Eternal - Die Vampire von Clare Point
gesehen.«
»Sie können ihn nicht ändern, Fia, das wissen Sie«, erwiderte Dr. Kettleman nach einer ihrer langen Schweigeminuten. »Sie haben nur Einfluss darauf, wie Sie auf sein Verhalten reagieren. Wie Sie sich damit fühlen.«
Fia ließ die Hände in den Schoß sinken. »Ich weiß.«
Die Psychiaterin rutschte auf ihrem Stuhl herum. »Da wir gerade beim Thema Männer sind – was ist an der Joseph-Front los?«
»Ich bin mir nicht sicher.«
Dr. Kettleman wartete.
Fias Blick schweifte zu den Diplomen an der Wand hinter Dr. Kettlemans Schreibtisch und kehrte dann wieder zu der Psychiaterin zurück. »Ich habe ihn letzte Woche getroffen. Er hat zugegeben, dass er in Kalifornien ein ›kleines Problem‹ hatte und deswegen beschlossen hat umzuziehen. Zumindest war das einer seiner Gründe.«
»Und wie fühlen Sie sich damit?«
»Wie ich mich damit fühle? Es nervt mich ganz gewaltig. Wir hatten eine Vereinbarung. Und … es macht mir ein bisschen Angst.«
»Weil Sie noch immer etwas für ihn empfinden?«, fragte Kettleman.
Fia ließ sich Zeit mit der Antwort. Es hatte keinen Sinn, jede Woche Unsummen zu berappen, wenn sie sich nicht wenigstens Mühe gab. »Nein. Ich liebe ihn nicht mehr, wenn Sie das meinen. Ob ich Schuldgefühle habe? Sicher. Ob ich ihn nicht mehr hier haben will, damit ich diese Schuldgefühle wieder loswerde? Natürlich.«
Das ist nur menschlich,
dachte sie ironisch. Sie zögerte. »Die Sache ist die, Dr. Kettleman: Bei unserer gemeinsamen Geschichte wären Joseph und ich nicht gut füreinander. Vielleicht wären wir sogar gefährlich füreinander.«
Die Psychiaterin ließ das Wort einen Augenblick lang im Raum stehen. »Und Joseph ist nicht dieser Meinung?«
»Ich weiß nicht, was er denkt.« Sie seufzte. »Er ist schwer zu durchschauen. Ein echtes Pokerface. Dann hat er da noch ein kleines Problem. Sucht natürlich. Ich habe ihm vorgeschlagen, dass er mal mit Ihnen sprechen soll. Vielleicht könnten Sie ihm ja helfen.«
»Vielleicht würde Ihnen beiden eine gemeinsame Sitzung helfen.«
Fia machte ein finsteres Gesicht. »Das hat er auch gesagt.«
Und wieder dieses Seelenklempnerschweigen. Die Uhr auf dem Beistelltisch am Ende der Couch tickte vernehmlich.
»Ich werde darüber nachdenken«, versprach Fia schließlich.
»Ich denke, das wäre klug, denn was wir heute wieder angesprochen haben, ist, dass Sie sich noch immer schuldig für das fühlen, was zwischen Ihnen und Joseph vorgefallen ist. Ich glaube nicht, dass Ihnen vor seiner Rückkehr klar war, wie schwer das noch immer, nach all der Zeit, auf Ihnen lastet.« Stille. »Wissen Sie, Sie müssen endlich einen Weg finden, sich selbst zu verzeihen«, sagte Dr. Kettleman sanft.
Fia blickte auf ihren Siegelring, den sie hin und her drehte. Schuldgefühle – war es das? Jedenfalls hatte sie jede Menge davon. Schuldgefühle wegen Ian. Wegen Joseph. Die Ketten um ihren Hals waren ziemlich schwer …
Fia warf einen Blick auf die Uhr. »Die Zeit ist um.«
Dr. Kettleman sah nicht zur Uhr, sondern weiter auf Fia. »Ja. Sie werden also darüber nachdenken, Joseph mitzubringen?«
Fia stand auf und strich die Falten in ihrem Blazer glatt. »Ich werde darüber nachdenken.«
Als Fia Dr. Kettlemans Praxis verließ, wusste sie, dass sie heute Abend ausgehen würde. Nicht, um nach Joseph zu suchen. Nicht einmal, um Männer aufzureißen. Sie wollte einfach nicht nach Hause. Sie wollte nicht allein sein, mit all den Gedanken und Gefühlen, die in ihr waren. Heute Abend brauchte sie den Trost, die Anonymität einer lauten, vollen Bar.
Aber anstatt zuerst nach Hause zu gehen, um sich umzuziehen, spazierte sie ein paar Blocks weiter und betrat einen Edelpub. Es war erst halb neun, nach Barmaßstäben also sehr früh, aber es wimmelte schon vor Anzügen. Anzügen und Stilettos. Anwälten, Wirtschaftsprüfern, Managern.
Fia ging den Tresen entlang und setzte sich auf den einzigen freien Platz am anderen Ende.
»Kann ich Ihnen helfen?«, fragte ein Kellner mit einer Wollmütze.
»Höchstwahrscheinlich nicht«, witzelte Fia. »Aber wie wär’s für den Anfang mit einem Tonic?«
»Das Starkbier ist hier auch ziemlich gut«, sagte der Kerl in dem dunklen Anzug neben ihr.
Fia spürte, wie sich die Härchen in ihrem Nacken aufstellten.
»Aber das beste Starkbier, das ich kenne, gibt’s in einer Spelunke in Delaware. Heißt ›The Hill‹. Kennen Sie das?«
Fia fuhr auf dem Barhocker herum. »Glen?«
Er grinste, hob sein Glas
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