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Exit Mosel

Exit Mosel

Titel: Exit Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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schien. »Kommen Sie bitte herein!« Frau Hippens führte sie in einen Raum, eine Art Esszimmer. Der Spitz beschnüffelte die Beine der Besucher.
    In zwei Glasvitrinen befanden sich Porzellanfiguren, manche in hellen Farben, andere bunt bemalt. Um einen rötlichen Holztisch standen vier dick gepolsterte Stühle, die beim Hinsetzen nur wenig nachgaben. Walde bemerkte den missbilligenden Blick, mit dem die Hausherrin Gabi bedachte, während sie sich auf einem Stuhl zwischen den beiden Polizisten niederließ. Er fragte sich, ob es an der Kleidung seiner Kollegin, ihrem Auftreten oder dem Umstand lag, dass sie als Frau diesen Job machte.
    »Ist Ihre Nichte Edith zu Hause?«
    »Meine Großnichte ist wahrscheinlich zur Universität.«
    »Wahrscheinlich?«
    »Sie ist in der Früh weg.«
    »Wann etwa?«
    »Gegen vier oder fünf Uhr. Ich mache mir Sorgen. Sie ist so anders seit dem Unfall.«
    Nachdem Gabi sich die Handynummer der jungen Frau hatte geben lassen, sagte sie: »Sie haben gegen Herrn Gerhard Roth Anzeige wegen unterlassener Hilfeleistung erstattet. Kennen Sie ihn persönlich?«
    Die Frau schüttelte den Kopf. »Ich war ja nicht dabei«, sagte sie. Dabei blickte sie ausschließlich Walde an.
    Er nahm die von Grabbe ausgedruckten Papiere aus seiner Jackentasche und faltete sie vor sich auf. Während der Fahrt hatte er sie Gabi vorgelesen.
    »Und wie kommen Sie dazu, Anzeige zu erstatten?«, fragte Gabi.
    »Edith war am Ertrinken, und er hat ihr nicht geholfen. Wenn der Holländer nicht gewesen wäre …«
    »Und woher wissen Sie das?«
    »Das stand doch alles in der Zeitung.« Obwohl Gabi die Frage gestellt hatte, blickte die Frau weiter Walde an. »Edith wollte das nicht, aber ich kann doch nicht zulassen, dass dieses Subjekt ungeschoren davonkommt.«
    Der Hund kam über den Parkettboden getrippelt und ließ sich unter dem Stuhl seines Frauchens nieder. Walde nahm einen Block aus seiner Jacke und notierte sich etwas mit dem kleinen Bleistift, während er zu Gabi blickte.
    »Haben Sie mit dem Retter gesprochen?«, fuhr Gabi fort.
    »Nein, aber das werde ich noch tun, er kommt morgen wieder nach Trier. Dann bekommt er vom Bürgermeister die Lebensrettungsmedaille verliehen.« Ihre Mundwinkel hoben sich ein wenig, während sie sich Gabi zuwandte.
    »Nach dem Unfallbericht hat Ihre Nichte …«
    »Großnichte«, korrigierte sie. »Ich bin ihre Großtante, sie ist die Tochter des Sohns meines Bruders. Ich habe nach der Scheidung wieder meinen Mädchennamen angenommen.«
    »Ah, ja«, kommentierte Gabi.
    »Es ist hier vor der Tür passiert«, fuhr die Frau fort. »Sie hat den Gang verwechselt oder zu spät gebremst und ist rückwärts den Hang hinunter in die Mosel gefahren. Ihr Wagen wurde von der Strömung erfasst.«
    »Haben Sie das beobachtet?« Walde schaute aus dem Fenster. Durch den Hochwasserdamm wurde die direkte Sicht auf die Mosel versperrt, aber die Insel und die andere Uferseite waren zu sehen.
    »Nein. Das hätte mein Herz sicher nicht verkraftet.« »Und wie haben Sie herausgefunden, dass Gerhard Roth sich unterlassener Hilfeleistung schuldig gemacht haben soll?«
    »In Höhe der Jugendherberge ist Edith in letzter Sekunde aus dem sinkenden Auto gerettet worden.«
    »Von wem haben Sie den Namen von Gerhard Roth?«, hakte Gabi nach.
    »Der nette Herr vom Tauchclub, der Herr Hol …«
    »Holbach?«
    »Genau, der hat mir die Auskunft gegeben.«
    »Ist das Edith?« Gabi zeigte auf ein Foto, das zwischen den Vitrinen an der Wand hing. Es zeigte ein ernst blickendes Mädchen mit einer altmodischen Außenrolle und einer John-Lennon-Brille.
    »Ja, das ist Edith vor zwei Jahren in …« Sie unterbrach sich.
    »Hat sie sich inzwischen äußerlich stark verändert?«
    »Die Haare sind etwas länger und ihre neue Brille hat einen etwas dünneren Rand.«
    »Wo ist das Foto aufgenommen?« Walde zeigte auf das parkähnliche Gelände und das nur unscharf abgebildete große Gebäude im Hintergrund.
    »Sie war in einer Klinik.«
    »Weswegen?«, fragte er.
    »Sie musste nach dem Abitur vorübergehend in psychiatrische Behandlung.« Als er sie weiter anblickte, fügte sie hinzu. »Es ging ihr nicht so gut.«
    »Und wie geht es ihr momentan?«, fragte Walde.
    »Sie hat zwar bei dem Unfall einen leichten Schock erlitten und kann sich an nichts mehr erinnern, aber seit ein paar Tagen geht sie wieder zur Uni.«
    »Dürfen wir es mitnehmen?« Walde hängte das Bild ab. »Sie bekommen es wieder.«
    »Ich weiß zwar nicht … von mir

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