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Entrissen

Entrissen

Titel: Entrissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
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»Keine Ahnung. Obwohl, doch. Ich weiß es noch.« Ihre Hände auf dem Tisch begannen zu zittern. »Ich ...« Sie senkte den Kopf, ihre Haare fielen nach vorn und verdeckten ihr Gesicht.
    Phil wartete. Inzwischen hatte Sophie einen Punkt erreicht, an den fast alle Verdächtigen, die er bis jetzt vernommen hatte, irgendwann kamen. Egal was sie getan oder erlitten hatten, sie wollten sich alles von der Seele reden. Endlich alles offen aussprechen. Die Last abwerfen. Dass ihr Zuhörer dann das Gewicht ihrer Schuld oder ihres Leids mittragen musste, war ihnen egal.
    Aber Phil würde ihr den Gefallen nicht tun. Er musste immer an Clayton denken und was sie ihm angetan hatte. Sie sprach weiter. »Er ...«
    Phils Stimme war kaum lauter als ein Flüstern. »Er hat Sie geschwängert.«
    Sie nickte mit gesenktem Kopf. Ihre Haare schwangen vor und zurück.
    »Und was dann?« Phils Tonfall war behutsam und mitfühlend. »Haben Sie das Baby bekommen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Es ... ist gestorben. In meinem Bauch. Es war nicht ... war nicht stark genug, hat er gesagt ...«
    Phil spürte, wie Zorn und Verwirrung bei ihm zunahmen. Sophie hatte schreckliche Dinge getan, aber sie waren nicht aus heiterem Himmel passiert. Jemand hatte sie zu dem gemacht, der sie war. Und dieser Mann war ein Monster.
    Phil schluckte seine Emotionen herunter. Er durfte kein Mitleid für sie empfinden, ganz gleich, was sie durchlitten hatte. Er durfte gar nichts empfinden. Die Maske des kühlen Profis durfte nicht verrutschen.
    »Sie haben das Baby verloren.«
    Sie nickte.
    »Und dann?«
    »Ich hatte genug. Ich hab mir Tabletten besorgt ...« Ihre Schultern begannen zu beben, ihr Atem wurde unregelmäßig, und zwischen ihre Worte mischte sich ein Schluchzen. »Heston hat mich gefunden und mir den Finger in den Hals gesteckt. Hat mich gerettet ... so muss man es wohl nennen. Dann haben wir geredet.« Sie sah auf, das Gesicht tränenüberströmt, die Augen rotgerändert. »Und da hab ich gewusst, dass ich wegmuss. Was hätte mir denn Schlimmes passieren können? Nichts. Das Schlimmste
war
ja schon passiert. Also hab ich ... ich hab mich stark gefühlt danach. Wie neugeboren. Ich hab Heston gesagt, ich würde abhauen. Und er hat gesagt, er würde mir helfen.«
    »Warum ist er nicht mit Ihnen gekommen?«
    »Weil... weil irgendjemand dableiben musste. Sich um unseren Vater kümmern.« Sie sprach die Worte mit schlichter Klarheit.
    »Na gut«, sagte Phil. »Sie sind also von zu Hause weggelaufen. Und Heston ist zurückgeblieben.« Sophie nickte.
    »Was ist mit ihm geschehen? Als Ihr Vater herausgefunden hat, dass Sie weg waren?«
    Ein bitteres Lachen. »Er ist ausgerastet. Komplett ausgerastet. Er wollte mich in die Finger kriegen, aber das ging ja nicht. Er hat versucht, rauszufinden, wo ich hin war, aber Heston hat's ihm nicht gesagt, weil er es selbst nicht wusste. Das hat meinen Vater aber nicht davon abgehalten, es zu versuchen. Hat ihn fast totgeprügelt.« Sie kicherte wie ein kleines Mädchen, als wäre die Erinnerung so grauenhaft, dass sie nicht wusste, wie sie sonst darauf reagieren sollte. »Heston wäre fast dabei draufgegangen.« Sie seufzte. »Aber er hat's überlebt.«
    »Und er ist immer noch dort?«
    »Heston?«
    Phil nickte. »Ja.«
    »Irgendwie schon ...«
    »Was soll das heißen, irgendwie schon?«
    Sie sah über seine linke Schulter an ihm vorbei und antwortete nicht. Phil beschloss, da nicht weiter nachzuhaken, und fuhr mit der Befragung fort.
    »Und dann sind Sie nach Colchester gekommen. Und Sie haben angefangen -«
    »Sie wissen doch Bescheid über mich.« Plötzlich war sie ungehalten. »Sie wissen genau, was ich seitdem gemacht hab.«
    »Was ist mit Ihrem Bruder? Wie ist es ihm ergangen?«
    Sie legte den Kopf zurück. »Die Dinge haben sich geändert. Das Dorf. Wie Sie gesagt haben, es war nicht mehr so abgeschieden wie früher. Viele Leute aus der Stadt sind raus aufs Land gezogen. Häuser wurden gebaut. Neubaugebiete. Luxushäuser. « Sie spuckte das Wort aus wie einen Wurm.
    »Ich wette, das hat Ihrem Vater nicht gepasst«, meinte Phil.
    Ein weiteres bitteres Lachen. »Ja. Die Leute haben ihn angesprochen, wollten freundlich sein ... er hat das gehasst. Er hasste Aufmerksamkeit. Und er hatte niemanden mehr, der ... seine Bedürfnisse befriedigte.«
    »Und was hat er dann gemacht?«
    »Hat Heston gezwungen, es zu tun.« Ihre Stimme klang sachlich. »Aber nicht einfach so. Mein Vater war schließlich nicht schwul.« Ein

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