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Entschuldigen Sie Meine Stoerung

Entschuldigen Sie Meine Stoerung

Titel: Entschuldigen Sie Meine Stoerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan-Uwe Fitz
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oder ich rufe Ihnen einen Krankenwagen, der Sie in die nächste staatliche Einrichtung fährt. Dort wird man Sie garantiert aufnehmen.«
    »Ich möchte aber so gern in Ihrer Klinik geheilt werden«, bettele ich kleinlaut.
    »Keine Chance.«
    »Habe ich Bedenkzeit?«
    »Nein.«
    »Aber ich bin wirklich gestört.«
    »Das glaube ich Ihnen ja. Nur: Bei uns sind Sie falsch, ich rufe Ihnen einen Krankenwagen.«
    »Nein, lassen Sie. Ich kümmere mich selbst um ein anderes Krankenhaus.«
    Wenn ich jetzt woanders eingeliefert werde, kann ich die entspannten Wochen in der Privatklinik vergessen. Wenn es auf ehrliche Art nicht geht, muss ich eben zu illegalen Mitteln greifen. Aber es muss diese Klinik sein. Das schwöre ich mir.
    »Schön, dass Sie endlich Einsicht zeigen«, redet Dr. Möbius besänftigend auf mich ein, als wir die Drehtür am Ausgang erreichen. »Wenn Sie mal richtig viel Geld verdienen, können Sie gern wiederkommen. Auch wenn Sie sich dann kerngesund fühlen sollten. Wir haben hier viele Patienten, die kerngesund sind und die wir trotzdem für viel Geld behandeln.«
    »Herr Doktor«, schaltet sich die Empfangsdame rügend ein. »Sie sollen doch nicht immer so erfrischend ehrlich sein.«
    »Ach«, winkt der Doktor ab, »unser Freund wird das für sich behalten, oder?« Er knufft mir konspirativ in die Seite, ich giggle albern und versichere: »Aber natürlich.« Dann bin ich auch schon in der Drehtür am Eingang. Der Arzt gibt mir einen leichten Stoß und katapultiert mich in die Freiheit. Einen Sturz kann ich noch gerade eben verhindern.
    Da stehe ich also wieder vor der Klinik. Ich sauge die kalte Luft ein, schlage den Kragen hoch und gehe ein paar Schritte von der Klinik weg, während mir Dr. Möbius mit Tobias und Thomas nachblickt. Sollen die sich nur in Sicherheit wiegen. Als ich aus ihrem Blickfeld bin, drehe ich mich noch einmal um, schaue zum Eingang zurück und grinse diabolisch. Denn natürlich zeige ich keinerlei Einsicht. Im Gegenteil, Herr Doktor. Sie haben meinen Ehrgeiz geweckt. Ich will in diese Klinik hinein. Und das werde ich schaffen. So wahr ich meinen Namen vergessen habe.

Tag 2
    Was für eine Nacht. Jeder Knochen tut mir weh. Laub und Äste sind keine Taschenfederkernmatratze, die erwartet mich erst in meinem Einzelzimmer in der Klinik. Sobald ich einen Weg gefunden habe, doch noch einen Platz zu ergattern. Ich in einer staatlichen Einrichtung? So weit kommt’s noch. Wenn ich schon krank bin, dann möchte ich es auch gut haben. Ich habe es gesund schon schlecht genug gehabt. Das staatliche Gesundheitssystem schreckt mich ab. Der Staat hat kein Interesse daran, die Psyche des Bürgers zu heilen, er möchte ihn zu einem willfährigen, kritiklosen Gesellen machen, der zu allem Ja und Amen sagt. Aber so einer bin ich schon. Dafür muss ich nicht in eine Klinik. In einer Privatklinik hingegen, ja, da wird aus mir ein neuer Mensch werden, ganz sicher. Und falls nicht, habe ich es wenigstens bequem. Einzelzimmer. Riesiges Frühstücksbuffet. Opulente Mittags- und Abendmahlzeiten. Spaziergänge in der Natur. Schöne Sache. Wenn ich erst einmal in der Klinik bin, kriegt mich so schnell niemand mehr raus.
    Ich wäre doch bekloppt, würde ich freiwillig ein staatliches Vierbettzimmer beziehen. Keine fünf Minuten hielte ich es in einem Raum mit drei anderen Menschen aus. Und die nicht mit mir. Ständig würden sie mich anbrüllen: »Raus aus dem Zimmer, du Sau!« Und ich würde zurückbrüllen: »Ich wollte ja gar nicht hier rein! Ich wollte eigentlich in eine Privatklinik!«
    Auch wenn sich die Klinik im Wald und nicht an der Oper noch so sehr meinem Willen verschließt, gibt es Mittel und Wege, meinen Willen durchzusetzen. Ich muss in diese private Nervenklinik hinein. Koste es, was es wolle. OK , koste es nicht, was es wolle, ich habe schließlich kein Geld. Koste es am besten überhaupt nichts. Deshalb ist alles erlaubt, was mich zum Patienten dieser Einrichtung macht. Selbst wenn es gegen das Gesetz verstößt. Und solange es kein Geld kostet. Natürlich. Koste es, was es wolle, nur eben kein Geld.
    Ich wälze mich aus dem Laub, stehe auf und klopfe den Dreck des Waldbodens von mir ab. Unweigerlich denke ich an Filme, die von erfolgreichen Einbrüchen erzählen: Oceans Eleven , Oceans Twelve , Oceans Watweißichwieviel . Perfekte Anleitungen, wie man eine vermeintlich uneinnehmbare Festung am Ende doch noch einnimmt. Die wichtigste Lehre: Als Einzelperson geht es nicht. Ein Team aus

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