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Entfesselte Energien (Band 1)

Entfesselte Energien (Band 1)

Titel: Entfesselte Energien (Band 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Collmann
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der Türe gelauscht hatte – fand sie ihr ‘‘Kindle’’ so stehen, wie man Tränen weint, von denen man selbst nichts weiß. „ Ach Liebsch !“, flüsterte sie und ging gleich wieder hinaus.
    Warum weinte sie? Weil sie zerbrach unter der Größe dessen, dem sie sich verschrieben hatte? Weil sie ihn liebte , wie ein Backfisch seinen Lehrer liebt! Weil sie ihr Gesicht – ihre Lippen – ihre Augen in seine Hände gepresst hatte und gewünscht hatte: Nur dies noch im Leben!
    Nein, s ie raffte sich auf und ballte die kleinen Fäuste. Nein – Schluss jetzt damit! Mehr im Leben will ich erreichen! Ein reichhaltigeres, intensiveres Leben führen, aber auch will ich herankommen an ihn, an seine Vorherrschaft in diesem Gebiet. Mich befreien von dieser männerbasierenden Vormachtstellung und selbst die Dinge in die Hand nehmen!
     
     
     
    Tess traf Franz auf der Straße. „Hast du ein bisschen Zeit für mich?“
    „ Eben nicht, ich muss zu unserem Haus. Irgend so ein Verbindungsrummel! Besprechung wegen des Festes morgen.“
    „ Komm nachher noch mal zu mir, ja? Eben über das Fest müssen auch wir sprechen.“
    Und Franz kam. Er war aber gar nicht mehr der fröhliche Jung-Siegfried.
    „Was ist denn los, Franz?“, fragte Tess gleich. „Wer brummt denn so hier ins Zimmer?“
    „ Ach, diese blöde Wirtschaft! Gehen wollen sie mir beibringen! Ein richtiges ‘‘Benehmen’’! Diese Lackffen!“
    Tess lachte hell auf. „Nu schimpf nicht, Franzl! Das ist alles nicht so blöd.“
    „ Ich will doch nicht auch so ein Affe werden!“
    „ Brauchst du auch nicht!“ Tess lachte noch ein Stückchen, wobei sie ihren Körper ziemlich tief beugte, dann schnellte sie wieder auf, legte ihren bloßen, festen Arm um seine Schulter und ging mit ihm im Gleichschritt durchs Zimmer. „Man braucht sich nicht gut zu benehmen, das ist alles gleichgültig. Ich bin die Letzte, die Wert darauf legt, das weißt du.“
    „ Ja, ja.“ Das kam schon ein bisschen freundlicher heraus.
    „ Nu lach mal wieder! Oder soll ich dir eine Reinboxen?“
    „ Nein!“ Einmal lachte er kurz auf.
    „ Also weißt du, das wollte ich dir schon immer mal sagen, Franz. – Komm, wir setzen uns hier aufs Sofa! – Benehmen kann man sich, wie man will. Oft sind es die intelligentesten Menschen, die sich am wenigsten benehmen können. Aber, wenn man wirken will unter den Menschen, wenn man große Pläne hat – und das haben wir beiden zweifelsfrei – dann muss man wissen, wie es in der Gesellschaft zugeht. Man muss sich in ihr gut und zwanglos Bewegen können, nur dann ist man frei. Ich würde an deiner Stelle jede, aber auch jede sich bietende Gelegenheit nutzen, um auf diesem Gebiet etwas zu lernen.“
    Franz dachte nach. „Ja, wie meinst du denn das? Wo hab ich denn mal …“
    Tess lachte. „Nur zum Beispiel die Mütze so – hui!“ Eine sehr drastische Geste vollendete den Satz.
    Jetzt bleckte auch der Siegfried wieder die Zähne. „Und weiter!“
    „ Nu – und dann sich so auf die Tischkante setzen und die Staken kilometerweit in die Bude strecken! Oder – den Stuhl unter das Hinterteil ziehen und mit ihm zusammen an den Tisch rutschen!“
    Die beiden lachten minutenlang so, dass sie sich nach verschiedenen Seiten hin krümmen mussten.
    „So, jetzt weiß ich auch, warum du damals am Abend so aus dem Fenster gelacht hast“, rief er, als er wieder zu Atem kam.
    „ Ja, aber das war’s ja nicht, was ich dir sagen wollte, Franz.“ Tess war im Nu wieder ernst. „Morgen ist das Fest, da müssen wir uns ganz korrekt und tadellos benehmen, denn es kann leicht sein, dass es irgendwelche Komplikationen gibt.“
    „ Meinst du in Betreff …“
    „ Also ich wollte dir sagen: Morgen ist der Ehrentag unseres Lehrers, das ganze Fest ist eigentlich nur für ihn. Morgens um neun ist der feierlicher Akt in der Aula.“
    „ Einführung?“
    „ Ritterschlag! – Wie ich mich auf morgen freue! Die Erfüllung all unsrer Wünsche. Wir müssen alle vollzählig erscheinen.“
    „ Wer noch?“
    „ Nun, Ebersbach! Mit ihm hab ich schon gesprochen. Er wiederum soll mit den anderen aus Riemenschneiders Praktikum sprechen. Wir müssen scharf aufpassen, dürfen ihn niemals aus dem Auge verlieren. Vor allem immer darauf achten, ob jemand besonderes Interesse an ihm nimmt, ihn in irgendeiner Form beobachtet. Es kann sein, dass wir morgen etwas herausbekommen. Ebersbach hat so seine bestimmten Verdachtsmomente, die irgendwie nach Westen über den Ozean

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