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ePub: Ashes, Ashes

ePub: Ashes, Ashes

Titel: ePub: Ashes, Ashes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Treggiari
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gehe als Seuchenopfer – als unheimlicher Sensenmann, für den Fall, dass mir jemand über den Weg läuft. Es ist unglaublich, was eine einfache schwarze Kutte ausrichten kann.« Ein breites Grinsen legte sich auf sein unterlaufenes Gesicht. »Allerdings ist das hier bloß eine Sichel. Sensen haben einen langen Stiel, um Köpfe abzumähen. Das wäre mir natürlich noch lieber gewesen.«
    »Jetzt mal Spaß beiseite. Wirst du sie benutzen?«, fragte sie.
    Sammys Miene wurde ernst. Lucy sah, wie sich die Muskeln an seinem Hals bewegten, und sie fragte sich, ob sein Mund ebenso trocken war wie ihrer.
    »Ich denke schon. Und du?«
    »Ich werde es tun, wenn es sein muss«, antwortete Lucy aufrichtig.
    Sie schob das Messer in ihre Tasche, dann schloss sie die Tür zur Schlafkammer und verriegelte sie. Die Tür zum Flur war geschlossen. Alles war still. Graues Licht sickerte durch die schweren Vorhänge herein.
    »Hast du irgendeine Vorstellung, wie viel Uhr es ist?«, erkundigte sich Lucy.
    »Etwa halb zwölf Uhr nachts«, antwortete Sammy.
    »Die Nacht des folgenden Tags nach unserem Aufbruch?«
    Sammy nickte. »Was ist los? Hast du dein Zeitgefühl verloren?«
    Kein Wunder, dass sie immer noch erschöpft war! Lucy versuchte zu rechnen: Die Schlaftabletten hatten sie für etwa sechzehn Stunden außer Gefecht gesetzt. »Keine Sorge«, antwortete sie. »Immerhin bin ich noch fit genug, um dich zu Boden zu werfen.«
    »Du hast mich hinterrücks angesprungen«, entgegnete Sammy vorwurfsvoll.
    »Ich habe nicht den Eindruck, dass hier insgesamt fair gespielt wird. Stell dich besser auf ein paar weitere Fouls ein.« Sie sah sich in dem Raum um. »Ist dir auf dem Weg hierher jemand begegnet?«
    Sammy schüttelte den Kopf. »Niemand. Nur die Hunde haben wie verrückt gebellt. Wahrscheinlich haben sie mich gewittert.«
    »Aber sie sind doch irgendwo eingesperrt, oder?«
    »Im Keller, nehme ich an. Del hat etwas von Zwingern gesagt.«
    Lucy lief Richtung Schreibtisch. Ihr Rucksack lag noch unter dem Sessel. Sie schulterte ihn und sah sich nach ihrem Speer um, konnte ihn aber nirgends entdecken. Dann erinnerte sie sich, dass Del ihn ihr aus der Hand geschlagen hatte, und ballte die Fäuste.
    Ihre Akte lag immer noch auf dem Schreibtisch. Dahinter stand der Schrank mit der Kühleinrichtung. Lucy starrte den Ordner an – wie viele Informationen ohne ihr Wissen über sie zusammengetragen worden waren! Und allem Anschein nach befanden sich im Kühlschrank mindestens acht neue Ampullen ihres Bluts. Ihr war schlecht. Obwohl sie Dr. Lessing ihr Einverständnis nicht gegeben hatte, hatte die Ärztin ihre eigenen Pläne durchgezogen. Sie hatte Lucy einfach ausgebremst. Lucy rieb sich die Arme. Die Einstiche juckten.
    »Del holt die restlichen Kinder. Weißt du vielleicht, wo Aidan ist?«, fragte Sammy.
    »Ich hoffe, er ist noch nebenan. Möglicherweise ist jemand bei ihm. Aber gib mir bitte noch einen Augenblick Zeit. Für etwas Wichtiges.«
    Sammy warf einen Blick durch den Raum. »Mir ist auf dem Weg hierher zwar niemand begegnet«, sagte er, »aber es gibt doch bestimmt Wachen, oder?«
    »Allzu viele können es nicht sein. Offenbar sind einige der Sweeper abgesprungen. Vielleicht sind es noch zehn. Und mit einer Befreiungsaktion werden sie nicht rechnen.« Lucy legte ihre Hand auf seinen Arm. »Es geht wirklich um etwas sehr Wichtiges.«
    Sammy nickte. »Na gut, aber beeil dich! Je schneller wir hier weg sind, desto besser.«
    Lucy stand vor dem Schreibtisch und versuchte ihr Gehirn in Gang zu setzen. Was hier lief, war nicht fair. Sie wollte selbst entscheiden, was mit ihr geschah. Aber vielleicht besaß sie ja wirklich eine Gnade der Natur, die mehr zählte als sie selbst? Sie dachte an ihre Eltern und ihre Schwester und ihren Bruder, an Leo und an die schrecklichen Schmerzen, die er hatte erleiden müssen. Sie alle wären vielleicht noch am Leben, wenn man aus ihrem Blut ein Mittel hergestellt hätte. Andererseits, überlegte sie, wäre Leo gar nicht erst krank geworden, wenn Dr. Lessing ihn nicht im Namen eines unverantwortlichen Experiments infiziert hätte. Hinter die moralischen Beweggründe dieser Ärztin zu kommen, war unmöglich. Nur dass sich hier die Besessenheit einer Einzelkämpferin Bahn brach – dessen war sich Lucy sicher.
    Und Lucy hatte es in der Hand, das zu ändern.
    Im Kühlschrank lagerten Ampullen mit ihrem Blut, und sie erinnerte sich, dass die Ärztin von einer synthetischen Kopie gesprochen hatte. Die Frage

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