Euro Psycho
Ika auf die andere Backe, da, wo mal Sas draufstand … Und dann sehen wir uns Tin Cup an.«
Datsun 240z
Ich starre die Tür an, als sie sich öffnet und ja, ja, ja … El Presidente kommt rein, König David, der nächste Premierminister. Fünfzehn Minuten vor Anpfiff. Meine Spieler beenden ihr nervöses Gequatsche und sehen in die Richtung ihres charismatischen Landesführers in spe. Aram Shishakli flankiert ihn auf der einen Seite, Princess auf der anderen.
Immer nett, einen Blick auf Princess werfen zu können.
Dieser Besuch in unserer Umkleide im Kiewer Olympiastadion war nicht geplant und auch nicht abgesprochen. Aber mich stört das nicht, die königliche Visite wird die Jungs wachsen lassen. Sie werden sich wie etwas Besonderes fühlen, wie Auserwählte. Ich nehme eine Bewegung zu meiner Linken wahr, drehe mich um und sehe Hagop Fanusian, der sich sehr schnell Richtung Duschen-und-Scheißhaus-Bereich in der Umkleide bewegt.
Verdammte Kacke, was ist nur mit ihm los?
Ich nutze die Gelegenheit, folge Hagop auf Strümpfen, weg vom Rest der Jungs, bewege mich schnell durch den Duschraum, durch die Scheißhäuser, folge ihm – hat der einen Zahn drauf – hinten raus auf einen engen Servicegang. Dort hole ich ihn ein.
»Hagop?«, rufe ich hinter dem mir zugewandten Rücken her. Er bleibt abrupt stehen, dreht sich langsam um, seine Augen unsicher und ängstlich. »Du haust nicht ab, oder?«
Er lächelt traurig. »Nein. Natürlich nicht … Wir werden heute gewinnen.«
»Ja.«
»Ich brauche … etwas Zeit, das ist alles.«
»Gut«, sage ich. Bekanntlich steht ein Spiel an, also komme ich zum Punkt, stelle Hagop die Frage, die Lazor mir gestellt hat: »Warum hast du mit dem Fußballspielen aufgehört?«
Er grinst, zuckt die Schultern, weicht der Frage aber nicht aus. »Es war dasselbe wie heute … Das Spiel war nicht ehrlich.«
»Korruption?«
»Ja.«
»Warum hast du sie nicht bekämpft, ihr ins Gesicht geschissen?«
»Ich war allein. Ich bin nicht wie du. Ich habe nicht dein …«, er sieht weg von mir, findet ein wohlbedachtes Wort, »… Selbstvertrauen.«
»Klar. ’türlich.«
»Und vielleicht war ich nicht vorbereitet auf die … Konsequenzen …, die es hat, wenn man es bekämpft.«
»Was?«
»Du hast einen dickeren Kopf als ich. Oder vielleicht weißt du nur noch nicht, wie die Konsequenzen aussehen könnten.«
»Was?«
»Ich bin nur ein Spieler, nicht das Spiel … Ich bin nur der Clown.« Er schenkt mir einen betrübten Blick, dann fügt er hinzu: »Aber jetzt werde ich ein guter …«, er presst die Lippen trotzig aufeinander, spuckt die Worte aus »… Patriot sein.«
Was will er mir sagen?
Hagop geht an mir vorbei, singt im Flüsterton die Nationalhymne, nur die letzte Zeile natürlich. Dann geht er raus auf den Gang, zurück Richtung Umkleide. Ich stehe in dem schwach beleuchteten Servicegang und fühle mich seltsam verwirrt. Ich lehne mich gegen die Wand, versuche runterzukommen, um Hagops Gequatsche zu vergessen. Weil ich wieder da reingehen muss und die weckrufigste aller jemals getätigten Weckruf-Ansprachen abliefern und beschwörende Worte finden muss, die uns am Favoriten vorbeifliegen lassen.
Ich experimentiere noch mit einer Einleitung …
Hat nicht David Robinson ein 35 mal 18 Zentimeter großes Fenster binnen sechzehn Sekunden geputzt?
Und dabei keine Schlieren hinterlassen?
Vielleicht, vielleicht. Oder was ist mit …
… Aber Scheiße …
Au. Scheiße. Au … Ein dröhnender Schmerz in meinem Kopf, voll auf die Zwölf, ein heftiger schmerzhafter Knall. Ich bin völlig benebelt und schwach. Ich stürze, falle auf meine Knie und drehe mich dabei ein wenig, sodass ich sehen oder eigentlich nur wahrnehmen kann, dass eine dunkle Gestalt hinter mir steht. Ich versuche, mich weiter zu drehen – mein Kopf killt mich –, um erkennen zu können, wer mich umgehauen hat. Es misslingt mir, stattdessen plumpse ich, falle, klatsche auf den kalten Boden …
Ich bin unten, ohnmächtig, mein Verstand wabert finster.
Nein, nein, NEIN , weil … was ist los, was ist das?
Dunkle Bilder steigen in meiner Erinnerung auf …
… Murman Abbasows schreiendes Gesicht …
… Lado Borodins guppyartige Schnappatmung …
… Nino Nazmis Grimasse im Todeskampf …
… Serj Tankians letzter Schrei …
… Meine Opfer erheben sich, deuten mit ihren anschuldigenden Fingern auf mich …
Dein Gesicht, als ich dich aufgeschlitzt und in den Weiher geworfen habe … Das Blut, das das
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