Eva und die 40 Maenner - Roman
wurden ihr Norberts Erkundigungen zu viel. Was sie am liebsten äße und wo? Ja, auch er liebe Pasta und überhaupt die italienische Küche! Diese Düfte, dieses Gefühl auf der Zunge! Wie geschmeidig und glatt so eine Nudel doch die Kehle hinuntergleite! Und ja, auch er liebe das Essen in einer echten Trattoria, am liebsten direkt am Meer. Wie doppelt der Genuss sei, wenn man dazu das Rauschen der Wellen höre! Wie sehr man die einfachen Freuden des Lebens doch so wieder zu schätzen lerne! Was sich Eva denn von ihrer näheren Zukunft erwarte und warum? Ja, auch er dächte gelegentlich über einen Perspektivwechsel nach, er liebe Perspektivwechsel!Wie wichtig das doch sei für das Wachsen als Mensch! Wie erfrischend für die Seele und wie nötig für den Geist! Was denn Eva für Musik höre und wann und wie viel? (Hier ließ der kleine Teufel, der manchmal in Eva wohnte, sie sagen, sie höre gerne Helene Fischer. Norbert war begeistert. Er liebe anspruchsvollen Schlager! Wie gemütvoll und anrührend so etwas sei! Wie zu Unrecht verunglimpft und belacht, wo er doch in Wahrheit nur das Gute im Menschen zeige, das es nun Gott sei Dank auch gebe!)
Schon als sie am großen Haibecken angekommen waren, war Eva erschöpft. Dankbar ließ sie sich auf die Bank in der Mitte des runden Raums sinken. Norbert nahm neben ihr Platz.
»Hatten Sie einen langen Tag?«, fragte er besorgt. »So eine Menge lärmender Kinder erfordert wohl viel Geduld und innere Tapferkeit, ja? Und ständig wollen alle immer etwas von Ihnen.«
Eva sah ihn an und lächelte schwach.
»Ja, ja, ich verstehe«, sang Norbert mit seiner gefühlvollen Stimme. »Aber nun können Sie sich ja entspannen! Schließen Sie die Augen, wenn Sie mögen, und ich erkläre Ihnen, was hier in diesem Becken vor sich geht, Sie brauchen noch nicht einmal mehr hinschauen! Mögen Sie Hörbücher? Hören Sie manchmal welche?«
Eva nickte ein wenig. »Manchmal. Eigentlich selten.«
»Oh, ich liebe Hörbücher! Wie sie einen entführen, sobald man die Augen schließt! Wie man in andere Welten hineinschlüpft, wenn sie gut gesprochen sind! Ja, schließen Sie die Augen! Versuchen wir es doch einmal! Haben Sie? Gut, wunderbar! Nun, von links nähert sich gerade ein Katzenwels, ein großes, geschmeidiges Tier in schillernder Farbe, dunkelgrau oder anthrazit, wunderschön anzusehen …«
Eva hatte tatsächlich die Augen geschlossen, sie konnte nicht genau sagen, ob aus Spaß oder aus Erschöpfung. Norbertwar nett, aber anstrengend. Sein Pullunder wies genau die grellen Farben auf, die in etlichen der Exotenbecken herumschwammen, da tat es ganz gut, mal den Blick abzuwenden. Norberts Stimme allein klang gar nicht so übel, jedenfalls, wenn man nicht so genau hinhörte.
Da spürte sie plötzlich etwas an ihrer Hand. Zunächst rührte sie sich nicht. Norberts Finger – es mussten ja seine sein, die Flossen des Katzenwelses waren es jedenfalls nicht – lagen auf ihrem Handrücken und begannen, ihn zu streicheln. Sanft und zart glitten sie über ihre Haut wie kleine Federn, hoch und runter, immer wieder.
Eva riss die Augen auf. Bei aller Liebe, das ging zu weit. Sie kannten sich gerade mal 20 Minuten, und sie stand auch überhaupt nicht auf ihn.
Sie zog ihre Hand weg – nicht schnell, aber entschieden. Er stockte in seinem Redefluss, blickte sie unsicher an, schluckte.
»Ich hoffe, Sie äh … nehmen das nicht …«
»Krumm? Nein, das nicht. Aber ich finde, Sie schießen ein wenig über das Ziel hinaus, Norbert.« Eva setzte sich auf, schüttelte den Kopf. »Sie sind ein netter Kerl, keine Frage. Aber ich wundere mich schon seit der ersten Sekunde, dass Sie mir einen solchen Brief geschrieben haben. Er ist so … anders als Sie, verstehen Sie? Wenn ich ehrlich bin, hatte ich einen völlig anderen Menschen erwartet.«
Seine verknautschte Miene sah leicht verdattert aus. »Einen anderen? Aber wieso? Ich habe doch aus vollem Herzen … ich meine, geschrieben, wie ich bin.«
Eva hob die Augenbrauen. »Wie Sie sind? Sie scheinen mir in vielem das genaue Gegenteil! Ihr Text war knapp, höchstens drei Zeilen, wenn ich mich erinnere. Sie haben über sich eigentlich nichts erzählt, es wirkte, nun ja, ein wenig geheimnisvoll vielleicht. Und nun …«
»Drei Zeilen? Aber ich weiß doch genau … zwei Seiten!Ich bin sicher, ich kann mich nie … ich wollte doch möglichst viel über mich erzählen, das muss doch sein, wenn … drei Zeilen?!«
Eva schwieg. Hatte sie etwa – aber das
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