Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Entbrannt

Entbrannt

Titel: Entbrannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Shirvington
Vom Netzwerk:
das auch geträumt«, sagte das andere Mädchen an meinem Bein.
    »I ch auch«, sagte der Junge an meinem Arm.
    »U nd ich auch«, sagte Simon.
    Alles um mich herum wurde schwarz. Ich versuchte, ihnen noch mal zu sagen, dass sie gehen sollten. Ich versuchte es und versuchte es.
    Das nächste Mal, als ich die Augen aufschlug, wurde ich von den Kindern die Treppe hinaufgetragen. Ihre Stärke war unerklärlich. Ich blinzelte.
    Wir bewegten uns durch den brennenden Saal. Um uns herum tobte das Feuer, doch die Kinder schienen geradewegs auf die Flammen zuzugehen, als wüssten sie, dass sie sich teilen würden.
    Und das taten sie.
    Da wurde mir klar, dass das der Engel, der mich gemacht hatte, veranlasste.
    Ich schloss wieder die Augen. Das ließ die Flut der Tränen jedoch nicht versiegen.
    Ich wurde durch die Eingangstür und die Stufen hinunter nach draußen getragen. Ich hörte Stimmen, Befehle wurden gebrüllt, überall rannten Leute.
    Plötzlich blieb alles stehen. Alle Geräusche, alle Bewegungen. Still.
    Dann bellte eine Frau: »M acht ihnen den Weg frei!«
    Die Kinder setzten sich wieder in Bewegung, und ich spürte, wie starke Hände unter mich geschoben wurden.
    Ich hörte Griffin: »H alt durch, Violet. Halt durch!«, sagte er wieder und wieder.
    Ich wurde auf das Gras gelegt und sah neben mir eine Gestalt knien. Es war Josephine. Es war ihre Stimme gewesen, die ich gehört hatte. Unsere Blicke trafen sich. Ihr Gesicht war mit Blut und Ruß bedeckt. Oh, sie war heute Nacht wohl mitten im Geschehen gewesen.
    Kurz fragte ich mich, ob mir Josephine hier und jetzt vollends den Rest geben würde. Doch sie drehte sich einfach weg und fing an, jemandem hinter ihr Befehle zuzurufen.
    »H ol Evelyn! Sag ihr… Sag ihr, dass ihre Tochter am Leben ist. Und hol die Sanitäter, schnell!« Sie zögerte, dann sprach sie weiter. »D u, du und du: Sie gehört zu uns. Beschützt sie!«
    Sie blickte auf mich herunter. »D u dummes Ding. Ich weiß nicht, wie du sie umgebracht hast oder wie es kommt, dass du noch am Leben bist, aber bleib verdammt noch mal weiterhin am Leben, damit du es mir später erklären kannst.«
    Wie ironisch, dachte ich, dass ich ausgerechnet jetzt, wo Josephine beschlossen hatte, dass ich eine der ihren war, gemerkt hatte, dass das gar nicht stimmte.
    Sie stand auf und erteilte weitere Befehle, während sie sich von mir entfernte.
    Griffin blieb bei mir, während die Notärzte anfingen, meine Wunden zu verbinden. Immer wieder verlor ich das Bewusstsein. Ich hörte, wie er mit mir sprach, wie er mir sagte, dass ich kämpfen sollte.
    Jemand anders ließ sich neben mir auf den Boden sinken. Hände griffen nach meinen.
    »V iolet«, weinte Evelyn, »i ch bin hier, Kleines.«
    Doch ich konnte nicht sprechen.
    Einatmen.
    Ausatmen.
    Mehr konnte ich nicht tun.
    Evelyn schien das zu verstehen, aber sie zog mich trotzdem in ihren Schoß und fing an, mich hin und her zu wiegen. Und dann sagte sie mir das Einzige, was mich dazu veranlassen konnte, weiterzuatmen.
    »W ir haben ihn rausgeholt. Ich weiß nicht, ob es dir hilft, aber wir haben Lincoln rausgeholt.«
    Ich wusste auch nicht, ob das half. Ich wusste nicht, ob es irgendetwas bedeutete. Der Schmerz war lähmend und zerriss fast mein schwaches Festhalten am Leben. Ich schloss die Augen, während meine Mutter mich wiegte. Ich ging in mich, hinunter in den dunkelsten Korridor meiner Kraft, an dessen Ende ich den Schalter fand. Ich ließ mich darauf zugleiten. Etwas erhob seine Stimme, warnte mich davor.
    Ich legte den Schalter um.
    »D anke, Phoenix«, flüsterte ich.
    Alles wurde schwarz.

Kapitel Achtunddreissig
    »D ie Traurigkeit wird niemals enden.«
    Vincent van Gogh
    Es war still. Früh am Morgen war es immer am ruhigsten.
    Ich schlief kaum noch. Träume brachten wenig Erholung. Ich saß auf dem Bett, schaute aus dem Fenster unserer Wohnung im zwölften Stock. Dort unten bewegte sich die Welt weiter, fürs Erste war sie sicher.
    Drei Wochen waren seit der Nacht auf dem Anwesen vergangen. Wir waren als die Sieger aus der Schlacht gegangen. Komisch, dass wir uns nicht darüber gefreut hatten.
    Ich sah mich in meinem Zimmer um. Es war einst mein Zuhause gewesen. Jetzt erinnerte es mich nur noch an das, was ich nicht mehr war. Ich stand auf. Ich war wieder stark. Sie hatten mich erst nach einer Woche wieder aus dem Krankenhaus entlassen. Geheilt war ich natürlich innerhalb von Tagen gewesen– eine Tatsache, die die Grigori-Ärzte geheim gehalten hatten–

Weitere Kostenlose Bücher