisch verstreut. Sie langte danach, aber bei der Berührung lösten sie sich auf.
    Steven saß Luce reglos gegenüber und musterte sie, als wollte er herausfinden, was dieser Blick in die Vergangenheit bei ihr ausgelöst hatte. Luce empfand es auf einmal als viel zu intim, was sie da gesehen hatte; sie wollte nicht, dass Steven erfuhr, wie stark sie von ihren Gefühlen überwältigt war. Und schließlich stand er ja auch auf der anderen Seite. In den letzten Tagen hatte sie immer mehr seine dämonische Seite zu sehen bekommen. Nicht nur das zornige Temperament – er konnte so aufbrausend sein, dass es wortwörtlich in ihm kochte –, er hatte vor ihr auch seine goldenen Flügel entfaltet, in ihrer finsteren Pracht. Steven hatte eine große, verführerische Anziehungskraft, wie Cam – und genau wie Cam war er ein Dämon, das musste sie sich immer wieder sagen.
    »Warum wollen Sie mir helfen?«
    »Weil ich nicht will, dass du verletzt wirst«, flüsterte Steven kaum hörbar.
    »Was ich gerade gesehen habe – ist es wirklich so geschehen?«
    Steven wich ihrem Blick aus. »Der Schatten zeigt dir ein Abbild. Und du weißt, dass Abbilder immer verzerren. Du kannst nur den Schatten, niemals direkt die Wirklichkeit sehen. Es steckt darin immer Wahrheit, aber nie die ganze Wahrheit. So einfach ist es nicht. Darum ist der Umgang mit den Verkündern auch so problematisch und gefährlich, wenn man nicht die richtige Ausbildung hat.« Er sah auf die Uhr. Von unten war ein Geräusch zu hören. Eine Tür wurde geöffnet und wieder geschlossen. Steven wirkte auf einmal angespannt, als Absätze hastig die Treppe heraufklapperten.
    Francesca.
    Luce versuchte, Stevens Miene zu lesen. Er reichte ihr Platons »Der Staat« und Luce ließ das Buch in ihren Rucksack gleiten. Steven hatte gerade noch Zeit, Luce zu ermahnen. »Wenn ich Shelby und dich das nächste Mal erwische, dass ihr nicht die Aufgabe macht, die man euch gestellt hat, schreibst du einen fünfseitigen Aufsatz, gespickt mit wissenschaftlichen Zitaten. Diesmal kommst du noch mit einem blauen Auge davon, aber du bist jetzt gewarnt.« Francescas Gesicht tauchte in der Tür auf.
    »Verstehe.« Luces und Francescas Blicke kreuzten sich.
    Francesca lächelte Luce zu – aber ob es sich

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