Eve & Adam (German Edition)
klein. Sie trägt Shorts, kaum länger als ein Bikinihöschen, und ihre Beine sind ungefähr einen Kilometer lang. Ihr T-Shirt sieht aus wie mit Farbe auf die Haut gesprüht. Sie hat seidig glänzende, modisch kurz geschnittene kupferbraune Haare und schräg stehende Augen, die ihr ein exotisches, katzenhaftes Aussehen verleihen. Und Brüste. Die sie gezielt und mit verheerenden Folgen einsetzt.
Ich liebe mich und meinen Körper und bin stolz auf das, was ich bin, bla, bla, bla. Aber manchmal gäbe ich viel darum, Aislins Körper und ihren Mut zu haben.
Aislin kennt keine Angst.
Nein, das stimmt nicht. Sie zeigt ihre Angst nicht.
»Deine Tasche«, sagt Solo und weicht ein wenig zurück. Er hat die Augen aufgerissen und seine Stimme zittert leicht. »Sie ist, äh … Sicherheitskontrolle … du weißt schon.« Er sieht mich mit einem panischen Blick an.
Ich zucke die Schultern. Da kann ich dir auch nicht helfen, Junge. Ich senke den Kopf, um mein Grinsen zu verbergen, denn ich weiß, was jetzt kommt.
Aislin nimmt die Tasche entgegen, aber bevor Solo wieder verschwinden kann, hält sie ihn am Handgelenk fest. Sie öffnet die Tasche und untersucht den Inhalt. »Aha, sie haben mir also den Flachmann weggenommen.«
»Sie meinten, du würdest die Sachen beim Gehen zurückkriegen.«
So ist es brav, Solo, ein ganzer Satz.
»Warte!«, sagt Aislin. Sie greift in die Tasche und, jawohl, zieht eine lange Kette von Kondomen heraus. »Wenigstens haben sie mir gelassen, was ich am dringendsten brauche.«
Von Solo kommt ein merkwürdiges Wimmern und er stürzt aus dem Zimmer.
Aislin lacht entzückt. Sie setzt sich auf die Bettkante, und ich sage: »Du bist ja so gemein.«
»Ja, bin ich.«
»Du hast keine Ahnung, wie sehr ich dich vermisst habe.« Ich seufze. »Ich vermisse alles. Die Hausaufgaben, diesen strengen Geruch in der Mädchenumkleide.«
»Streberin. Das Schuljahr ist sowieso in wenigen Tagen vorbei. Im Herbst darfst du alles nachholen.« Aislin tätschelt DAS Bein. »Oh, Mist, sorry! Habe ich dir wehgetan?«
»Nein, hast du nicht. Die Schmerztabletten sind echt gut.«
»Du hast wahrscheinlich keine übrig, die du mir geben könntest?«
Ich hole tief Luft. »Wie geht es Maddox?«
»Wem? Oh, tut mir leid, den Namen habe ich beim Anblick von Mr Muskelman doch glatt vergessen.«
»Er heißt Solo.«
Aislin grinst frech. »Natürlich heißt er so. Aber das lässt sich ja ändern.« Ihr Lächeln verfliegt. »Maddox ist gegen Kaution draußen. Wenn er nicht wieder Mist baut, kommt er wahrscheinlich mit Sozialstunden davon.«
»Wenn …«, sage ich.
Ich weiß, dass es falsch ist, aber Aislins Sorgen wirken auf mich beruhigend, sie sind ein so fester Bestandteil unseres Lebens.
Ich habe Aislin in der sechsten Klasse kennengelernt. Mein Dad war im Sommer gestorben und sie bot mir die dringend benötigte Ablenkung. Sie liebte schon damals Glamour und Mode, und während ich noch vier Jahre davon entfernt war, Jungs als etwas Interessantes wahrzunehmen, fesselte Aislin sie bereits wie eine Kobra ihre Beute.
Sie war auch die Einzige, die mich in diesem schrecklichen Jahr zum Lachen brachte.
»Du kennst Maddox«, seufzt sie. Sie blickt nach unten und zur Seite, wie sie es immer tut, wenn ich nicht wissen soll, wie sehr sie etwas bedrückt.
Wenn Maddox ins Gefängnis kommt – und das wird er eines Tages –, wartet Aislin wahrscheinlich auf ihn. Sie ist unerschütterlich treu.
Ich liebe sie.
»Und mit was vertreibst du dir hier die Zeit?«, fragt sie.
»Hilf mir in den Rollstuhl. Dann zeige ich es dir.«
Es dauert eine Weile, aber dann haben wir meinen geschundenen Körper mitsamt dem Riesenbein in den Rollstuhl verfrachtet.
Sehe ich eigentlich wirklich noch so schlimm aus?
»Schieb mich zum Spiegel«, bitte ich Aislin.
Der Spiegel reicht vom Boden bis zur Decke und hat einen goldenen Rahmen.
Ich mache mich auf das Schlimmste gefasst. Ich habe mich am Anfang gesehen, mein Spiegelbild auf irgendeiner glänzenden Oberfläche, und es war kein schöner Anblick. Ich hatte große Waschbärenaugen, eine rote Nase und zwei deutlich sichtbare Höcker auf der Stirn, einer davon so groß wie ein Ei.
Seitdem habe ich Spiegel gemieden.
Ungläubig starre ich auf mein Abbild.
Ich bin wieder ich.
»Hä?«, mache ich. Wo sind meine Blutergüsse? Meine Beulen? »Schieb mich näher ran.«
»Irgendwie schwer zu glauben, dass du fast gestorben wärst«, sagt Aislin. »Wo es doch erst ein paar Tage her ist.«
»Ja,
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