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Exit Mosel

Exit Mosel

Titel: Exit Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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Frau hatte Gabis Blicke bemerkt.
    An der Tür ließen sie zwei Männern den Vortritt, die aufeinander gestapelte, leere Kisten nach draußen trugen.
    »Gerhard hat gewusst, dass die Tafel das Elend in der Stadt nur etwas lindern kann. Genauso wie die Caritas nicht allein dazu imstande ist, die Welt zu retten, und erst recht nicht die Linken. Er war schon als Schüler ein Fanatiker, wenn es um gerechte Behandlung ging. Er konnte sich nach Klassenarbeiten mit Lehrern bis aufs Blut um einen halben Punkt streiten, auch für seine Mitschüler, obwohl er nie zum Klassensprecher gewählt wurde. Später hat er sich immer mehr zu einem regelrechten Gerechtigkeitsfanatiker entwickelt. Das hat auch seinen Berufsweg bestimmt. Gerhard war bemüht, regional und global zu einer besseren Welt beizutragen, auch wenn er sich dabei gelegentlich wie Sisyphos fühlte.«
    »Hat Ihr Mann die Rettung einer Frau aus der Mosel erwähnt?«
    »Die mit dem Auto reingefahren ist?«
    Gabi nickte.
    »Im Laden wurde darüber gesprochen, das stand doch kürzlich auch in der Zeitung.«
    »Kam Ihr Mann einmal mit nasser Kleidung nach Hause?«
    »Das kam öfter vor, wenn er in einen Regenschauer geriet.«
    »Und in den letzten beiden Wochen?«
    »Glauben Sie, er hätte was mit der Rettung dieser Frau zu tun gehabt?«
    »Könnte sein.«
    Marlene Roth stellte die leeren Kisten ab. »Etwa vor einer Woche hatte er Kleidung in der Waschküche aufgehängt. Ich dachte, er wäre mit dem Rad in einen Regenschauer geraten. Zwei Tage später nahm er Lutschtabletten gegen Halsschmerzen.«
    »Hat Ihr Mann auch mal stärkere Medikamente genommen?«
    »Was meinen Sie?«
    »Psychopharmaka oder dergleichen.«
    »Nein, hin und wieder mal eine Kopfschmerztablette und was gegen Erkältungen, sonst nichts.«
    »Hat er über die Frau aus der Mosel gesprochen?«
    »Nein, vielleicht dachte er, dass ich schon genug Ärger auf der Arbeit hatte.« »Sie hatten Probleme? Was konkret?«
    »Das ist eigentlich ein Dauerzustand. Zuerst sollte der Laden, in dem ich arbeite, zugemacht werden, dann hieß es, er würde verkauft und das Personal übernommen werden, dann klemmte es bei den Bankkrediten. Und nun gibt es Ärger mit den Mietverträgen.« Sie winkte ab. »Manchmal hatte ich den Eindruck, das würde Gerd mehr belasten als mich. Er hat sich um alles viel zu viele Gedanken gemacht.«
    »Auch in letzter Zeit?«
    »Da war er ganz gut drauf und hat geheimnisvoll getan, aber dann lag er die halbe Nacht wach.«
    »Wann war das?«, fragte Gabi.
    »In den letzten Tagen.«
    »Nachdem der Artikel in der Zeitung stand?«
    »Hätte ich bloß einen Zusammenhang hergestellt!« Marlene Roth senkte den Kopf und zog ein Taschentuch aus dem Ärmel ihres dunklen Sweatshirts. Gabi legte eine Hand auf den Oberarm der Frau.
    *
    Der Wust an Papieren auf Grabbes Schreibtisch schien weiter angewachsen zu sein.
    »Wie lange soll ich denn noch warten?«, rief Grabbe ins Telefon. Seine Wangen waren gerötet, sein Pullunder hing über der Rückenlehne seines Stuhls, er hatte sich die Ärmel seines Hemds aufgekrempelt. »Okay, aber wirklich nur eine Viertelstunde!«
    »Wir benötigen die Videobänder von allen Tankstellen«, sagte Walde, »Zeitraum Montag, 22 Uhr, bis Dienstag, 1 Uhr.«
    »Das kann Gabi vielleicht nachher machen. Ich frage mich, wo sie bleibt.«
    »Gleich, wäre mir lieber.«
    »Ich hab auch nur zwei Hände, wie soll ich …?«
    »Ich besorge Verstärkung«, unterbrach ihn Walde.
    Walde blieb am Fenster seines Büros stehen. Der Nebel hatte sich aufgelöst. Am blauen Himmel hingen weiße Schleierwolken, oder waren es verwehte Kondensstreifen? Die Tauben flogen über die Dächer der Stadt, wie sie es bei jedem Wetter taten.
    Mit einem Mal gab es zahlreiche Ansätze für Ermittlungen, in die er sich nicht zu tief verstricken wollte. Er musste versuchen, den Überblick zu bewahren. Aber dafür brauchte er weitere Leute. Wandte er sich an den Präsidenten, riskierte er womöglich eine Diskussion über eine Sonderkommission.
    Im Stehen wählte er die Nummer seines Kollegen Meyer. Nach drei Sätzen war das Problem gelöst.
    *
    An der Pforte musste Anke durch die Personenschleuse. Dahinter öffnete sich die Tür mit einem Summen. Was, wenn ihr übel wurde? Kam sie dann hier überhaupt wieder schnell genug raus? Eigentlich sollten Laura und sie bereits um elf hier sein, aber sie waren erst in der falschen Polizeiwache gelandet, und das Präsidium hatten sie dann auch nicht gleich gefunden.
    Ein

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