Ewiges Blut - ein Vampirroman (German Edition)
antwortete nicht. Still starrte er aus dem Fenster in die klare Nacht hinaus. Er fragte sich – etwas schuldbewußt – ob Alex dort irgendwo war. Er hatte die letzten Abende und auch die Nächte mit Virginia verbracht. Und Alex hatte sich nicht blicken lassen, obwohl er sicher wußte, wo Brian sich aufhielt.
Virginia faszinierte Brian auf ihre ganz eigene Weise. Sie wußte offensichtlich nicht, in welcher akuten Gefahr sie sich befand. Denn sie strahlte eine wunderbare Naivität aus, die Brian sehr mochte. Aber er konnte nicht einschätzen, wie Alex zu ihr stand. War sie als Mensch interessant für ihn oder lediglich als sterbliches Spielzeug?
Er konnte den Gedanken nicht ertragen, daß Alex sie irgendwann töten könnte. Aber das konnte er – daran zweifelte Brian nicht. Kleopatra sprang von Brians Schoß, um mit Asrael zu balgen.
Gedankenverloren strich Brian mit den Fingern über den weichen Stoff des Sofas. Stand Alex jetzt vielleicht vor Brians Fenster und ärgerte sich? Aber warum dachte er an Alex? Jetzt, wo er in Gesellschaft dieser umwerfend aussehenden Frau war? Konnte er sich denn nicht vorstellen, den Kontakt zu den Unsterblichen aufzugeben, um ein ganz normales Leben zu führen? Ein wunderbares, normales Leben mit einer Frau und Kindern in einem schönen Haus. Ein wunderbares Leben mit dieser Frau? War es nicht das, was der Mensch begehrte?
Es war eine angenehme Vorstellung, wenn er an eine Zukunft mit Virginia dachte, aber irgendetwas nagte an ihm. Und Brian wußte sehr genau, was das war. Er konnte sich kein Leben ohne Alex wünschen. Er konnte auf den Luxus verzichten, auf die teuren Geschenke, die Alex ihm machte, aber auf Alex konnte er nicht verzichten. Er lag ihm wirklich sehr am Herzen. Und er wußte, daß er niemals mit dem Wissen leben konnte, daß es die Unsterblichen gab und er sich von ihnen abgewandt hatte.
» Warum schaust du so traurig? « fragte Virginia und setzte sich zu ihm auf die Couch. » Laß mich dich ein bißchen ablenken. «
Zärtlich begann sie sein Gesicht zu küssen. Sie schob ihre warmen Hände unter seinen Pullover und massierte seinen Rücken. Brian seufzte und schob die unangenehmen Gedanken zur Seite.
» Laß uns in dein Schlafzimmer gehen « , flüsterte er Virginia ins Ohr.
Alex schäumte vor Wut, als er die beiden Schatten hinter dem Vorhang des Schlafzimmers sah. Er nahm die rhythmischen Bewegungen wahr und konnte sich auch vor den anderen Geräuschen der körperlichen Vereinigung nicht schützen.
Brian war offensichtlich in Liebe entflammt zu dieser Frau. Dieser Narr! Was konnte sie ihm schon bieten? Zornig trat Alex gegen eine Straßenlaterne. Diese erlosch ungnädig und knickte an der Stelle, an der Alex sie getroffen hatte, einfach ab. Schlimmer hätte sie nach keinem Autounfall aussehen können. Sein Zorn war kaum zu bändigen. Und das Schlimmste war, daß er die beiden miteinander bekannt gemacht hatte. Es war nicht zu glauben. Das ganze Dilemma war seine Schuld! Oh, wie haßte er die beiden ineinander verschlungenen Gestalten, die sich dort oben ihren niedersten Instinkten hingaben. Er hätte sie töten können. Ihr Blut hätte seinen Zorn vielleicht besänftigt.
Alex erschrak. Hatte er wirklich darüber nachgedacht, Brian zu töten? Nein, niemals würde er so etwas tun. Was lauerte da für eine Bestie in ihm, die solche Gedanken hervorbringen konnte?
Wieder ließ Alex seinen Blick zu Virginias Schlafzimmerfenster schweifen. Dort oben wurde das Licht gelöscht. Von Brian? Alex spürte einen stechenden Schmerz in seiner Brust. Warum mußte er diese Schmerzen so viel intensiver spüren, als ein Sterblicher? Der Schmerz raubte ihm den Atem. Die Einsamkeit durchdrang seinen Körper mit schwarzer Macht.
Brian. – Alex?
Wütend und traurig stieg Alex in den tiefschwarzen Nachthimmel auf. Nur die Sterne begleiteten ihn, als er sich vom Wind treiben ließ. Weit, weit weg von diesem Leben.
Alex landete im dichten Urwald. Die vielen Geräusche und das Gewusel der unendlich kleinen Tiere entzückten ihn über alle Maße. Wie mochte dieser Urwald wohl bei Tage aussehen? Die Sonne konnte jedenfalls nicht durch die dichten Baumkronen auf den weichen Naturteppich aus abgestorbenem Holz und dichtem Buschwerk dringen.
Aber sicher war dieser Wald voll von Farben. Wunderbare Grüntöne in allen Schattierungen, prächtige bunte Vögel und gefährliche Insekten, die ihre Warnfarben wie Schmuck trugen. Hier war das Leben – und das Sterben. Der ekelerregende
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