Expedition Ra - Mit dem Sonnenboot in die Vergangenheit
verschaffen? Nein - einstimmig. Aber wir besaßen einen soliden viereckigen Reservemast aus ägyptischem Cenebar-Holz . Die Masten waren noch nie gebrochen, sie hatten sogar dem Sturm widerstanden. Deswegen verbanden wir den großen Reservemast mit dem dicken runden Iroco -Schaft des Reservesteuerruders, das wir bisher geschont hatten. So erhielten wir ein so dickes und schweres Steuerruder, daß alle sieben aufstehen mußten, um es anzuheben, als es spät in der Nacht ins Wasser getaucht werden konnte. Es war Vollmond, die Sterne funkelten. Die schäumenden Wellen des Kanarienstroms jagten hinter uns her, hoch, wild und schwarz; aber sie machten uns keine Angst, sie konnten den Papyrus nicht bezwingen. Die Wellen zerstörten nur das Holz genauso schnell, wie wir es ins Wasser tauchten. Nur sorgfältig auf Deck verstaut waren Holz, hundertsechzig zerbrechliche Keramikkrüge und die übrige Ladung in Sicherheit. Aber nun sollte das riesige Ruder den Kampf mit dem Meer aufnehmen.
Santiago und ich postierten uns auf der Steuerbrücke. Wir hielten das Ende des acht Meter langen Ruderschafts, das hier oben festgebunden werden sollte. Gleichzeitig standen die anderen unten auf dem Papyrusdeck und hielten das große schwere Ruderblatt fest. Es sollte ins Wasser geschoben und danach mit dem Hals an dem dicken Querbalken festgebunden werden, der zu beiden Seiten des Achterdecks überstand.
Als das Zeichen kam und das riesige Ruder hinausgeschoben wurde, begannen Meer und Papyrus einen wilden Tanz. Die fünf Männer unten versuchten mit aller Kraft, die dicken Reeps zu befestigen, die das Ruderblatt an seinem Platz halten sollten; doch eine riesige Welle wälzte sich heran und riß ihnen das Blatt aus den Händen. Auf der Brücke konnten Santiago und ich uns gerade an den oberen dünnen Teil des Schaftes hängen, der an das solide Geländer der Brücke gebunden werden sollte. Aber als die Welle unter uns weiterschäumte und mittschiffs passierte, öffnete sich unter dem Achtersteven der Ra ein Schlund, und das losgerissene Steuerruder wurde gegen das Ende des Querbalkens geschleudert. Es war, als sauste ein riesiger Schmiedehammer auf einen Amboß herab. Mit der nächsten Welle holte er zu einem neuen Schlag aus, unten kämpften die fünf Männer verzweifelt, um den wilden Schmiedehammer mit Lassoschlingen und bloßen Händen einzufarigen. Währenddessen wurden Santiago und ich wie kleine, hilflose, federleichte Puppen hoch- und niedergeworfen, die nur dann das dünne Ende an seinen Platz manövrieren konnten, wenn das Ruder schwamm und nicht ungeheuer schwer war. Wenn die Wellen das Ruderblatt mit seinem ganzen Gewicht niederstürzen ließen, wurden wir auf der Brücke in die Luft geschleudert; gleichzeitig schlangen die anderen auf Deck all ihre Reeps um den Hals des Blattes und versuchten vergeblich, es an den Querbalken zu befestigen, ehe die nächste Welle ihnen das Ruder aus den Händen riß und emportrug, so daß Carlo und ich am anderen Ende der Wippe hinuntersausten. Wir landeten ziemlich unsanft. Mit den Füßen suchten wir Halt an dem Geländer, um nicht mit dem Ruder über Bord zu gehen - wir konnten froh sein, daß uns nicht Finger und Zehen zerquetscht wurden, als der Ruderschaft auf das Geländer schlug. Das zentnerschwere Steuerruder zuckte so wild, daß wir schon dachten, wir müßten es jetzt über Bord gehen lassen, ehe es achtern den Querbalken zerschlug und damit alle Taue zerriß, die den Papyrus zusammenhielten. Aber der Gedanke, in einen Heuschober verwandelt zu werden, der hilflos seitwärts nach Amerika trieb, verlieh uns die Kräfte eines in die Enge getriebenen Raubtieres - ehe wir uns versahen, schwenkte das Ruder mit einem Ruck in eine günstige Stellung. Gleichzeitig bekamen wir es alle sieben mit denTauen zu fassen. Wir banden das Ungetüm oben und unten mit dicken Tauenden an die Ra fest, ihm konnte das Meer nichts anhaben. Damit hatten wir achtern wieder eines der beiden altägyptischen Steuerruder angebracht. Der knarrende Schaft war unförmig und unbeweglich, weil das Ruder mit einem viereckigen Kantholz verstärkt. war. Aber es war äußerst robust, und wenn die Wellen dagegen peitschten, drehte sich eher das ganze Papyrusboot, als daß der Schaft brach. Santiago stöhnte, dies sei das schwerste Stück Arbeit seines Lebens gewesen. Juri mußte einige leichte Fingerverletzungen behandeln, aber das solide Steuerruder hielt uns auf so sicherem Kurs, daß wir erschöpft ins Bett kriechen und
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