Es wird Dich rufen (German Edition)
damit bei einem zweifellos skrupellosen Mann Respekt verschafft, doch warum?
Inzwischen waren sie vor der Villa Bethania angekommen. Für Mike unbemerkt, verfolgte der Großmeister der »Bewahrer des Lichts« ihre Ankunft von einem Fenster des ersten Stocks aus.
»Ich bin gleich wieder zurück«, sagte der alte Mann, »Michelle wird so lange bei Ihnen bleiben.«
»Was hat er vor?«, fragte Mike, als Jean das Gebäude betrat.
»Ich weiß es nicht«, antwortete Michelle. Mike hatte das Gefühl, dass er sich gedulden müsse. Schon wieder …
35
Fast eine halbe Stunde war vergangen. Jean hielt sich noch immer in der Villa Bethania auf.
Je länger das Warten dauerte, desto größer wurde Mikes Ungeduld. Nicht nur, weil er dringend Antworten erhoffte, er wollte auch zurück ins Hotel. Feline wartete doch auf ihn.
»Was, verflucht noch mal, macht er nur so lange da drin?«, fragte er. »Er hat sicher ein wichtiges Gespräch«, erklärte Michelle.
»Mit wem?«
»Das muss er Ihnen selbst sagen, Monsieur Dornbach.«
»Dauert das noch länger?«
»Ich weiß es nicht.«
Die Dämmerung setzte bereits ein. Am Horizont verabschiedete sich die Sonne ganz allmählich, während sie mit ihren letzten Sonnenstrahlen des Tages noch einmal einen Gruß in das beschauliche Aude-Tal schickte.
»Vielleicht sollten wir doch mal klopfen?«, schlug Mike vor. Es war die einzige Möglichkeit, von außen auf sich aufmerksam zu machen. Eine Klingel besaß die Villa nicht.
»Versuchen Sie es.«
Mike wollte es gerade tun, als sich die Tür öffnete.
Mit nachdenklicher Miene stand Jean nun in dem massiven Holzrahmen. Noch einmal ging sein Blick die kleine Wendeltreppe direkt neben dem Eingang hinauf zum ersten Stock, dann trat der alte Mann einen Schritt nach vorne auf die gepflasterte Straße und schloss die Türe hinter sich.
Er legte seine Hand auf Michelles Schulter.
»Danke, dass Sie gewartet haben«, sagte er zu ihr.
»Ist alles in Ordnung?«, erkundigte sie sich besorgt.
»Ja, ich denke schon«, nickte der alte Mann. »Sie können beruhigt nach Hause gehen. Wir sprechen uns morgen.«
»Ist gut«, nickte Michelle und verabschiedete sich von den beiden Männern.
»Ich werde Sie in Ihr Hotel begleiten, junger Freund. Wir müssen reden.«
Es war kein einfaches Gespräch, das der alte Mann mit dem Obersten der »Bewahrer des Lichts« geführt hatte, schließlich wussten sie beide, wie eng die Grenzen waren, in denen sie sich bewegen durften. Allerdings hatte sich die Lage unerwartet zugespitzt. Boones Drohung durften sie auf keinen Fall ignorieren.
»Sie klingen sehr ernst?«, erkundigte sich Mike.
»Es gibt gute Gründe dafür. Aber lassen Sie uns das bitte nicht hier auf der Straße besprechen.«
»Dann kommen Sie mit«, lud Mike den alten Mann ein, ihm zu seinem Fahrzeug zu folgen.
»Und bitte haben Sie Verständnis dafür, dass mir die Hände gebunden sind hinsichtlich dessen, was ich Ihnen sagen kann«, bemerkte Jean auf dem Weg zum Parkplatz. »Es werden möglicherweise Fragen offenbleiben. So gut es mir möglich ist, will ich Sie aber darüber aufklären, weshalb der Mann Sie vorhin bedroht hat.«
»Wegen der Papiere!«, sagte Mike. »Das ist mir doch klar!«
»Das ist aber noch nicht alles …«
»So?«, wunderte sich Mike. »Ich bin gespannt …«
Kurz nachdem sie die erste Kurve der Serpentine genommen hatten, die hinab aus dem Dorf führte, begann Jean mit seinen Ausführungen: »Junger Freund, Sie sind da in einen Konflikt geraten, der nun auf Ihrem Rücken ausgetragen wird – ob Sie es wollen oder nicht. Als wir über die Dokumente sprachen und über die Frage diskutierten, wem sie gehören, habe ich Ihnen nicht die ganze Wahrheit gesagt.«
»Sprechen Sie, Jean. Ich bin ganz Ohr.«
»Es stimmt, dass die Papiere Eigentum der ›Bewahrer des Lichts‹ sind und es ist so, dass sie dem Eingeweihten einen heiligen Ort beschreiben, wenn man versteht, sie zu lesen. Dann offenbaren sie dem Wissenden den Weg zum Heiligen Gral. Was ich Ihnen aber verschwiegen habe, das ist, dass die Bewahrer nicht die Einzigen sind, die sich für diese Papiere interessieren. Es gibt da nämlich noch eine andere Organisation, die bemüht ist, die Dokumente in ihren Besitz zu bringen – auch wenn sie alleine ihnen nichts nutzen werden. Sie nennen sich die ›Söhne Luzifers‹.«
Mike hörte dem alten Mann aufmerksam zu, ohne zu unterbrechen. »Der Mann, mit dem Sie es heute zu tun bekommen haben, ist einer von denen, die hinter
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