Erbspione vogelfrei
außerordentlichen Fähigkeiten waren, hatte man dem Kommandeur verschwiegen. Uns genügte es schon, daß im engsten Kommandostab der GWA die tollsten Gerüchte und Befürchtungen umliefen.
Erst vor wenigen Wochen hatte man uns dezent zu verstehen gegeben, daß Leute, die den Gedankeninhalt anderer Menschen mühelos entziffern konnten, »eigentlich« als Menschheitsfeinde einzustufen seien.
Man hatte uns abschieben wollen, doch dann war der Mutantenangriff aus Sibirien erfolgt. Nun hatte man uns wieder dringend benötigt und wegen des Verdachtes, wir könnten vielleicht unsere parapsychische Macht mißbrauchen, um Entschuldigung gebeten.
Wir hatten auf dem Mond nichts gefunden. Hier waren weder menschliche noch nichtmenschliche Attentäter oder »Erbspione« eingesickert.
»Erbspione«, das war das neueste Schlagwort innerhalb einer von inneren Ängsten zerrissenen GWA-Führung. Die Geheimdienste der Europäer und Asiaten nagten an den Nerven des Alten herum; besonders die Russen meinten es auf Grund ihrer trüben Erfahrungen mit den Radiomonstren der Taiga überaus ernst. Sie hatten es am eigenen Leibe erfahren, wie es sein kann, wenn einer oder mehrere positive Mutanten in verbrecherischer Weise ihre übersinnliche Macht einsetzen.
Unsere Beteuerungen, daß solche Dinge für uns niemals in Frage kämen, hatte man erst akzeptiert, als man uns dringend brauchte. Niemand außer Hannibal und mir war in der Lage gewesen, den hypnosuggestiven Gewalten der Mutantengruppe Widerstand zu leisten oder sie rechtzeitig zu erkennen.
»Hallo, hören Sie noch?« vernahm ich Nikentraks Rufe. »Hal lo, HC-9, melden Sie sich!«
In seiner Stimme schwang Panik mit. Er wußte nur zu gut, was unser Tod bedeuten konnte – auch für ihn. Er hatte die Anweisung erhalten, uns ständig von einem mit Marsstrahlern bewaffneten Kommando begleiten zu lassen.
Er hatte den Auftrag auch korrekt ausführen wollen, aber ich hatte die Männer zu der riesigen US-Station am Fuße der Shoni an-Berge zurückgeschickt. Sie waren uns infolge ihrer ständigen Hirnwellenstrahlungen hinderlich gewesen.
Donald Nikentrak befand sich in keiner beneidenswerten Situation. Die Oberbefehlshaber der Internationalen Abwehrkoalition, der unser GWA-Chef als Erster Sekretär vorstand, ließen neuerdings nicht mehr mit sich spaßen. Es waren zu viele äußerst gefährliche Dinge geschehen.
Vor allem interessierten sich zu viele Leute für das Erbe des Mars. Dies war auch der Anlaß, weshalb der Begriff »Erbspione« entstanden war.
»Ja, Don, ich bin noch da«, entgegnete ich. »Okay, ich werde versuchen, das Zonta-Gehirn mit meinem Kodator zu beeinflussen. Es dürfte allerdings vergeblich sein. Sehen Sie zu, daß Sie auf der Oberfläche Ordnung schaffen. Wir werden uns mit den wenigen Überlebenden durchschlagen. Ich kenne eine Vielzahl von guten Wegen. Wenn Sie vor den Hauptzugängen die Lage bereinigt haben, geben Sie mir ein Funksignal. Ich peile Ihre Männer dann ein. Wo wir zu diesem Zeitpunkt sein werden, kann ich Ihnen jetzt noch nicht sagen. Ende.«
Ich schaltete ab. Die Ortungsgefahr war wirklich groß. Weiter vorn lud Hannibal seine Waffe nach.
»Wie viele Magazine hast du noch?« fragte er an.
Ich schaute auf den Gürtel meiner Kombination.
»Vier Vierundzwanziger halb und halb. Sieh dich schleunigst nach einigen Marsstrahlern um, mindestens aber nach Maschinenkarabinern.«
Der telepathische Kontakt gelang tadellos. Ich überlegte einige Augenblicke, ob es hier unten jemand oder etwas geben könnte, der oder das in der Lage war, die
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