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EwigLeid

EwigLeid

Titel: EwigLeid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Virna Depaul
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anders gewesen als sonst und viel schlimmer. Er hatte ihre Unfähigkeit, auf Kevin Porter zu schießen, verdeutlicht, allerdings hatte es dieses Mal nicht ihren eigenen Tod zur Folge, sondern Jase und die anderen mussten sterben. War der Traum prophetisch? Nein. Es war ausgeschlossen, dass sie jemand anderem etwas zustoßen lassen würde. Besonders Jase.
    „Carrie.“
    „Ich muss jetzt wirklich allein sein, Jase.“
    „Ich denke, das ist das Letzte, was dir guttut.“ Er setzte sich neben sie und umfasste ihr Kinn, damit sie ihn ansah. „Sprich mit mir. Erzähl mir, worum es in deinem Traum ging.“
    „Ums Sterben“, meinte sie matt. „In meinen Träumen dreht sich fast immer allesum den Tod.“
    „Um wessen Tod? Deinen?“
    Sie schüttelte den Kopf und wandte den Blick ab. „Das ist das Schlimmste daran. Es geht nie darum, dass ich sterbe. Es geht um all die Menschen, die ich nicht retten kann. Sogar – sogar um die, die ich selbst getötet habe.“
    „Du sprichst von Kevin Porter, stimmt’s? Verdammt noch mal, Carrie, du weißt, da hieß es er oder du. Er hat dir keine Wahl gelassen.“
    „Vom Verstand her ist mir das klar. Mir ist auch bewusst, dass ich nicht schuld an Kelly Sorensons Tod bin. Aber meine Träume sind nicht vom Verstand bestimmt, sondern von meinen Gefühlen. Immer ist da dieser Gedanke, ich hätte etwas anders machen müssen. Ich hätte mehr tun müssen.“ Jetzt sah sie ihn an. „Hast du nie dieses Gefühl?“
    „Manchmal schon. Manchmal fällt es schwer, nicht so zu denken. Doch den Tod kann keiner besiegen. Wir können ihn nur hinauszögern, und das schaffen wir nicht allein, nicht, wenn andere gegen uns arbeiten. Wenn mich also der Verstand im Stich lässt und Hoffnungslosigkeit oder Hilflosigkeit mich überkommen wollen, dann konzentriere ich mich auf andere Dinge.“
    „Auf was denn? Auf deine Frauen? Dein Vergnügen?“ Es klang keineswegs wie Kritik, höchstens skeptisch. Sosehr es sie auch schmerzte, sich ihn mit anderen Frauen vorzustellen, konnte sie ihm doch Trost und Vergnügen und alles, was er im Leben fand, nicht missgönnen. Doch genauso wenig konnte sie begreifen, wie das für ihn funktionierte.
    „Manchmal kann man all den anderen Kram nur überleben, indem man jedes Vergnügen beim Schopfe packt. Das, was wir tun, ist so düster. Du ziehst mich mit meinen Frauen auf, aber, ja, mit ihrer Hilfe versuche ich, ein Gleichgewicht in meinem Leben herzustellen. Mir ins Gedächtnis zu rufen, dass das Leben auch Schönes und Angenehmes zu bieten hat.“
    „Ich glaube nicht an so viel Schönheit und Annehmlichkeit im Leben wie du, Jase.“
    „Das kann nicht stimmen. Ich habe deine Wohnung gesehen. Du umgibst dich gern mit hübschen Dingen. Du musst nur noch akzeptieren, dass du selbst zu den schönen Dingen im Leben gehörst.“
    „Nicht“, sagte sie scharf.
    „Was? Darf ich dich nicht als schön bezeichnen?“
    „Ich weiß, welche Art von Frauen du magst, Jase. Da kann ich nicht mithalten.“
    „Du irrst dich. Sie können nicht mit dir mithalten. Doch es geht hier nicht um einen Wettstreit. Es ist das Leben. Man versucht, möglichst viel Gutes zu tun und gleichzeitig möglichst viele angenehme Seiten des Lebens zu genießen.“
    „Nach Vergnügungen zu suchen ist ein Luxus, den ich mir im Moment nicht leisten kann.“
    „Ich habe den Verdacht, das redest du dir schon eine ganze Weile ein. Stimmt’s?“ Er seufzte und stand auf. „Entschuldige. Wir drehen uns im Kreis, und du bist sicher müde. Sag mir Bescheid, wenn du etwas brauchst.“
    Er lächelte zärtlich, drehte sich um und wollte zurück ins Schlafzimmer gehen. Panik überkam Carrie. Plötzlich fielen alle Vernunft, alle Argumente und Schutzbehauptungen in sich zusammen. Sie wusste nur noch, dass sie es nicht ertragen würde, wenn Jase jetzt ging. „Ich brauche dich“, platzte es aus ihr heraus. „Ich will das Leben spüren, Jase, ich will mich vergnügen. Ich … ich weiß nur nicht, wie das geht und wie ich gleichzeitig trotzdem tun kann, was ich tun muss.“
    Er erstarrte. Als er sich zu Carrie umdrehte, sah er genauso verdutzt aus wie sie selbst.
    Je länger er sie anschaute, desto heftiger bereute sie ihre albernen Worte. „Lassgut sein. Ich habe keine Ahnung, warum ich das gesagt habe. Du hast recht. Ich bin wirklich müde. Und ich …“
    Er kniete sich neben sie und legte die Hände um ihr Gesicht. „Du bist eine gute Polizistin, Carrie, aber du bist auch noch viel mehr. Du musst dir

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