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Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück

Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück

Titel: Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
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war doch ein Hof«, flüsterte Ketil, als wollte er das Unglück nicht noch verschlimmern.
    »Der Hof des Valtjof«, stöhnte der Mann neben ihm. »O ihr Götter, lasst unsern Nachbarn nicht unter den Trümmern liegen!«
    Tyrkir sprang von der Kutschbank und führte das Pferd am Halfter weiter. Zwischen den ansteigenden Hügeln suchte er nach einem günstigen Weg, den sie auch auf der Rückfahrt mit dem Holz ohne Schwierigkeit benutzen konnten. Wie saftig hier das Gras steht, dachte er. Er blickte hinauf zum Wald. Allein von dort oben werden wir mehr Heu einbringen als von allen Wiesen auf Spitzklipp zusammen. In Zukunft haben wir Futter genug fürs Vieh. Nein, den Winter müssen wir nie mehr fürchten.
    Auf dem Höhenrücken links von ihm tauchten zwei Reiter auf. Tyrkir beschattete die Augen. Gegen den wolkigen Himmel konnte er nicht ausmachen, wer dort ritt, nur Gestalten in wehenden Mänteln, die ihre Pferde auf den Birkenwald zu trieben. Fischräuber! Eine andere Erklärung gab es nicht für ihn: dreiste Dummköpfe. Niemand sonst wagte es, Forellen aus einem See zu fischen, der ihm nicht gehörte.
    Die Reiter hatten den Holzplatz vor der Schneise erreicht, sprangen ab und verschwanden aus seinem Blickfeld. »Seid froh, dass ich es bin, der euch gleich vertreiben wird!«, drohte Tyrkir. »Bei Erik würdet ihr nicht so davonkommen.« Heftiger zerrte er am Halfter, vergeblich, der Gaul ließ sich nicht aus dem Trott bringen und bestimmte das Tempo.
    Immer noch standen die Leibeigenen an der Abbruchstelle. Vom Ausmaß des Unglücks gelähmt versuchte jeder zu begreifen, was geschehen war. Sie hatten die beiden Männer nicht kommen hören.
    »Bande! Feige Mörder!«
    Erschreckt fuhren die Knechte herum. Zwei Pferdelängen von ihnen entfernt bauten sich Ejolf Dreck und Hravn Holmgang auf. »Wusste ich es nicht.« Gefährlich sanft sprach der Bruder des Valtjofs mit seinem Freund. »Nicht die Götter, diese Schufte haben den Erdrutsch verursacht.«
    Der Riese zuckte die Achsel. »Es kann sein oder auch nicht.«
    »Sieh sie dir doch an! Schuld steht ihnen auf der Stirn. Und warum sonst sind sie so früh schon hier?«
    Heftig schüttelte der alte Ketil den Kopf. »Bitte, Herr, urteile nicht voreilig!« Er ließ die Axt fallen und ging mit offenen Handflächen auf Ejolf zu. »Wir haben hier gerodet, weiter nichts. Kein Mensch kann einen Berg lostreten.«
    »Doch, doch, du Wurm. Erst habt ihr alle Bäume gefällt und dann mit Eisenstangen die Felsrisse vergrößert. Nun liegt mein Bruder mit seiner Familie unter Geröll und Schlamm.«
    »Niemals.« Die Behauptung verschlug Ketil den Atem. »Nein, Herr, so glaub mir doch, Valtjof war ein guter Nachbar und ein Freund unseres Herrn. Weshalb sollten wir den Frieden mit ihm brechen?«
    »Mein Bruder war mit Thorbjörn befreundet. Nicht aber mit deinem Herrn, diesem hinterhältigen roten Eindringling.«
    Ketil hob die Hand zum Schwur. »Alle Götter sind meine Zeugen …«
    Ein Griff zum Schwert, die Klinge blitzte und Ejolf trennte ihm den Unterarm ab. »Ein Lügner darf es nicht wagen, bei den Göttern Hilfe zu suchen.«
    Blut spritzte aus dem Stumpf. Ungeachtet seiner Schmerzen sprach Ketil weiter: »Nicht Erik und auch sonst niemand trägt Schuld an diesem Unglück.« Er sammelte Kraft und taumelte auf den schlanken Jungbauern zu. »Du und dein Freund, ihr seid Lügner …«
    Mit einem leichten Schritt zur Seite ließ Ejolf den Alten vorbei, dann hackte er ihm das Schwertblatt tief in die Schulter. Ohne einen Laut stürzte Ketil zu Boden.
    »Hast du gehört, Hravn?« Ejolf grinste böse. »Dieser Sklave hat es gewagt, uns zu beleidigen.«
    Einen Moment zögerte der Kumpan, dann veränderte sich seine Miene. »Das ist wahr«, knurrte er. »Niemand darf Hravn Holmgang beleidigen.«
    »Sag ich doch. Und die anderen da vorn, das sind feige Mörder!«
    »Das ist wahr.«
    In Todesangst blickten sich die Knechte um, hinter ihnen gähnte der Abgrund, ihr einziger Ausweg war die Flucht an den beiden Männern vorbei.
    Sie schwangen ihre Äxte, schrien und stürmten los. Nicht einmal zur eigenen Waffe griff der Riese. Dem Ersten entriss er das Beil und spaltete ihm damit den Schädel, den Zweiten packte er wie eine Puppe, zerbrach ihm das Rückgrat und warf den leblosen Körper beiseite.
    Das Schwert gesenkt hatte Ejolf die beiden anderen dicht herankommen lassen. »Zeigt es mir!«, reizte er und tänzelte hin und her. »Na los, schlagt zu!« Gleichzeitig rissen sie die Waffen weit

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