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ePub: Ashes, Ashes

ePub: Ashes, Ashes

Titel: ePub: Ashes, Ashes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Treggiari
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Wutanfall. »Ich habe aber vier geschossen! Wo ist das vierte? Meinst du, das ist so einfach?«
    »Offensichtlich nicht. Ich habe es jedenfalls nicht geschafft«, antwortete Lucy. Ihre Wangen brannten, dennoch sah sie Del in die Augen. Was war mit diesem Mädchen nur los? »Ich habe das vierte gesucht, aber ich konnte es nicht finden.«
    Del schnaubte. Sie zog ihren Handschuh aus und bewegte die Hand. Die Hautabschürfungen an ihrem Gelenk schienen sich entzündet zu haben. Wieder fragte sich Lucy, wie sie die Handschellen allein hatte ablegen können.
    Del nahm ihren Bogen vom Rücken und drückte ihn Lucy in die Hand. »Halt mal!«
    Sie stapfte davon, schlug mit ihrem Köcher durch das hohe Gras und kroch unter die Äste eines Baums, die bis auf den Boden herabhingen.
    Lucy hielt den Bogen fest und ihre Finger umklammerten das Holz. Die Kaninchen waren jetzt kalt und ihre Augen hatten sich eingetrübt. Sie war wütend, und ein bisschen schlecht war ihr auch.
    »Gib sie mir«, sagte Aidan. Er stand auf und reckte sich. Ohne einen Blick auf seinen schlanken Körper zu werfen, reichte Lucy ihm die Kaninchen. Aidan öffnete den Leinenbeutel, den sie mitgenommen hatten, und schob die toten Tiere hinein.
    »Hör mal«, sagte er. »Del meint es nicht so. Sie kann nicht aus ihrer Haut. Sie muss immer sagen, was sie denkt. Sie hat eine Menge mitgemacht ...« Er verstummte und sah unbehaglich drein. Der verständnisvolle Ton seiner Stimme brachte Lucys Augen zum Brennen. Sie konzentrierte sich auf ihre abgewetzten Stiefelspitzen.
    »Hey«, sagte er sanft. Er wollte ihren Arm berühren, reichte aber nicht weit genug und streichelte die Luft zwischen ihnen. Lucy konnte es dennoch fühlen. Sie kam einen Schritt näher.
    Aidan fasste unter ihr Kinn und hob ihr Gesicht. Noch nie hatte Lucy seine Augen aus solcher Nähe gesehen. Sie waren dunkelgrün mit goldenen Punkten. Sie roch die Sonne in seinen Kleidern. Er lächelte und beugte sich noch weiter zu ihr. Lucy spürte, wie ihr schummrig wurde. Sie hätte schwören können, dass irgendwo Elektrizität knisterte. Gleich würde er sie küssen! Seine Lippen sahen so sanft aus!
    »Scheiße!«, schrie Del. Aidan erstarrte, und Lucy wich so hektisch zurück, dass sie über ihre eigenen Füße stolperte. Del war nur ein kleines Stück weit weg. Sie schwang ein Kaninchen in der Hand. Offensichtlich versuchte sie, ihren linken Fuß nicht zu belasten. »Ich glaube, ich habe mir den Fuß verknackst. In einem Kaninchenloch.« Sie verzog vor Schmerz das Gesicht, aber Lucy merkte genau, dass sich ihre Miene zu einem Lächeln wandelte, sobald Aidan zu ihr eilte. Sie schlang ihren Arm um seine Schulter, humpelte ein paar Schritte voran und drückte Lucy das letzte Kaninchen und ihren Köcher in die Hand. Mit dem Beutel, den Bogen und den Pfeilen beladen, lief Lucy den beiden nach. Sie sah, wie Del sich an Aidan klammerte und ihren schlanken Kopf an seine Brust lehnte. Ihre Hand lag auf seinem Herzen. Lucy lief schneller, überholte die beiden und rannte geradezu im Laufschritt zum Camp zurück.

14. KAPITEL

    Henry pfiff gern. Es waren harmlose kleine Liedchen, die Lucy schon nach einer Stunde schrecklich auf die Nerven gingen. Wenn sie das geahnt hätte, hätte sie sich bestimmt nicht für sein Team gemeldet. Allerdings waren die Alternativen wohl noch schlimmer: mit Connor und Scout zusammenarbeiten, die immer so eng ineinander verknotet waren, dass kein Blatt Papier zwischen sie passte, oder aber mit Del und Aidan. Seit dem gestrigen Nachmittag benahm sich Aidan äußerst merkwürdig und war sehr still. Er sah Lucy nicht einmal an. Und Del strahlte pure Wut aus, obwohl Lucy feststellte, dass es ihrem Knöchel auf wundersame Weise wieder besser ging.
    Del und Aidan arbeiteten auf der gegenüberliegenden Seite des Ackers, wo auch Sammy und die beiden anderen S’ans den Boden harkten. Lucy wusste jetzt, wie sie hießen: Beth und Ralph. Und endlich war sie auch in der Lage, mit ihnen zu sprechen, ohne dabei zu schaudern – zumindest nicht sichtbar. In ihrem Innersten hatte sie immer noch Angst davor, eines Tages mit entstellter, blutunterlaufener Haut aufzuwachen. Aber sie hatte auch bemerkt, dass die S’ans sich vonden anderen immer ein wenig absonderten, und das verursachte ihr ein schlechtes Gewissen.
    Henry war ganz in Ordnung – er war ein lustiger, netter Typ, der irgendwie Ähnlichkeit mit einer Comicfigur hatte und Lucy an ihren Bruder Rob erinnerte. Gleichzeitig war ihr aufgefallen,

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