Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Euro Psycho

Euro Psycho

Titel: Euro Psycho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Taylor
Vom Netzwerk:
verlegen, als hinter uns ein Geräusch ertönt. Craggsio ist zurück.
    »Ich, äh«, sagt er, »würd ’n paar Minuten warten, bevor ich da reingehe.«

Feuchte Papiertaschentücher
    »Ich komm mir blöd vor, Kingy«, sagt er, als er aus der Umkleidekabine tritt.
    »Du hast noch nie so gut ausgesehen, dreh dich mal um.«
    Doch er tritt nur verschämt auf der Stelle. Er trägt schwarze Raw Jeans von Southpole Lux und ein Famous-AwrangeT-Shirt.
    Ich werfe ihm eine Rogue-Status-Mütze mit der Aufschrift »Born To Kill« zu. Er fängt sie auf und liest den Schriftzug. »Nein. Das ist albern. Ich bin nicht zum Töten geboren.«
    »Du bist ein Fischmörder. Und du arbeitest im Hühnerleichen-Geschäft. Du bist ein kaltblütiger Irrer, und ich liebe dich. Zieh sie schon an.«
    Er gibt nach und zieht die Mütze über seine grauenvollen Haare.
    Es sieht gut aus, also die Klamotten, nicht er. Allerdings wird er einen Schlüsselanhänger an die Jeans hängen und die Taschen mit feuchten Papiertaschentüchern vollstopfen. Irgendwie wird er es schaffen, scheiße auszusehen, trotz der halbwegs akzeptablen Urbanwear, die ich ihm gekauft habe.
    Mit den Achtzigtausend pro Woche kehrt der Lifestyle Stück für Stück zurück.
    Außerdem ist die Stadt gar nicht so schlimm. Zumindest hier im Zentrum. Es gibt hier ein paar Filialen von Luxusmarken – wie Armani, Prada und Gucci – unter den Arkaden des mit Chihuahua-Scheiße gepflasterten Platzes der Freiheit, von dem aus die Gladiolen-Revolution in diesem Land ihren Ausgang nahm. Auch sonst kann man hier recht anständig shoppen, in dieser einzigartigen, mit Boutiquen vollgepfropften Altstadt, wo wir gerade einkaufen.
    »Wir nehmen alles«, sage ich zu der Verkäuferin und gehe zur Kasse.
    Ich habe die ganzen Dino-Golfklamotten in der Hand, die Jogginghose, die Rucanor-Turnschuhe und das Burton-Poloshirt. Ich werfe den alten Krempel auf den Tresen, sage der Schnecke an der Kasse, dass sie entsorgen soll, zücke ein Geldbündel und gebe es ihr. Dabei betrachte ich mich in einem der deckenhohen Spiegel: fabrikneue Supra-Thunder-Turnschuhe, Mecca-Kenji-Jeans.
    Ich sehe klasse aus, bin wieder auf Kurs Richtung Zone eins. Lasse die Normalos hinter mir. Ich bezahle meine und Craggsios Klamotten. Dann gehen wir nach draußen, Craggsio hinter mir, schmollend summt er eine nervige kleine Melodie.
    Ich möchte einen Happen essen und mir die Stadt anschauen, also laufen wir weiter in die Altstadt und betrachten die Gebäude mit ihrem leicht arabischen Einfluss, einem kräftigen Schuss Neoklassizismus und hier und da einer Beleidigung fürs Auge durch einen Sichtbeton-Gebäudekomplex der Kommis.
    Auf dem Weg runter zum Fluss halte ich Ausschau nach einem akzeptablen Restaurant und, routinemäßig, nach Hinweisen auf diesen Wichser, auf den Verräter mit dem großen Kinn. Und dann – Katschung! – steht es vor uns: ein Art-déco-Gebäude mit Ornamenten in einem organischen Industriedesign.
    Ja, wirklich sehr hübsch. Und sehr leer.
    Ich stehe vor diesem stilvollen Gebäude, vor dem leerstehenden Ladenlokal, und ich weiß genau, was ich tun muss. Denn wenn ich hier im Couscous spielen werde – und das werd ich, ja, das werd ich –, dann muss ich ein paar Lifestyle-Bataillone hierher verschieben. Hey, wie soll ich ohne eine Filiale für meine maßgeschneiderte Mode meine Leistung abrufen? Und bevor man »Park meinen Wagen, du Penner« sagen kann, habe ich das Vertu Constellation Precious mit eingearbeitetem schwarzem Krokodilleder in der Hand und wähle eine Nummer, die ich seit Monaten nicht mehr gewählt habe.
    »Es ist perfekt«, sage ich zu Mid Life, ohne mich mit dem üblichen »Hallo, wie geht’s deiner Mum?«-Scheiß aufzuhalten.
    »Was ist?«
    »Der Laden hier. Die erste KevKingCouture-Filiale auf dem Kontinent.«
    »Bist du das, Kev?«
    »Sicher, Mids.«
    »Aber du bist doch tot.«
    »Aha.«
    »Na ja, das steht zumindest in einigen Zeitungen, oder dass du vermisst wirst. Zuletzt wurdest du gesehen, wie du mit einem bekannten Geflügel-Packer ein spanisches Krankenhaus verlassen hast … Wie auch immer, du hast vielleicht Nerven …«
    Und dann legt er los. Geld. Rechnungen … Bla. Bla. Bla. Weißt du überhaupt, wie schlimm es um uns steht? … Laber. Laber … Wir versuchen, die Insolvenz abzuwenden … Rhabarber. Rhabarber … Dramatischer Einbruch der Verkaufszahlen … Im Stich gelassen … Jammer. Jammer.
    Ich halte das Telefon vom Ohr weg und starre zu Craggsio, der sich zum

Weitere Kostenlose Bücher