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Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde

Titel: Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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zu Kates Cottage für ihn war es Kates Cottage, nicht Gregs œ und der Schweinerei, die jemand dort angerichtet hatte. War jemand da draußen im Wald? Ein entsprungener Irrer? Oder war wirklich jemand oder etwas dort draußen beim Grab?
    Nachdem er in dem dicken Schlamm besonders stark ins Schleudern gekommen war, hielt er an und versuchte, zu Atem zu kommen. Den Fuß auf eine Baumwurzel gestützt, wurde er sich bewußt, daß alle seine Muskeln vor Anstrengung und Schrecken bebten. Er sah sich angestrengt um. Der Wald wirkte furchtbar dunkel. Der Wind heulte zwischen den Bäumen, und manchmal klang es wie ein gespenstisches Wehklagen, dann wieder wie ein tiefes Stöhnen. Er beugte sich nach vorn, nahm den Lenker fest in die Hände, atmete tief durch und stieß sich ab, um weiterzufahren. Er trat mit all seiner Kraft in die Pedale und dachte lieber nicht an die Finsternis, bis zu der der Lichtstrahl nicht reichte.
    Seine Erleichterung war groß, als er vor dem Cottage die kompakten Umrisse des Land Rover sah, die sich gegen das Rechteck des erleuchteten Fensters abhoben. Er lehnte das Rad an die Wand und klopfte an die Tür. Er wartete, rieb sich mit dem Rücken des Handgelenks die Nase, schob sich die nassen Haare aus dem Gesicht und klopfte dann noch einmal. Wieder wartete er. Schließlich platschte er durch die Pfützen bis zum nächsten Fenster. Aber der Vorhang war zugezogen, und er konnte nichts sehen. Er ging wieder zur Tür und klopfte erneut. Diesmal hämmerte er mit der ganzen Faust. »Kate! Greg! Hey, laßt mich rein!«
    Endlich hörte er ein Geräusch. Im Haus wurde eine Tür zugeschlagen.
    »Kate! Greg! Was soll das? Es ist verflucht kalt hier draußen!« Schniefend hielt er inne, um wieder zu horchen. Die Stille im Innern des Cottage war vollkommen, im Gegensatz zum Tosen und Schreien der Elemente vor dem Haus.
    Plötzlich hatte er Angst. »Kate! Greg! Warum laßt ihr mich nicht hinein?« rief er noch einmal. Er hämmerte wieder gegen die Tür, diesmal mit beiden Fäusten. »Macht schon. Bitte.« Seine Stimme machte einen Sprung nach oben. Er fühlte, wie ihm langsam die Tränen kamen. Er rannte zurück zum Fenster und klopfte, drückte dabei sein Gesicht an die Scheibe, aber der helle, von der Sonne gebleichte Stoff der geblümten Vorhänge versperrte den Blick auf das Innere des Zimmers. Er rannte erneut zurück, vorbei an der Tür und zu den Fenstern an der Seite des Hauses.
    Das Badezimmerfenster stand einen Spaltbreit offen. Er steckte seinen Arm hindurch und rüttelte am Riegel, bis er aufging. Das Fenster schwang ein wenig nach außen. Der Spalt war jetzt breit genug, um hineinklettern zu können. Er versuchte, sein Knie auf das enge Fensterbrett zu ziehen, aber er blieb hängen. Fluchend öffnete er den Reißverschluß seiner Öljacke und riß sie sich herunter. Wind und Regen schlugen mit aller Macht gegen seinen Körper, als er das sperrige Kleidungsstück zusammenknüllte und es durch das Fenster warf. Dann hievte er sich durch den Spalt auf das Fensterbrett und ließ sich unbeholfen auf den Boden fallen. Das Badezimmer war dunkel. Er tastete sich die Wand entlang, bis er die Tür fand und daneben die Kordel für das Licht. Er zog daran und sah sich dann im Hellen um. Auf dem Boden der Badewanne war dunkle, nasse Erde verstreut. Der Hahn tropfte ein bißchen, und er konnte die Spuren sehen, die das Wasser in die Erde gewaschen hatte. Er runzelte die Stirn. Kate hielt er für die Art Mensch, der nach dem Bad peinlich genau die Badewanne auswusch. Aber vielleicht war sie, genau wie Greg, auch der Typ, der sich nicht ablenken ließ, wenn er eine kreative Phase hatte; Greg vergaß, seine Kleider zu wechseln, sich zu waschen, ja sogar zu essen, wenn er malte.
    Er öffnete die Tür einen Spaltbreit und spähte hinaus in den Korridor. Es war dunkel dort draußen, aber er konnte einen dünnen Lichtstrahl sehen, der aus dem Wohnzimmer kam. Er machte die Tür weiter auf und blickte die Treppe hoch. Alles war dunkel und still.
    Plötzlich fühlte er sich wie ein schrecklicher Eindringling, der in ein Haus kam, ohne daß die Bewohner es wußten. Es wurde ihm bewußt, wie sehr er Kate ängstigen würde, wenn sie allein im Wohnzimmer war, und er rief nervös: »Kate, sind Sie da?« Er klopfte an die Badezimmertür und erschrak selbst darüber, wie laut das dumpfe Geräusch war, das er erzeugte. »Kate, ich bin es, Patrick.«
    Er schlich zur Wohnzimmertür und stieß sie auf. Das Zimmer war leer bis auf eine

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