Ewiglich die Hoffnung
Methode, um den Stein ins Rollen zu bringen.
»Wie viel Zeit geben wir ihm?«, fragte Will.
Ich dachte an meinen Traum letzte Nacht. Ich blickte ihm in die Augen. »Sechs Stunden.«
»Was?!«
»Du hast gesagt, heute Abend. Ich gebe ihm sechs Stunden.« Ich sah auf mein Handy. »Bis heute Abend um sieben.«
»Das sollte nur ein Beispiel sein. Dann bleibt dir nicht viel Zeit.«
»Zeit wofür?«
Er sah mich an, als würde ich etwas Offensichtliches übersehen. »Zeit, um dir zu überlegen, was du deiner Familie sagst. Zeit, um … na ja … alles vorzubereiten …«
»Jack entgleitet mir. Ich habe keine Zeit für Vorbereitungen. Ich kann es spüren. Und ich hab’s ausgerechnet. Ein Tag in der Oberwelt entspricht sechs Monaten im Ewigseits.«
»Das war während der Nährung. Du hast gesagt, während der Nährung vergeht die Zeit langsamer.«
»Trotzdem … wenn ich einen Tag länger warte, sind das für ihn Monate. Oder zumindest Wochen. Und das schafft er nicht mehr. Was, wenn ein Oberwelt-Tag mehr ihn umbringt?« Meine Stimme begann zu zittern. Ich konnte Will nicht in die Augen sehen, daher starrte ich aus dem Fenster.
Wills Hand schloss sich um meine. Wieder glitt mir eine Träne die Wange hinunter, und Will wischte sie wortlos mit dem Daumen weg.
»Es muss heute Abend passieren«, sagte ich. »Im Ewigseits vergeht die Zeit rasend schnell. Wenn alles gut läuft, kann ich zurück sein, ehe mein Dad merkt, dass ich fort war.«
Will drückte meine Hand. »Sechs Stunden, Becks. Wir geben ihm sechs Stunden. Ich kümmere mich um alles Übrige.«
Ich nickte schniefend und nahm meine Serviette.
Er wartete schweigend einen Moment, tippte schon mal Coles Telefonnummer in sein Handy, während er nach Anzeichen dafür suchte, dass ich mich wieder gefangen hatte.
Schließlich sagte er: »Kann’s losgehen?«
Ich nickte. Er drückte die Anruftaste und reichte mir das Handy.
Nach zweimal Klingeln meldete Cole sich. »Hallo?«
»Cole, ich bin’s, Nik.«
Pause.
»Nik«, sagte er.
»…«
»…«
Ich sah Will an, um mir bei ihm Kraft zu holen. »Hör gut zu, denn ich werde das nur ein Mal sagen. Ich gehe ins Ewigseits. Und zwar heute Abend um sieben Uhr.«
»Ich glaub dir kein Wort, Nik.« Cole lachte in sich hinein.
Ich ließ mich nicht irritieren. »Ich werde um sieben im Minimarkt sein. Und dann bin ich weg.«
Er schnaubte durch den Hörer. »Und wie hast du vor, dorthin zu kommen?«
»Ich hab Haare von dir.«
Cole verstummte am anderen Ende. Ich fing Wills Blick auf, und er nickte aufmunternd.
»Drei, um genau zu sein«, sagte ich und blickte auf meine Hand, als hätte ich wirklich welche in den Fingern.
»Woher –«
»Was glaubst du wohl, warum ich gestern Nacht zu euch in die Garderobe gekommen bin?« Ich versuchte, möglichst überzeugend zu klingen. »Die ganze Band hat da Haare verloren. Es war kinderleicht.«
Er schwieg wieder. »Wenn du dir so sicher bist, wieso erzählst du es mir dann?«
Ich sah Will an, der mich mit einer Handbewegung aufforderte, weiterzumachen. »Ich gebe dir eine letzte Gelegenheit, mitzukommen. Du weißt, wie meine Chancen ohne dich sind.« Ich holte tief Luft. »Also. Du hast sechs Stunden, oder ich bin für immer aus deinem Leben verschwunden.«
»Nik –« Seine Stimme klang gepresst, aber ich legte auf, ehe ich hören konnte, was er sagen wollte, und gab Will das Handy zurück.
»Glaubst du, er hat’s dir abgekauft?«, sagte er.
Ich nickte. »Hundertpro. Aber ob er kommt, bleibt abzuwarten.«
Ich ließ Will allein und fuhr nach Hause, um mich startklar zu machen, obwohl ich nicht wusste, was das beinhaltete. Was packt man für die Unterwelt ein?
Als ich ins Haus kam, war mein Dad in seinem Arbeitszimmer, und die Tür stand offen.
»Nikki! Komm doch bitte mal rein.« Er klang nicht besonders gut gelaunt, aber mir fiel nichts ein, womit ich ihm in letzter Zeit die Laune verdorben haben könnte.
Ich blieb an der Tür stehen. »Was ist denn, Dad?«
Er sah auf die Uhr. »Hast du heute nicht was vergessen?«
Ich zermarterte mir das Hirn. Es war Mittwoch, oder? Gegen halb zwei. Wenn ich es recht überlegte, dürfte mein Vater noch gar nicht zu Hause sein. Und dann fiel der Groschen.
»Scheiße. Dr. Hill.«
»Genau. Sie hat mich angerufen und gefragt, ob mit dir alles in Ordnung ist, weil du nicht zu deinem Termin erschienen bist. Also bin ich schnell vom Büro nach Hause, wo ich feststellen musste, dass du nicht da warst.«
Ich seufzte. »Tut mir
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