Entspannt wie ein Buddha
verließ er auch seinen zweiten Lehrer.
Siddhartha wollte nun auf eigene Faust einen Weg finden, der ihm dauerhaft über sein Unglücklichsein hinweghalf. Als Erstes probierte er es mit Askese. Er schloss sich einer kleinen Gruppe an, die sich dem bedürfnislosen Leben verschrieben hatte. Mit größter Entschlossenheit entsagte er allen Annehmlichkeiten. Siddhartha nahm so wenig Nahrung zu sich, dass er fast verhungerte. Schließlich musste er einsehen, dass auch auf diesem Weg kein Glück zu finden war. Er nahm wieder in vernünftiger Weise Nahrung zu sich. Enttäuscht wandten sich die anderen von ihm ab; denn sie hatten ihm zugetraut, dass er es schaffen würde, durch Askese die endgültige Befreiung vom Leiden zu erfahren.
Etwas ratlos überlegte Siddhartha, was er noch tun könnte. Er dachte darüber nach, wann er in seinem Leben jemals glücklich gewesen war. Da fiel ihm ein, dass er als Kind, im Schatten eines Baumes sitzend, vollkommen zufrieden war. Nichts hatte ihm gefehlt. Er hatte sich nicht mit unglücklichenGedanken gequält. Dies schienen ihm Anhaltspunkte für sein Ziel zu sein. Er begann, aufmerksam seine Gedanken zu beobachten. Da sie ihn offenbar bedrückten, änderte er sie so lange, bis sie einerseits den Tatsachen entsprachen und ihn andererseits beglückten oder wenigstens beruhigten.
Nachdem er viele Monate sein Denken untersucht und, wenn nötig, in eine andere Richtung gelenkt hatte, stellte er fest, dass ihn nichts mehr erschüttern konnte. Mehr noch: Er hatte eine dauerhafte Zufriedenheit erlangt, die sogar anderen sofort auffiel. Seine Gesichtszüge waren entspannt. Oft lächelte er.
Siddhartha kehrte zu der Gruppe der Asketen zurück, die er verlassen hatte. Erst wiesen sie ihn aufgrund ihrer anhaltenden Enttäuschung ab. Dann aber interessierten sie sich für das, was er gefunden hatte; denn es war so offensichtlich, dass er sich positiv veränderte hatte. Als sie seine Methode kennenlernten, überzeugte sie dieser Weg so sehr, dass sie sich Siddhartha – der in der Folgezeit meist der Buddha, das heißt der Erwachte, genannt wurde – anschlossen.
Siddhartha wollte auch seine beiden Meditationslehrer in seine neue Philosophie einführen. Diese waren aber bereits gestorben. Obwohl er anfangs Zweifel hatte, ob andere seinem Weg folgen wollten, hatte er sich dazu durchgerungen, seine Lehre zu verbreiten. Einige würden sie verstehen. So legte er in den folgenden 40 Jahren jedem, der sich für seine Methode interessierte, dar, was er tun müsste, um dieselbe Zufriedenheit und Ruhe zu erlangen.
Das Ende der Geschichte kennen Sie. Der Buddha überzeugte so viele Menschen von seinen Erkenntnissen, dass seine Lehre bis heute existiert.
Was sich daraus lernen lässt
Heute wird die buddhistische Lehre oft weitgehend gleichgesetzt mit der Meditationspraxis. Es existiert die Vorstellung, sich durch reine Achtsamkeit vom allgegenwärtigen Stress befreien zu können. Als ob es so leicht wäre!
Das Leben des Buddha bestätigt diese vereinfachte Sicht der Dinge nicht. Meist wird übersehen, dass er mehr für sein Glück und seine Gelassenheit getan hat, als nur zu meditieren. Zwar ist Bewusstheit die Voraussetzung, um wahrnehmen zu können, was nicht stimmt, und es dann klug zu ändern. Aber es ist eben nur der Anfang zum Besseren hin und nicht schon der ganze Weg.
Wäre Meditation, also Achtsamkeit allein, der Schlüssel für mehr Glück und Gelassenheit, hätte Siddhartha bei einem der beiden Meditationsmeister bleiben und dessen Nachfolger werden können. Er hatte jedoch erkannt, dass Meditation nur vorübergehend vom Leiden befreit.
Bereits bevor er gelernt hat zu meditieren, hatte Siddhartha einiges getan, was ihn seinem Ziel näher brachte. Und auch danach folgten noch mehrere entscheidende Schritte. Schauen wir uns das näher an:
Zuerst hat er sich aus den Verhältnissen gelöst, die ihn bedrückten, obwohl er rein äußerlich gesehen alle Freiheitengenoss. Er verließ seine Familie und gab den für ihn vorgesehenen Beruf auf. Dabei nahm er in Kauf, dass er keinerlei materielle Absicherungen hatte. Um seines Seelenfriedens willen ging Siddhartha erhebliche Risiken ein.
Er hatte mehrere Lehrer. Alles, was er als Kind und Heranwachsender gelernt hatte, konnte er später nutzen. Als Angehöriger einer privilegierten Schicht bekam er eine ausgezeichnete Ausbildung. Sein Vater war selbst ein gebildeter Mensch. Er leitete die Regierung seines Landes ebenso wie die Verwaltung. Außerdem
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