Engelssturz - Zahn, T: Engelssturz - Angelmass
will doch nur, dass er sie dorthin bringt«, sagte der Penner an Chandris gewandt. » Ihm kann dort doch nichts passieren, oder?« Er sah die Zielperson beinahe traurig an. »Er passt zu den reichen Leuten.«
»Aber es ist doch Ihr Geld«, sagte die Zielperson mit Nachdruck. »Fünfhundert Ruya. Ich kann das unmöglich annehmen.«
»Dann geben Sie mir wenigstens einen Teil«, sagte der Penner. »Ich werde sie Ihnen an Ort und Stelle verkaufen.« Wieder streckte er die Hand in Richtung des Opfers aus. »Ich werde alles nehmen, was Sie mir dafür zu geben bereit sind.«
Die Zielperson sah Chandris hilflos an und richtete den Blick dann wieder auf den Ganoven. »Aber ich habe diese Art von Geld nicht dabei.«
»Ich will alles nehmen, was auch immer Sie mir geben können«, sagte der Penner wieder – diesmal sogar noch flehentlicher.
»Aber …«
»Darf ich sie mal sehen?«, sagte Chandris. Bevor der Penner noch zu reagieren vermochte, nahm sie ihm die Münzen aus der Hand, sortierte die unbekannten aus und begutachtete sie. Es war eine Variante der altbewährten Ring-Abzocke, die sie selbst schon ein paarmal praktiziert hatte: Der Penner nahm, was er kriegen konnte, und die Zielperson wurde mit einer falschen Adresse und einer Handvoll wertloser Münzen gelinkt.
Von denen er offensichtlich glaubte, dass sie ihm eine Belohnung von fünfhundert Ruya einbringen würden. Wenn sie sich nun einschaltete und ihren Wert bestätigte, hätte sie den Kontakt mit dem Penner wasserdicht gemacht. Den Kontakt und das Ticket nach draußen, das sie brauchte, um von hier zu verschwinden.
»Na schön«, sagte die Zielperson plötzlich und griff nach der Brieftasche. »Ich habe – ich weiß nicht; vielleicht sechzig Ruya dabei. Wenn das wirklich alles ist, was Sie wollen, werde ich sie meinetwegen nehmen. Aber ich würde mich freuen – wirklich –, mit Ihnen nach Magasca zu gehen, damit Sie sich den ganzen Finderlohn abholen können.« Er griff in die Brieftasche und zählte die Scheine ab.
Vielleicht war es das Angebot, den Penner nach Magasca zu begleiten, um sich seine Belohnung abzuholen. Oder vielleicht war es auch der ernste Ausdruck in seinem Gesicht, als er das Geld herausnahm – ein Ausdruck, der sie irgendwie an Ornina erinnerte, wie sie sich über eine Platine gebeugt hatte.
Aber was immer es auch war, irgendwo tief im Innern von Chandris zerriss plötzlich etwas.
»Ich würde das Geld an Ihrer Stelle lieber sparen«, sagte sie und ließ die Münzen in die Hand fallen, die der andere schon ausgestreckt hatte, um das Geld des Penners entgegenzunehmen. »Diese Dinger sind nämlich wertlos.«
Die Zielperson blinzelte. »Was?«
»Ich sagte, dass sie wertlos sind«, wiederholte sie und beobachtete den Penner aus dem Augenwinkel. Im Moment sah er so aus, als ob man ihm mit einem Migränestift einen Scheitel gezogen hätte, doch der Schock würde nicht lange anhalten. Und wo sein raffinierter Plan nun geplatzt war, würde er vielleicht einen offenen Raubüberfall verüben. »Ich weiß, wovon ich rede«, fügte sie hinzu. »Mein Vater war nämlich Münzsammler.«
»Aber die Frau sagte doch, sie würde fünfhundert Ruya Finderlohn zahlen«, wandte die Zielperson ein; er wollte es immer noch nicht so recht glauben. »Sie sagte sogar, sie würde eine Anzeige im Netz schalten, um sie wiederzubekommen.«
»Eine Anzeige mit ihrer Telefonnummer?«
Die Zielperson richtete den Blick auf den Penner und dann wieder auf Chandris. »Ich glaube schon«, sagte er. »Sie hat das aber nicht gesagt.«
»Da hat sich wahrscheinlich irgendjemand einen schlechten Scherz erlaubt«, sagte Chandris achselzuckend. »Sie haben die Anzeige gelesen, haben sich Münzen im Wert von einem halben Ruya beschafft und sie mit ihrer Nummer auf dem Umschlag irgendwo fallen lassen.« Sie sondierte die Umgebung. »Vielleicht beobachtet er uns sogar in diesem Moment.«
»Das ist eine Schweinerei«, sagte die Zielperson unwirsch, ließ den Blick schweifen und steckte das Geld wieder in die Brieftasche. »Der Frau falsche Hoffnungen zu machen. Ich sollte sie wohl anrufen und ihr die Sache erklären.«
Nur dass der Lockvogel sein Fon wohl schon längst weggeworfen hatte. Und wenn die Zielperson jetzt noch umfiel, wäre der Penner dran. »Die Mühe würde ich mir sparen«, sagte Chandris beiläufig, als die Zielperson die Brieftasche einsteckte und nach ihrem Fon griff. »Das wird sie lehren, keine Telefonnummer mehr im Netz preiszugeben; und wenn doch, nur
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