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Exit Mosel

Exit Mosel

Titel: Exit Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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Polizist wies sie in einen verglasten Warteraum. Anke und Laura nahmen auf den kalten Drahtsitzen Platz. Sämtliche Möbel hier drinnen hatten Rahmen aus dickem Stahlrohr. Selbst die bunte Farbe konnte da nicht mehr viel retten. Sollte das Mobiliar Schutz vor Vandalismus bieten? Anke fragte sich, ob Randalierer nicht gleich in Zellen verfrachtet wurden.
    Der Kopfschmerz meldete sich wieder, als würde ein Bohrer gleich über der Nasenwurzel angesetzt werden. Letzte Nacht waren sie dann doch noch in dieser Kneipe gelandet, hatten ein paar Schnäpse gekippt, und nun waren sie schwer verkatert.
    Durch die offene Tür betrat ein Polizist in Uniform den Raum. Er begrüßte sie weitaus freundlicher, als Anke erwartet hatte. Es ging durch einen düsteren Gang um eine Ecke zu einem Büro, das hauptsächlich aus einem von zwei Beistelltischen eingerahmten Schreibtisch bestand. Vor einen der beiden setzten sich die jungen Frauen mit dem Rücken zur Tür auf orangefarbene Stühle. Die Wände schienen schon länger nicht mehr gestrichen worden zu sein. Neben einem Kalender der Polizeigewerkschaft hing ein Poster, das junge Leute beim Feiern zeigte. Im Nebenzimmer schien ein Fernseher zu laufen, vom Tonfall des Dialogs eine Soap. Gab es die schon vormittags? Und wer schaute so etwas im Dienst?
    Der Polizist nahm ein Blatt Papier aus einer der übereinander gestapelten blauen Ablagekisten, die neben seinem Rechner standen, und warf einen kurzen Blick darauf. Es waren nur wenige Zahlen, die er anschließend ins Telefon tippte. Anke sah zu Laura hinüber, die ihre Ausweiskarte auf den hellbraun furnierten Tisch legte. In das Geräusch des aus dem Ruhemodus hochfahrenden Rechners sagte der Mann ins Telefon: »Sie sind da!«
    Als er ihren Ausweis entgegennahm, hatte er wohl Ankes irritierten Blick bemerkt. »Kommissar Bock von der Kripo möchte Ihnen noch eine Frage stellen«, erklärte er.
    Kaum waren die Personalien aufgenommen, als es an der Tür klopfte. Anke hatte sich einen Kommissar eigentlich anders vorgestellt. Im Fernsehen sah man die Typen im Dienst mit Waffengurten über der Schulter herumlaufen. Der hier hatte zwar auch seine Jacke abgelegt, wirkte aber nicht einschüchternd, obwohl er ziemlich groß war. Er trug keine Waffe und hätte auch als Psychologe oder Sozialarbeiter durchgehen können. Während der Uniformierte einen Stuhl für seinen Kollegen holte, stellte sich der Mann als Kommissar Waldemar Bock vor. Anke hatte noch nie jemanden mit diesem Vornamen kennengelernt. Mit Waldemar assoziierte sie einen häuslichen Pantoffeltyp mit Bademantel und Brille auf der Nasenspitze, der mit fünfzig noch im Hotel Mama wohnte.
    Als der Polizist wieder an seinem Rechner Platz genommen hatte, hörte der Kommissar schweigend zu, als Anke von dem nächtlichen Erlebnis auf der Römerbrücke bis zu dem Zeitpunkt, als die Feuerwehr eintraf, berichtete. Diese sei sehr schnell zur Stelle gewesen. Anke hatte das Gefühl, dass es kaum mehr als eine Minute gedauert hatte, bis die Wagen mit Blaulicht oben auf der Uferstraße ankamen. Erst als Laura direkt angesprochen wurde, sagte sie, dass sie die Frau am Geländer nicht gesehen und lediglich die Feuerwehr alarmiert habe.
    »Darf ich Sie auch noch etwas fragen?« Der Kommissar mit dem komischen Vornamen hatte auf einmal einen kleinen Umschlag in der Hand, aus dem er ein Foto zog und es Anke hinhielt. »Erkennen Sie die Frau wieder?«
    Sie nahm das Foto zögernd in die Hand, als wollte sie vermeiden, ihre Fingerabdrücke auf dem Bild zu hinterlassen. Sie betrachtete die junge Frau, Typ Streberin, offensichtlich null Ahnung von Mode und der Welt, aber Einskomma-Abi.
    »Soll sie …?« Anke blickte von dem Foto auf. »Soll sie das gewesen sein?«
    »Das frage ich Sie.«
    »Ich habe sie nur von hinten gesehen. Kein Gesicht … und von den Haaren her … die waren dunkel …«
    »Können Sie sich noch an ihre Kleidung erinnern?«
    »Ich glaube, sie hat eine Jeans getragen und eine dunkle Jacke, die Farbe war nicht zu erkennen.«
    Als Walde wieder nach oben kam, war der Papierberg von Grabbes Schreibtisch urplötzlich verschwunden. Neben dem Monitor stand nun ein knapp meterhoher Turm aus übereinander gestapelten flachen Kunststoffkisten.
    »Die Feuerwehr hat bis in die Morgenstunden Taucher eingesetzt, die Brückenspringerin aber nicht gefunden. Nun suchen sie zusammen mit der Wasserschutzpolizei das Gelände entlang der Mosel ab.« Grabbes Gesichtsröte war ebenfalls verschwunden, aber die

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