Erste Male
Mann, war ich müde.
»Sie hat ein Zimmer im Surfside Hotel gebucht, für nach der Prom …«
Was für ein hinterhältiger Anruf. Ich weiß doch, er mag mich. Sollte ich diesen Anruf trotzdem als Gespräch unter platonischen Freunden betrachten? Ich glaube nicht. Er wollte mich einfach eifersüchtig machen. Und ich muss zugeben, es funktionierte.
»Sie will dich also entjungfern, was?«
»Ja. Glaub schon.«
Ich war so müde – ich wollte das alles nicht mehr hören.
»Und – lässt du dich von ihr poppen? Oder sagt man das nicht? Können nur Typen poppen und Mädels gepoppt werden? Und wie nennt man das überhaupt bei Jungs, touched for the very first time ?« Die letzten sechs Worte sang ich natürlich.
»Bei dir klingt es so, als wollte ich ihr die Seele aus dem Leib Effen .«
»Und, willst du nicht?«
»Ich habe dir doch gesagt, ich stehe nicht auf sie.«
»Es ist nicht unbedingt nötig, auf jemanden zu stehen, um ihm oder ihr die Seele aus dem Leib zu ficken.«
» Vau Ess , Jess. Musst du es unbedingt so ausdrücken?«
»Das hast du doch gesagt.«
»Ich habe es nicht so gesagt.«
»Na gut. Wenn du es nicht sagen kannst, dann kannst du es wohl auch nicht tun.«
Scotty seufzte. »Das machst du doch mit Absicht.«
»Ich mache doch gar nichts.« Mit meiner süßesten Stimme, ganz unschuldig.
»Wohl. Du machst mich absichtlich wütend.«
»Ich? Nein, du machst das mit Absicht.«
»Was?«
Da war sie: meine Chance, die Sache – die Sache zwischen uns – ans Licht zu zerren. »Versuchst mich eifersüchtig zu machen.«
Er spuckte fast in den Hörer. »W-w-wieso soll ich dich denn eifersüchtig machen?«
Jetzt. Mach dich bereit. »Weil du auf mich stehst. Weil ich wieder deine Freundin sein soll.«
Schweigen.
»Hast du wirklich gedacht, Hope würde mir nichts davon erzählen?«
Weiter Schweigen. Vielleicht ein kaum hörbares Stöhnen.
»Du machst mich echt krank. Gute Nacht.« Scotty legte auf.
Und ich war müde, müde, so müde.
NEUNUNDZWANZIGSTER
Heute war Hys New-York-Trip mit dem Club der Ahnungslosen. Große Sause.
Wie sich herausstellte, hatte ich gar keinen Wettkampf. Trainer Kiley hatte unsere Staffel heute gestrichen, um uns für die anstehenden wichtigeren Rennen zu schonen. Ich hatte sie nicht absichtlich belogen. Aber als ich meinen Fehler bemerkte, korrigierte ich ihn auch nicht. Zu erniedrigend.
Ich hätte also heute Morgen im Bus nach N.Y.C. sitzen können. Stattdessen schüttete ich Kaffee und Cap’n Crunch in mich rein, während meine Mutter die ganze Zeit von Tischdekorationen für den Großen Tag schnatterte. Ich war einfach zu müde für Hochzeitsgezwitscher.
»Verschon mich bitte, Mom.«
»Ich habe die Nase voll von deiner schlechten Laune«, sagte sie.
»Ist doch nicht meine Schuld, dass ich seit fünf Monaten PMS habe.«
»Was?!«
Ich berichtete ihr, dass ich seit Dezember meine Regel nicht mehr gehabt hatte. Da drehte sie durch. Ihr Blick richtete sich sofort auf meinen Bauch und suchte nach Zeichen keimenden Lebens.
Ich musste laut lachen. »Mom! Dass ich schwanger bin, ist völlig unmöglich.«
Mom wollte mich zum Frauenarzt schleppen, aber ich habe ihr gesagt, ich lege mich erst auf so einen Stuhl, wenn ich achtzehn oder sexuell aktiv bin – und wir wissen ja alle, was zuerst eintreten wird. Also rief sie unseren Hausarzt Dr. Hayden an. Um ehrlich zu sein, war ich total erleichtert. Wurde mal Zeit, dass ich rauskriege, was bei mir nicht stimmt.
Doch kaum waren wir da, wusste ich auch schon, warum ich es so lange aufgeschoben hatte. Ich hasse Ärzte-Wartezimmer. Erstens sitzen da lauter Kranke, die überall ihre Erreger verbreiten. Das fand ich gerade heute besonders ärgerlich, weil ich ja gar nicht krank war – ich musste mich anstecken lassen, ohne jemanden anstecken zu können. Zweitens sind die Zeitschriften beschissen. Die nehmen wohl an, Kindermagazine sind auch für senile Rentner interessant, und alle Altersgruppen dazwischen können genauso gut an Langeweile sterben wie an der Krankheit, wegen der sie hier sitzen, und zwar unendlich langsam.
Nachdem ich also ewig warten musste, wurde ich endlich ins Sprechzimmer gerufen.
»Soll ich mitkommen?«, fragte Mom.
»Nein.«
Zuerst wurde ich gemessen (1 Meter 67) und gewogen (48 kg mit Klamotten). Dann zog ich so ein Untersuchungsleibchen an, Blutdruck und Fieber wurden gemessen. Eine Arzthelferin nahm mir Blut ab. Ich musste eine Urinprobe abgeben.
Dann wartete ich weitere qualvolle
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