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Euro Psycho

Euro Psycho

Titel: Euro Psycho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Taylor
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klopfe den Matsch von meinem Trikot und meinen Knien. Genieße das ritualisierte Schauspiel. Ich drehe mich um, suche unseren Freistoßspezialisten Fanusian, sehe stattdessen aber den Schiri. Und was? Was?
    Er zeigt auf den Elferpunkt. Was? Die deutschen Spieler rücken dem Schiri hartnäckig auf die Pelle, bedrängen ihn, als ob sein Oberkörper Zuckermais wäre und sie selbst ausgehungerte Dachse. Und sie sind geladen. Völlig zu Recht.
    Aber es ist immer noch Fußball. Manchmal gibt es eben solche Entscheidungen.
    Richtig, Kev. Jesus Christus, Kumpel. Mach deinen Kopf frei. Also sehe ich mich im Nationalstadion um, das mit angeschlossener Allzweck-Indoor-Sports-Arena und Konferenzcenter versehen ist. In diesem Moment ist es mir egal, dass die Eröffnungsfeier des Stadions mit dem Red-Bull-X-Fighters-Stunt-Motorcycle- Team aufgrund baulicher Probleme mit einem der außenliegenden Wendeltreppenhäuser abgesagt werden musste.
    Es ist mir total egal.
    Weil dieses Stadion in Ordnung ist.
    Stille. Ein Spieler kann sich selbst denken hören.
    Ich schaue vorbei an der Bandenwerbung für Sharp – exklusiver Turnier-Partner für Solar- und audiovisuelle Produkte –, zu unseren Fans. Sie sind verstummt und erstaunt. Kann es nach all der Prügel, die wir bezogen haben, wirklich passieren, dass wir hier kurz vor Ladenschluss noch was abstauben können? Ich sehe die Galeone von Craggsy auf der vor Schreck erstarrten Menge liegen. Ich kann die Windungen seines Ganzkörpergipses ausmachen, allerdings nicht die Spitze des ziemlich feuchten Schwanzes, den ich auf das Teil draufgekritzelt hatte.
    Ich sehe zu den Logen rüber, sehe Princess Fitness und König David, Bruder und Schwester, wie sie gebannt auf der Terrasse ihres exklusiven Prestige-Hospitality-Bereichs stehen und voller Angst nach unten spähen. Ich schaue auf Ika, deren blaublütiges Herz ich gewonnen habe, indem ich meinen Schwanz daran rieb.
    Ika sieht mich direkt an. Ist sonst eigentlich noch wer in diesem Riesenstadion? Es fühlt sich an, als wären wir allein. Sie wirft mir einen Kuss zu. Einen Kuss, der andeutet, dass ich bald Prinz Kev sein werde. Einen Kuss mit eigenem Wappen.
    Oh ja.
    Ich starre zurück zu ihr, balle die Faust, recke sie und küsse das Wachtel-Wappen.
    »Forza Craggsy, Forza Craggsy«, höre ich unsere Fans brüllen, während sich die Spannung vor dem Elfer zuspitzt. Dann nicke ich König David zu, dem Premierminister im Wartestand. Egal, ob wir dieses Spiel gewinnen oder nicht. Das Amt könnte ihm nur noch weggenommen werden, wenn etwas Unwahrscheinliches, etwas Unmögliches geschehen würde. Wenn ich mich drehen und diesen Elfer absichtlich verballern würde. Und anschließend, während meine Hand eine anschuldigende Geste formt, Richtung der königlichen Loge und direkt zur Außenlinie gehen würde …
    Aber der Haufen hat sein Schicksal inzwischen akzeptiert – oder einfach nur genug Gelbe Karten kassiert – und damit aufgehört, den Schiri zu belästigen. Sie stehen, entrüstet und völlig fertig, um den Strafraum herum. Der Ball liegt an meinem Fuß. Ich rolle ihn mit meinen Stollen zurück, lupfe ihn mit meinen Zehenspitzen hoch, klemme ihn unter meinen Arm und marschiere los.
    Natürlich hat einer von den anderen den Elferpunkt verunstaltet, weil er hofft, dass ich den Ball versemmele.
    Ich bringe ihn wieder in Ordnung.
    Natürlich betreten sie den Strafraum, wieder und wieder, um meinen Kopf zu ficken.
    Worauf ich keine Antwort gebe, außer eiskalter Geduld.
    Ihr Ersatztorwart – ihre erste Wahl, Manuel Neuer, hat sich den Daumen bei einem Xbox-Unfall gezerrt, der eine Wahrscheinlichkeit von eins zu einer Million hat – springt auf der Linie hin und her, lehnt sich nach links und rechts, wie irgendein exzentrischer Pilates-Lehrer, auf den unsichtbare Emus einpicken.
    Kann ich meine Antwort noch aufschieben?
    Eigentlich nicht mehr. Aber ich muss es noch ein wenig tun.
    Was gibt es in dieser Welt?
    Den Ruhm von Harrod’s und den der Eurovision? Die Brillanz des Blackhawk!-Dynamic-Entry-Mobile-Home-Türaufbrechers? Nein, nicht mal sie existieren wirklich.
    Zone eins verkleinert sich, selbst das Geld verschwindet. Sogar die Titten verschwinden.
    Was bleibt, ist ein Ball, ein Tor, ein Keeper und ein Kev.
    Die Welt ist reduziert auf gerade mal vier Dinge.
    Ein Spieler, der einen entscheidenden Elfmeter verschießt, erleidet ein »lebenslanges Trauma«, wie der UEFA -Präsident und gefühlt achtmalige »Franzose des Monats«-Platini

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