Entrissen
Funkeln in ihren Augen. Er wusste, dass sie kurz davor war, ihr italienisches Temperament von der Leine zu lassen. »Allerdings«, sagte sie. »Sie haben mich hergebeten, damit ich meine professionelle Meinung äußere, und bis jetzt haben Sie nichts getan, als mich zu unterbrechen und abzukanzeln.«
Fenwick zuckte mit den Achseln. »Ja, aber eine Frau. Ich bitte Sie.«
»Ich wurde hergebeten, damit ich ein Täterprofil erstelle -« »Was Sie bis dato nicht getan haben. »Ich bin noch nicht mal einen Tag hier!« Fenwick baute sich vor Marina auf. »Wir haben einen Verdächtigen.«
»Ich bin nicht hier, um zu all Ihren Theorien ja und amen zu sagen.«
»Wollen Sie etwa nicht, dass wir ihn fassen?«
Marina sah ihm direkt in die Augen. Sie weigerte sich, klein beizugeben. »Ich will, dass Sie den Richtigen fassen.«
Fenwick öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, doch Phil war aufgestanden. »Sir.«
Fenwick drehte sich um.
Phil ließ seinen Blick über die übrigen Anwesenden schweifen. Das, was er gleich zu sagen hatte, war ihm nicht angenehm, aber Fenwicks Verhalten ließ ihm keine Wahl. »Mit Verlaub, Sir, ich leite diese Ermittlungen, und Ihre Bemerkungen sind alles andere als hilfreich.«
Fenwick starrte Phil an, als hätte er ihm am liebsten einen Faustschlag mitten ins Gesicht versetzt. Er legte eine Hand auf Phils Schulter und schob ihn in Richtung Tür davon. »Kommen Sie mit.«
Die beiden Männer traten hinaus auf den Flur. Die anderen starrten ihnen nach.
Sobald sie draußen waren, ging Fenwick auf Phil los. »Ich habe sie hinzugezogen, damit sie uns ein Profil liefert, damit wir den Mörder fassen - was sie bis jetzt noch nicht getan hat. Stattdessen wartet sie mit diesem Unsinn auf und versucht, die Ermittlungen zu sabotieren!«
»Was sie gesagt hat, hatte Hand und Fuß. Ich möchte sie zumindest anhören.«
»Wir haben einen Verdächtigen, den wir jederzeit verhaften können. Sie versucht doch bloß, Sie davon abzubringen!«
»Trotzdem sollten wir hören, was sie zu sagen hat.«
Fenwick schnaubte verächtlich. Sämtliche Gleichstellungsseminare und Regeln der politischen Korrektheit schienen vergessen. »Na klar. Ihnen kann sie ja auftischen, was sie will. Sie wickelt Sie doch um den kleinen Finger. Und wir wissen auch ganz genau, warum, nicht wahr?«
Phil spürte, wie sich seine Hände wie von selbst zu Fäusten ballten. Sein Atem beschleunigte sich. Er beherrschte sich nur mühsam.
»Wie gesagt, das hier ist mein Fall, Sir. Und ich leite die Ermittlungen so, wie ich es für richtig halte. Ihre Kommentare helfen uns nicht weiter. Im Gegenteil, Ihr Verhalten ist untragbar, Vorgesetzter hin oder her.«
Fenwick schwieg erbost.
»Ich gehe jetzt wieder rein«, sagte Phil, »um mit der Besprechung fortzufahren. Kommen Sie mit?«
Fenwick begegnete Phils Blick für ein oder zwei Sekunden, dann drehte er sich um und ging davon.
Phil sah ihm nach, dann holte er tief Luft, stieß sie geräuschvoll wieder aus und kehrte in die Bar zurück.
22
»Ich fürchte, DCI Fenwick wird unserer Runde für den Augenblick fernbleiben«, sagte Phil, darum bemüht, seine Stimme so beiläufig wie möglich klingen zu lassen. »Also lassen Sie uns weitermachen, damit wir endlich alle nach Hause gehen können. Wo waren wir stehengeblieben?«
Sein Team sah ihn mit großen Augen an. Er wusste, was sie dachten: War er etwa gegen seinen Vorgesetzten handgreiflich geworden? Hatten die beiden Männer sich geprügelt? Innerhalb von Minuten würde sich das Gerücht wie ein Lauffeuer auf dem ganzen Revier verbreiten.
»Marina?«, sagte Phil. »Was sagtest du gerade?«
Marina sah ihn mit einem undeutbaren Ausdruck an. War das Bewunderung? Oder Ärger? Dann blickte sie auf ihre Unterlagen.
»Äh ... also ... ja. Hier. Was sagte ich gerade? Genau. Eskalation. Wenn Sie sich diese Frauen ansehen - Lisa King, Susie Evans, Claire Fielding -, dann können wir, mit der traurigen Ausnahme von Julie Simpson, ganz klar eine Eskalation erkennen.«
»Die ersten Male hat er noch geübt, oder es hat nicht so funktioniert, wie er es sich vorgestellt hat«, sagte Phil, der so schnell wie möglich wieder zur Normalität zurückkommen wollte. »Er hat seine Technik kontinuierlich verfeinert.«
Marina nickte. »Der Täter will unbedingt ein Baby. Ein lebendiges. Und wenn das der Fall ist, dann sind die Frauen für den Killer nichts weiter als Gebärmaschinen. Leihmütter.«
»Aber warum stiehlt er nicht einfach irgendwo ein
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