Erfüllen Sie meinen Herzenswunsch, Mylord!
abgesehen von Mrs. Hobart natürlich. Obwohl ich kaum glaube, dass es sich für eine Dame geziemt, sich einfach von einem Mann herumtragen zu lassen …“
„Das ist genug, Julia“, unterbrach der Vater sie streng. „Sei nicht so vorlaut.“
Charlotte, die das Gespräch mitgehört hatte, gesellte sich zu ihnen. Mit ein wenig Geschick würde sie das Mädchen umstimmen, dessen war sie sich sicher. „Ich nehme an, du bist hier, um dir meine Schule anzusehen“, begann sie freundlich. „Das ist gut, denn ich benötige dringend Unterstützung, musst du wissen. Mir fehlt eine Lehrerin für die Kleinsten.“
Julia sah sie ungläubig an. „Weshalb denken Sie ausgerechnet an mich? Ich bin ungebildet. Jedenfalls sagt Papa das immer. Haben Sie keine Angst, dass ich die Kinder dazu verleite, Dinge zu tun, die Sie nicht gutheißen? Ich bin nämlich obendrein auch noch böse“, betonte das Mädchen stolz.
„Böse? Wer sagt denn so etwas von dir?“
Julia seufzte. „Es muss doch so sein, sonst würden nicht alle ständig auf mir herumhacken.“
„Ich bin sicher, dass du nicht böse bist“, versetzte Charlotte fest. „Vielleicht wäre es nicht verkehrt, wenn du von diesen Leuten fortkämst, die immerzu Fehler in deinem Verhalten finden. Ich brauche wirklich Hilfe für die Kleinen.“
„Meinen Sie das ernst?“
„Und ob. Du unterstützt mich, und ich helfe dir dabei, ein anderes Bild von dir selbst zu bekommen.“ Zum ersten Mal seit ihrer Ankunft erhellte sich Julias Miene, und Charlotte lächelte sie herzlich an. „Gilt die Abmachung?“
„Welche Abmachung?“
„Wir versuchen einen Monat, miteinander auszukommen, und wenn es dir bei uns nicht gefällt, werde ich deinen Papa bitten, dich abzuholen und eine Einrichtung für dich zu finden, die dir mehr zusagt.“ Sie schüttelte den Kopf. „Aber du hast ja die Schule noch nicht einmal besichtigt. Gütiger Himmel, das müssen wir sofort nachholen! Komm, wir sind fast da.“
Julia die Entscheidung selbst zu überlassen wirkte Wunder; plötzlich war das Mädchen fröhlich und umgänglich. Es ließ sich, nachdem die Dorfkinder heimgegangen waren, durch das Haus führen und staunte über den Ausblick auf das Meer, den man von vielen Zimmern aus hatte. Der Viscount war indessen sehr schweigsam geworden und folgte Charlotte und seiner Tochter mit nachdenklicher Miene.
Während Frances und Elizabeth ihrem jungen Gast anschließend die Schulräume zeigten, begaben sich Lord Darton und Charlotte in den Salon. Sie nahmen an einem kleinen runden Tisch Platz, und Betsy servierte den Tee.
„Weshalb haben Sie Julia erzählt, Sie bräuchten ihre Hilfe? Sie ist doch keine Lehrerin, sondern …“
„… die Tochter eines Viscount und die Enkelin eines Earl“, beendete Charlotte seinen Satz. „Und steht damit über solch niederen Beschäftigungen.“
„Darauf wollte ich nicht hinaus, Madam. Ich bin mir nur nicht sicher, was sie den Kindern beibringen wird.“
„Sie dürfen mir glauben, dass sie nicht unbeaufsichtigt bleibt.“ Charlotte goss Tee ein und reichte ihm die Tasse. „Wir müssen Julia davon überzeugen, dass sie gebraucht wird und dass wir sie ernst nehmen, Mylord. Indem ich sie um Hilfe bitte, zeige ich ihr, dass ich ihr vertraue.“
Er lächelte. „Eine weitere Lektion für mich?“
„Entschuldigung, Mylord, es steht mir nicht zu, Sie zu belehren und Ihre Fähigkeiten als Vater infrage zu stellen.“ Sie schob ihm den Teller mit dem Teegebäck hin.
„Ich habe Ihre Belehrungen bereits vermisst“, erwiderte er mit schelmisch funkelnden Augen und nahm sich einen Keks mit Zitronenglasur. „Lektion eins lautete, ich solle mehr Zeit mit Julia verbringen.“
„Oh.“ Im ersten Moment war Charlotte beschämt, doch dann straffte sie sich. „Aber mein Rat wird sicher kaum der Grund dafür gewesen sein, dass Sie sich wochenlang nicht zurückgemeldet haben.“
„Nein. Ich schrieb Ihnen, warum ich nicht kommen konnte, und schickte den Brief nach Easterley Manor, da ich davon ausging, dass Sie noch dort wohnen. Ich musste unverzüglich nach Malcomby Hall zurückreisen, da meine Tochter schwer erkrankt war. Leider fand ich keine Gelegenheit mehr, Ihrem Wunsch zu entsprechen und den Schmuck zu verkaufen. Ich dachte, ich könnte zwischendurch einen Juwelier aufsuchen, aber Julia ging es so schlecht, dass ich ihr Krankenzimmer zwei Wochen lang nicht zu verlassen wagte. Und dann wollte ich warten, bis sie kräftig genug war, um mich nach Parson’s End
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