Erinnerung an meine traurigen Huren
Laken vom Schweiß feucht geworden war.
Rosa Cabarcas hatte mir geraten, behutsam mit ihr umzugehen, da sie noch nicht die Angst vom ersten Mal überwunden habe. Ich glaube aber, dass ihre Angst gerade wegen der Feierlichkeit des Rituals gewachsen war und man die Dosis Baldrian hatte erhöhen müssen, denn sie schlief so friedlich, dass es ein Jammer gewesen wäre, sie ohne Liebkosungen zu wecken. Also begann ich, sie mit dem Handtuch abzutupfen, während ich ihr leise das Lied von Delgadina, der jüngsten Königstochter und ganzen Liebe ihres Vaters, vorsummte. Während ich sie abtrocknete, zeigte sie mir im Takt meines Gesangs ihre schweißnassen Flanken. Delgadina, Delgadina, du mein geliebtes Pfand. Es war ein Genuss ohne Grenzen, denn hatte ich die eine Seite abgetrocknet, begann sie an der anderen wieder zu schwitzen, damit das Lied kein Ende nehme. Steh auf, Delgadina, zieh dein seidnes Röcklein an, sang ich ihr ins Ohr. Am Ende, wenn die Diener des Königs sie verdurstend in ihrem Bett auffinden, hatte ich den Eindruck, dass meine Kleine bei dem Klang des Namens aufgemerkt hatte. Sie war es also: Delgadina.
Ich legte mich in meinen Unterhosen mit den aufgedruckten Küssen wieder neben sie ins Bett. Bis fünf Uhr schlief ich, eingewiegt von ihrem friedlichen Atem. Ohne mich zu waschen, kleidete ich mich hastig an, und erst da sah ich den Satz, der mit Lippenstift auf den Spiegel über dem Waschbecken geschrieben war: Der Tiger frisst nicht fern. Ich weiß, dass die Aufschrift am Abend zuvor noch nicht da gewesen war, doch keiner konnte in das Zimmer gekommen sein, also verstand ich sie als Geschenk des Teufels. Ein fürchterliches Donnern überraschte mich an der Tür, und das Zimmer füllte sich ahnungsvoll mit dem Geruch der nassen Erde. Ich kam nicht mehr unbeschadet davon. Bevor ich ein Taxi fand, ging einer jener Wolkenbrüche nieder, die zwischen Mai und Oktober die Stadt aus dem Lot zu bringen pflegen, weil sie die Straßen aus glühendem Staub, die zum Fluss hinunterführen, in Sturzbäche verwandeln und diese alles mitreißen, was ihnen in den Weg kommt. Der Regen in jenem seltsamen September konnte nach dreimonatiger Dürre ebenso glücksbringend wie verheerend sein.
Als ich die Haustür öffnete, hatte ich sogleich die körperliche Empfindung, nicht allein zu sein. Ich sah gerade noch den Schemen der Katze, die vom Sofa sprang und über den Balkon entwischte. Auf ihrem Teller lagen die Reste einer Mahlzeit, die ich ihr nicht serviert hatte. Der Gestank ihres abgestandenen Urins und der frischen Kacke hatte alles verpestet. Ich hatte mich dem Studium der Katze gewidmet wie einst dem des Lateins. In dem Handbuch stand, dass Katzen die Erde aufkratzen, um ihren Kot zu verscharren, und dass sie in Häusern wie diesem, das keinen Patio hat, Blumentöpfe oder sonst einen Winkel dazu benutzen würden. Es empfehle sich, ihnen gleich am ersten Tag eine Kiste mit Sand bereitzustellen, damit sie sich daran gewöhnen könnten, und das hatte ich gemacht. Es hieß auch, dass sie in einem neuen Haus zuallererst ihr Revier markieren, indem sie überallhin urinieren, und das konnte der Fall gewesen sein, doch im Handbuch stand nicht, wie dem zu begegnen sei. Ich folgte ihren Spuren, um mich mit ihren ureigenen Gewohnheiten vertraut zu machen, stieß aber nicht auf ihre geheimen Verstecke, ihre Ruheplätze, auf die Gründe für ihre wechselnden Launen. Ich wollte ihr beibringen, zu bestimmten Stunden zu fressen, in das Sandkistchen auf der Terrasse zu machen, weder auf mein Bett zu springen, wenn ich schlief, noch an den Speisen auf dem Tisch zu schnüffeln, doch sie wollte nicht verstehen, dass sie zwar alle Rechte im Haus hatte, dieses aber nicht als Kriegsbeute ansehen sollte. Also ließ ich sie nach ihrer Façon walten.
Gegen Abend bot ich dem Unwetter die Stirn, dessen Orkanböen das Haus auf den Kopf zu stellen drohten. Ich musste ständig niesen, der Schädel tat mir weh, und ich hatte Fieber, doch ich fühlte mich von einer Kraft und einer Entschlossenheit besessen, die ich noch nie, in keinem Alter und aus keinem Anlass, gehabt hatte. Ich stellte Becken auf den Boden, um die Tropfen aus den Lecks im Dach aufzufangen, und sah, dass seit dem vergangenen Winter neue hinzugekommen waren. Durch das größte Leck wurde allmählich die rechte Seite der Bibliothek überschwemmt. Ich beeilte mich, die griechischen und römischen Autoren zu retten, die in jenem Bereich zu Hause waren, doch als ich die Bücher
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