Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück
betreten.« Egil rieb sich die Hände. »Weit kann es nicht sein, vielleicht drei Tage. Na, wie wär’s, willst du es nicht suchen? Du hast doch jetzt den Knorr von deinem Vater.«
»Für eine Fahrt, mehr nicht. Und die geht mit meinem Onkel nach Norwegen.« Ehe Leif weitersprach, blickte er sich verstohlen nach den Männern um. »Neugierig bin ich schon. Stell dir vor, ich würde ein neues Land entdecken wie mein Vater. Nicht auszudenken. Vielleicht könnte ich ja …« Er fasste Egils Handgelenk. »Also, nehmen wir mal an, meine Geschäfte am Königshof sind erfolgreich und Vater ist zufrieden mit mir, warum soll er mir sein Schiff nicht für eine zweite Fahrt überlassen? Und was kann ich dafür, wenn der Wind mich dann nach Westen abtreibt. Verstehst du?«
»Aber du musst mich mitnehmen.«
»Mein Wort drauf. Und bis dahin erzählst du keinem mehr von diesem Land. Nicht dass irgendeiner mir zuvorkommt. Versprochen?«
Egil umschloss jetzt auch das Handgelenk des Eriksohns und mit einem festen Druck besiegelten sie den Schwur.
Niemand am Tisch sprach mehr mit Freydis und ihr Gesichtsausdruck verriet, was sie dachte: Der geile Thorvald redet auf Sigrid ein, als wolle er ihr Honig verkaufen und ihn danach auch mit ihr essen. Und Ingva hat seit einiger Zeit diesen Kuhblick. Freydis folgte der Richtung und ihre Mundwinkel zuckten, der Kuhblick galt Leif.
»Was glotzt du so?« Sie ruckte am Zopf des Mädchens. »He, dir fallen gleich die Augen raus.«
»Entschuldige. Ich … ich habe nachgedacht.«
»Ach, so nennst du das.« Geschmeidig schob sich Freydis näher heran. »Soll ich dir ein Geheimnis verraten? In zwei Wochen fährt mein Bruder übers Meer zum König. Weißt du, was das bedeutet? Da lernt er das feine Leben kennen. Da gibt es vornehme Weiber mit solchen Titten, da setzen sich die Männer drunter, wenn’s regnet. Wir beide können da nicht mithalten. Und wer weiß, ob er überhaupt wieder zurückwill. Also, schlag ihn dir besser aus dem Kopf!«
»Warum sagst du so was?« Ingva stützte bekümmert den Kopf auf. »Keinem hab ich bis jetzt etwas erzählt.«
»Ich bin eben schlau.«
Erst nach einer Weile hatte sich Ingva wieder gefasst. »Nein, das glaub ich nicht. Leif kommt zurück.«
»Und noch was: Der schlägt Frauen. Ja, ganz bestimmt, selbst mich, seine kleine Schwester. Sei froh, wenn mein Vater erst gar nicht mit deinem Vater über eine Heirat redet.«
»Hör auf, bitte!«
Ehe Ingva zu weinen begann, schenkte ihr Freydis großzügig von der Sauermilch nach. »Na komm, trink! Ich meine es ja nur gut mit dir, weil du meine Freundin bist.«
Spät in der Nacht legte sich Erik berauscht vom süßen Beerenwein zu Thjodhild. Er streichelte ihren Rücken. »Schön bist du. So eine weiche Haut. Du bist meine schöne Frau.«
»Nicht jetzt«, bat sie. »Ich bin müde.« Und dachte, für Kinderreichtum müssen wir nicht mehr sorgen. Mein Leben wäre jetzt schöner, wenn du endlich warten könntest, bis auch ich Lust nach dir habe.
Als er seine Hand zurückzog, drehte sie sich zu ihm um: »Heute war ein langer, guter Tag, findest du nicht? Lass mich in deinem Arm einschlafen! So fühle ich mich wohl.«
Er bedrängte sie nicht weiter. Eine Weile starrte er in die dunkle Stille der Kammer, dann murmelte er: »Ja, du hast Recht, wir haben eine gute Zeit.«
Anfang Juni war das Reittier des Meeres beladen. Je sechs Bootsknechte standen an den Bordseiten, wie Wächter hielten sie die langen Ruderstangen aufrecht in der Faust. Nebelschleier waberten noch über der Bucht. Am Strand hatte Erik Thorvaldsson in Anwesenheit seiner ganzen Familie und der Familie des Nachbarn ein lebendes Huhn geköpft und der Göttin Ran dargebracht. Noch tropfte das Blut aus dem Federrumpf.
Leif trat hinzu und fing mit seinem silbernen Thorshammer einige Tropfen auf, feierlich sank er aufs Knie und hob das Amulett an der Halskette. »Mein guter göttlicher Freund! Steh uns mit deiner Kraft zur Seite.« Stumm verharrte er in Anbetung, dass seine Bitte ungestört bis in den goldenen Saal hinaufsteigen konnte.
Sehr zum Stolz des Vaters hatte er sich nicht den einarmigen Gott des Onkels, sondern Thor als seinen Beschützer und lieben Freund erwählt. Die Zeremonie war beendet.
Leif küsste Thorstein, reichte Thorvald die Hand, als er auf Freydis zutrat, fiel sie ihm um den Hals, drückte ihre Brüste an seine Brust und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Verblüfft schob er sie von sich weg. »Ich denke gar nicht daran.« Fordernd
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