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ePub: Ashes, Ashes

ePub: Ashes, Ashes

Titel: ePub: Ashes, Ashes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Treggiari
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dorthin geführt hatten, düster und nur von ein paar Glühbirnen erleuchtet. Eine endlos lange Wendeltreppe führte den Turm hinauf. Irgendwie hatte Del eine Tür nach draußen gefunden, und nachdem sie stundenlang in der Dunkelheit umhergeirrt war, hatte sie sich schließlich orientieren können und war von der Insel geflohen. Was mit Leo und den anderen geschehen war, wusste sie nicht, da sie frühzeitig von ihnen getrennt worden war. Sie erzählte nur, dass Leo zu diesem Zeitpunkt immer noch bewusstlos gewesen war und dass die Sweeper ihn aus dem Van heraustragen mussten. An dieser Stelle hatte Del zu schluchzen begonnen, und Grammalie Rose hatte die Befragung beendet, Del in die Arme genommen und sie vom Platz gebracht.
    Später hatte Aidan sie unter vier Augen weiter befragt und gehofft, dass sie ein paar Einzelheiten berichten konnte, über den Turm, das Krankenhaus und darüber, wie man auf die Insel kam und wie wieder herunter. Aber Del hatte nur den Kopf geschüttelt und die Lippen aufeinandergepresst. »Es war dunkel. Und ich hatte Angst«, hatte sie geantwortet und sich die Handgelenke gerieben. Und am nächsten Tag, als ein Trupp dazu eingeteilt wurde, im strömenden Regen die Deiche entlang der Kanäle mit Schuttsäcken und Trümmerresten zu erhöhen, war Del noch stiller gewesen. Aidans Fragen und Henrys Flirtversuche hatte sie mit Schweigen und kaum wahrnehmbarem Lächeln beantwortet. Nur wenn sie Lucy ansah, erschien ein Flackern auf ihrem Gesicht. Es wirkte fast wie Angst.
    Lucy hatte Aidan genau beobachtet. Offenbar war er sehr besorgt und konnte Del kaum aus den Augen lassen. Lucy musste daran denken, wie er beim Tanzen plötzlich ihre Hand losgelassen hatte und zurückgewichen war. Wie schockiert sein Gesichtsausdruck gewesen war, so, als wenn er gerade aufgewacht wäre und bemerkt hätte, dass das Mädchen, von dem er geträumt hatte, ein anderes war als das, dem er sich gegenübersah. Lucy war sich ziemlich sicher, dass zwischen Aidan und Del irgendetwas lief, aber sie hatte noch nicht herausgefunden, ob es mehr als Freundschaft war.
    »Das dynamische Duo«, nannte Henry sie. »Einfach unzertrennlich.«
    Lucy konnte bei dem Versuch, einen Funken Eifersucht zu unterdrücken, keinen restlosen Erfolg verbuchen. Wieder dachte sie darüber nach, was Aidan ihr während des Tanzes hatte sagen wollen. »Lucy, du bist wirklich ...«, hatte er geflüstert.
    Wirklich was denn? Wirklich merkwürdig? Wirklich ungeschickt? Wirklich schlecht gestylt? Oder etwa – wirklich umwerfend? Das war zwar grundsätzlich möglich – aber nicht gerade wahrscheinlich.
    Und aus Del wurde sie in dieser Sache auch nicht schlauer.Sie war unkonzentriert, noch unfreundlicher als sonst – sofern das möglich war – und warf ihr immer wieder böse Blicke zu. Wie heute früh zum Beispiel, als sie für das Mittagessen Tomaten gepflückt und Erbsen geschält hatten. Del hatte zwar kaum ein Wort gesagt, aber ganz offensichtlich war sie genervt, weil sie zusammenarbeiten mussten. Lucy hatte beschlossen, sie nicht zu beachten und sich stattdessen auf ihre erste Jagd zu konzentrieren, die ihr bevorstand.
    Jetzt bewegte sich etwas in dem großen Dornbusch vor ihr. Lucy hob langsam ihren Bogen. Aidans Bogen, um genau zu sein. Ein Halbmond aus glatter Roteiche, der durch Olivenöl zum Glänzen gebracht worden war. Aidan hob die Hand.
    Ein Vogel , formte er lautlos mit den Lippen und machte eine beschwichtigende Geste. Er hatte recht. Auf Vögel anzulegen, hatte keinen Sinn. Sie waren schwer zu treffen, oft krank, und Pfeile zu vergeuden, konnten sie sich nicht leisten. Manche der Jäger schossen auf Rehe – wenn sie denn das Glück hatten, eines aufzustöbern. Allein bei dem Gedanken an einen Rehbraten lief Lucy das Wasser im Mund zusammen. Sie barg ihr Kinn in ihrer Armbeuge, sah zu, wie eine Reihe Ameisen kleine weiße Eier von einem Loch zu einem anderen trugen, und unterdrückte ein Gähnen.
    Vorhin, als sie auf dem Hügel angekommen waren, hatte Aidan sich neben ihr ins Gras gesetzt. Er hatte ihr den Bogen gespannt und Lucy gezeigt, wie sie prüfen konnte, ob die Pfeile gerade waren. Acht Stück aus elastischer Esche hatte sie dabei. Die Spitzen waren nadelscharf und im Feuer gehärtet worden, die Flugfedern bestanden aus biegsamen Plastikteilen. Lucy hatte Aidans Nähe genossen. Es hatte ihr Spaß gemacht, seinen geschickten braunen Händen zuzusehen und das konzentrierte Stirnrunzeln zu beobachten, mit dem er ihr die Dinge

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