Es wird Dich rufen (German Edition)
konnte.
»Na endlich!«, rief der General ungeduldig, als Boone die Hotellobby betrat. Schon vor über einer halben Stunde hatte er nach ihm rufen lassen.
»Haben Sie, was Sie wollten?«, fragte er, als Boone sich nährte.
»Es gibt schlechte Nachrichten!«, antworte der Agent, während er sich erschöpft in einen der einladenden Ledersessel fallen ließ.
»Was ist passiert?«
»Die Sache ist wesentlich weiter vorangeschritten, als wir angenommen haben. Dornbach steht bereits unter dem direkten Schutz des Wächters.«
»Und was bedeutet das für uns?«
»Dass wir nicht an ihn herankommen, solange der Wächter in seiner Nähe ist. Weil er sich in seinem Schutzkreis befindet.«
»Schutzkreis?«, wiederholte der General zweifelnd. »So etwas Dummes habe ich noch nie gehört! Warum steht davon nichts in meinen Unterlagen?«
»Weil es ein gut gehütetes Geheimnis ist, das nur innerhalb des Ordens bekannt ist und nicht nach außen getragen wird.«
»Dann hätten es meine Vorgänger aber doch gewusst?« »Verzeihen Sie, General, aber überschätzen Sie bitte die Möglichkeiten von Ihresgleichen nicht!«
Der General weigerte sich, Boone zu glauben. Er hielt sein Geschwafel für eine frei erfundene Notlüge. Tatsache war ja schließlich, dass auch er – trotz der großen Töne, die er zuletzt zu spucken pflegte – offensichtlich versagt hatte. Von den Dokumenten, die er besorgen wollte, war jedenfalls weit und breit nichts zu sehen.
»Und wie geht es nun weiter?«, erkundigte sich der General. Es lag nicht nur eine gewisse Provokation in seiner Frage, sondern auch die berechtigte Sorge, den vorgegebenen Zeitplan nicht einhalten zu können. Ohne die Dokumente selbst je gesehen zu haben, wusste er, dass er sie unbedingt brauchte, weil sie das letzte Steinchen in seinem Mosaik darstellten. Nur sie ermöglichten den Zugang zur Gralshöhle – wie auch immer das geschehen würde. Er wusste aus den Aufzeichnungen nur, wer diese Dokumente an welchem Ort und in welcher Konstellation zu schauen hatte. Was dann passierte, war in den ihm vorliegenden Aufzeichnungen nicht näher beschrieben. Vermutlich, weil es damals nicht dazu gekommen war.
Wie auch immer – den Schlüssel hielt er auf jeden Fall bereits in seiner Hand. Das Schloss fehlte ihm jedoch noch: der unterirdische Tempelsaal, in dem all die sagenhaften Schätze aufbewahrt wurden. Aus den Notizen Himmlers ging klar hervor, dass sie irgendwo in der unmittelbaren Umgebung von Rennes-le-Château vermutet wurden. Der Gralsforscher Otto Rahn hatte ihm diese Information zukommen lassen, als er noch in Himmlers engstem Führungsstab war, wenngleich Rahn es leider versäumt hatte, ihm auch die exakten Koordinaten zu geben. Angeblich, weil er sie selbst nicht kannte, da sie in irgendwelchen obskuren Dokumenten verborgen waren, von denen Rahn nicht wusste, in wessen Besitz sie sich befanden.
Bis zu dem Moment, als der General mit den »Söhnen Luzifers« Kontakt aufgenommen hatte, war er davon ausgegangen, dass Rahn schlicht gelogen hatte. Aus seiner Sicht war der Verräter einfach nur zu feige gewesen, sein ganzes Wissen preiszugeben. Doch der Superior des Luzifer-Ordens hatte ihm unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass diese Papiere real existierten und dass es stimmte, was in Himmlers Schriften stand: dass sie der finale Schlüssel waren.
»Wie es weitergeht?«, wiederholte Boone hämisch die Frage des Generals. »Warum sagen Sie es mir nicht? Sie verstehen sich doch als der schlaue Kopf, der alles weiß?«
»Ihr Sarkasmus hilft uns nicht weiter, Mister Boone«, tadelte ihn der General mit strenger Stimme.
»Ebenso wenig wie Ihre Hilflosigkeit, General!«
Seit er in Rennes-le-Château auf den Wächter getroffen war und dabei das ganze Ausmaß ihres momentanen Problems erkannt hatte, hatten sich Boones Zweifel vermehrt, dass der General – mit seinen spärlichen Mitteln – den Schwierigkeiten, die auf sie zukamen, gewachsen war.
Boones Gedanken kreisten seither nur um eine einzige Frage: Wie konnte es ihm gelingen, den Wächter auszuschalten, ohne die Regeln zu verletzen? Es war die einzige Chance, dem General – trotz seines offenkundig beschränkten strategischen Denkvermögens – zum Erfolg zu verhelfen.
Dass er dabei immer weniger nachvollziehen konnte, weshalb sich sein Superior überhaupt auf diesen Mann eingelassen hatte, erleichterte Boones Aufgabe nicht. Dennoch spürte er in sich die unbedingte Disziplin, sie durchzuziehen. Vielleicht würde
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