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Euro Psycho

Euro Psycho

Titel: Euro Psycho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Taylor
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Sackgesichter spielen?«, verkneife ich mir zu sagen – ich möchte zu diesem Zeitpunkt noch nicht auf Konfrontationskurs gehen –, stattdessen ringe ich mir einen diplomatisch-unverbindlichen Laut ab.
    »Und?«, hakt er nach. »Falls du Angst hast, dass dein Inkognito auffliegen könnte, lass dir gesagt sein, dass die englischen Scheidungsrichter dich hier kaum belangen können.«
    »Klasse«, denke ich. »Fein. Gut so.«
    »Der Verein wird für dich sein Gehaltsgefüge ändern , Kevin.«
    »Wie viel soll ich kriegen, drei Rüben pro Woche? Statt der zwei, die diese Komiker kriegen?«
    Derweil beobachte ich das Training und stelle fest, dass sie beileibe keine Komiker sind. Sie sind zwar Vertragsamateure und in Sachen Tackling, Antritt und Leidenschaft nicht gerade überragend, doch sie haben ein gutes Ballgefühl. Diese Bauernjungs können spielen, das muss ich ihnen lassen. Verfügen über eine solide Technik. Obwohl der Platz nicht gerade in erstklassigem Zustand ist, hat er schon eine Menge Partien gesehen, das spürt man. Er ist von Fußball durchtränkt. Ich hebe meine Nase und sauge die Luft ein. Es riecht nach Fußball.
    Wie auch immer. Ich habe mich entschieden.
    »Kevin, ich kann dir versichern, dass das finanzielle Gesamtpaket durchaus attraktiv ist.«
    »Wie viel ist es denn? Du hast es mir immer noch nicht gesagt.«
    »Der Präsident des Clubs will sich mit dir treffen, um die Einzelheiten zu besprechen. Glaub mir, es ist jedenfalls mehr, als du momentan verdienst.«
    Scheißkerl. Denn er weiß, dass ich momentan gar nichts verdiene. Er hält inne, stößt eine Rauchwolke aus und schaut zu mir herüber. Beim Anblick meiner Klamotten zuckt er zusammen. »Sind das wirklich Trainingshosen von Fruit of the Loom, Kevin?«
    Warum sagt er so was? Eigentlich sollte er auf meiner Seite sein. Plötzlich ist es vorbei mit meiner diplomatischen Zurückhaltung. Ich gehe auf ihn los.
    »Hör zu, Kumpel«, sage ich und spreche das Wort »Kumpel« so aus, dass es wie »Arschloch« klingt, »während ich auf dem Planeten Scheiße im Exil war, hast du gemütlich in Zone eins gehockt, deine Schoki gefuttert, dich mit deinen Nutten vergnügt und Blackjack gespielt. Warum hast du mich nicht angerufen?«
    »Bevor ich unsere Zusammenarbeit fortsetzen konnte, musste ich deinetwegen auf Nummer sicher gehen.«
    »Und?«
    »Also … Erstens, weder die Polizei noch der Fußballverband haben irgendwelche Beweise für die Anschuldigungen gefunden. Und … Also …«
    »Also was?«
    »Tja, Kevin … Im Les A kommen einem eine Menge interessanter Dinge zu Ohren.«
    Mein Herz hüpft mir buchstäblich in den Mund und hämmert gegen meine Mandeln. »Was? Was hast du über mich gehört?«
    »Hmmm … Also … Sagen wir mal so, es ist kein Zufall, dass dir dieser Verein ein Angebot gemacht hat.«
    Was? Er spricht in Rätseln. »Wie meinst du das?«
    »Na ja, dein Freund vom Eurovision Song Contest, ist er nicht für das Land angetreten, in dem wir uns gerade befinden?«, sagt Shish, steht auf und trottet umgeben von einer Rauchwolke hurtig zu den trainierenden Spielern hinüber. Ich balle meine Hände zur Faust, während mein Herz wie verrückt pocht. Ich fühle mich wie eine Marionette. Fremde Menschen entscheiden in seltsamen Ländern und Casinos über mein Schicksal. Ziehen meinen Ruf in den Dreck. Und alles, was mir lieb und teuer ist – die Premier League, der Lifestyle, die Nationalelf –, wird mir genommen. Wie eine unzeitgemäße Tapete, die im Esszimmer wegen der anstehenden Renovierung von der Wand gerissen wird.
    Ich werde das nicht zulassen. Ich schaue zu Shish rüber. Grazil stoppt er mit der Sohle seiner maßgeschneiderten Schuhe einen herrenlosen Ball und kickt ihn zu den Spielern zurück. Ich erhebe mich und will gerade loslaufen, um Shish zur Rede zur stellen, als ich eine Stimme höre.
    »Es ist echt nett hier«, sagt Craggsio verträumt. »Es gibt hier Seen mit riesigen Karpfen. Hab’s im Netz nachgeschaut.«
    »Deine Scheißkarpfen kannst du dir in den Arsch schieben«, erkläre ich unmissverständlich.
    »Hör zu, Kingy«, sagt Craggsio lächelnd. Er hat jedes Wort meiner Unterhaltung mit Shish mitbekommen und fasst mich jetzt mit sanftem Druck am Arm, während seine Augen so etwas wie Weisheit ausstrahlen. »Die dicksten Fische sind am schwersten zu fangen.«
    »Was?«
    »Bei den dicksten Fischen muss man ganz behutsam vorgehen.«
    Ich hole Luft. Schließe die Augen, nicke. Er hat recht. Wenn ich Erfolg haben

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