Es soll Liebe sein: Roman (German Edition)
(vielleicht der einzige) Punkt zu ihren Gunsten. Ich wusste, dass einige meiner Freundinnen aufgrund dessen alles andere recht bereitwillig übersehen würden.
Ben war groß, strahlend und verträumt. Er hatte Phoebes verwirrende dunkle Augen und pflegte in einem grünen Samt-jackett beim Arbeitsamt zu erscheinen – wie Percy Shelley. Er war romantisch und seelenvoll und verließ sich immer noch weitgehend darauf, dass ihm seine langen dunklen Locken Freikarten für Konzerte einbrachten.
Fritz war dunkler. Er hatte Jimmys wunderschöne Stimme und einen edlen Teint von rein olivfarbener Haut. Seine schwarzen Augen blitzten wie Feuerwerk. Er besaß unge-heure Energie und einen eher beängstigenden Charme. Ich hatte ihn einmal im Abendanzug gesehen (für die Party nach der Hochzeit seiner Freundin) und fand, dass er wie ein altmodisches Bild des Teufels wirkte.
Aber alle meine Freundinnen schworen, dass sie bei einem Mann mehr als nur gutes Aussehen erwarteten. Und auch die größte Aufwertungskampagne der Welt konnte Fritz und Ben nicht zu etwas anderem als kostspielige Luxusgeschöpfe machen. Ben war ein wundervoller Musiker, der an der Royal Academy of Music studiert hatte. Er war jedoch zu »sensibel«, um auftreten oder lehren zu können. Er saß die meiste Zeit zu Hause und machte die Nachbarn damit verrückt, dass er in den frühen Morgenstunden auf dem großen Flügel, den ihm seine Eltern zu seinem einundzwanzigsten Geburtstag gekauft hatten, laut Skriabin spielte.
Was Fritz betraf, so war er die schlimmste Sorte von arbeitslosem Schauspieler. Sein gutes Aussehen hätte ihm eine Karriere irgendeiner Art garantieren sollen, aber er war schrecklich anspruchsvoll – vielleicht um seinen eklatanten Mangel an Talent zu verbergen. Wir waren zusammen in Oxford gewesen, und ich hatte beobachtet, mit wie wenig Talent er bei mehreren College-Produktionen agiert hatte. Bei seinem Jago zuckte man unwillkürlich zusammen. Er stand die ganze Zeit dem Bühnenhintergrund zugewandt und murrte mit den Händen in den Taschen vor sich hin. Er war jedoch ein ausgezeichneter Medizinstudent – was um alles in der Welt hatte ihn also bewogen, die Medizin aufzugeben? Welcher böse Scharlatan hatte ihn dazu überredet, seinen Lebensunterhalt als Schauspieler verdienen zu wollen?
Aber ich erkannte, dass ich zu hart zu ihm war. Ich sollte ehrlich sein. Tatsache ist, dass ich während meiner ganzen Teenagerzeit und noch mit Anfang zwanzig schrecklich in Fritz verschossen war. Er spielte in meinen Träumen jahrelang die Hauptrolle. Ich meine nicht nur die sexuellen Träume – ich meine Phantasien über beeindruckende Menschen. Fritz war in jedem einzelnen meiner Träume über zukünftigen Ruhm stets präsent, zunächst beeindruckt und später seine unsterbliche Liebe erklärend. In jenen Träumen nahm ich vor großen Menschenmengen, zu denen zwangsläufig mein Vater und Fritz gehörten, den Booker Prize, die Position der Chefredakteurin des Guardian und den Schulpokal für die Zucht von Schleifenblumen entgegen.
Unsere einzige, einsame Begegnung lag tief in meiner Erinnerung verborgen. Wir erwähnten sie nie, und ich hatte den Verdacht, dass Fritz sie vergessen hatte. Warum sollte er sie auch nicht vergessen? Sie gehörte zu einem anderen Zeitalter. Wir hatten gerade unser Abitur überstanden, und die Darlings veranstalteten – typischerweise – eine Party. Ich erinnere mich, dass ich mich beschwipst, euphorisch und ungewöhnlich verwegen fühlte. Ich war draußen im sommerlichen Garten, neben dem Klettergerüst. Fritz tauchte aus dem Nichts auf und stellte sich schweigend neben mich. Ich erinnere mich, dass ich ein wenig nervös war und mich fragte, ob er den Puls an meinem Hals hämmern sehen könnte. Wir blickten uns einen langen, atemlosen Moment an, als sähen wir uns zum ersten Mal, dann nahm Fritz mein Gesicht zwischen seine heißen Hände und küsste mich, und als seine Zunge in meinen Mund glitt, wurde ich beinahe ohnmächtig. Ich weiß nicht, was vielleicht geschehen wäre, wenn nicht der liebe Ben plötzlich einer Polonaise voran in den Garten geplatzt wäre.
Das war das Ende des Kusses. Zu der Zeit war ich mir sicher, dass es weitere geben würde. Wir versprachen einander, uns in Oxford zu treffen. Aber dann fuhr Fritz auf Rucksacktour nach Italien, und ich verbrachte einige spannungsgeladene Wochen mit meinem Vater in New York, und als wir am Ende des Sommers tatsächlich nach Oxford kamen, hatten wir den Moment
Weitere Kostenlose Bücher